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Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].

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Psychosophia,
Eigenschafften wegen/ absonderlich in Erkäntnüs
seiner selbsten/ da das Erkennende und Erkante/
und worinnen die Erkäntnüs geschicht/ dreyerley
seyn/ nicht dem Wesen/ sondern der Relation
nach. Gegen die Geschöpffe aber ist GOtt
auch heilig/ und hält eine Ordnung in ihrer Er-
haltung also/ daß jedem recht geschicht/ und alles/
was er macht und thut/ gut und heilig ist.

42. Phil.

Es seynd aber gleichwol viele/ welche an der
Heiligkeit und Ordnung GOttes in den Geschöpffen
und ihren Wirckungen zweiffeln wollen/ zumalen daß
alles gut sey/ dieweil sie nicht allein in dem Leibe/ son-
dern auch der Seel so viel Unordnung/ Kranckheiten/
Gemüts Affecten/ Krieg/ Todschläge/ und solche Sa-
chen sehen/ welche man Sünden nennet/ auch unter
den Menschen die meiste vorgehen/ keine Gerechtigkeit
geübt/ denen die zum ordentlichsten und heilig leben/
sehr übel/ hingegen die unordentlich und gottloß leben
wol gehet/ also scheinet/ daß wo die göttliche Ordnung
und Heiligkeit sich zum meisten/ nemlich in dem nech-
sten Ebenbilde von GOtt/ dem Menschen/ hätte sollen
sehen lassen/ solche zum wenigsten sey/ derentwegen et-
liche Seelen/ so sich zu tieff in die Vernunfft gewickelt/
GOtt zu einer Ursach aller Unordnung und Böses ge-
macht/ welcher die Menschen zu solcher Unordnung
prädestinirt und geordnet habe/ woraus erfolgen solte/
daß GOtt nicht heilig wäre; Andere aber haben sol-
che Gedancken von GOtt abgewendet/ die Schuld ei-
nem sichern bösen Geiste geben/ den sie Teuffel nen-
nen/ welcher aus Feindschafft gegen GOtt die Men-
schen aus ihrer Ordnung und Heiligkeit bringe/ wel-
ches GOtt zulasse/ da aber andere wiederum nicht be-

greiffen

Pſychoſophia,
Eigenſchafften wegen/ abſonderlich in Erkaͤntnuͤs
ſeiner ſelbſten/ da das Erkennende und Erkante/
und worinnen die Erkaͤntnuͤs geſchicht/ dreyerley
ſeyn/ nicht dem Weſen/ ſondern der Relation
nach. Gegen die Geſchoͤpffe aber iſt GOtt
auch heilig/ und haͤlt eine Ordnung in ihrer Er-
haltung alſo/ daß jedem recht geſchicht/ und alles/
was er macht und thut/ gut und heilig iſt.

42. Phil.

Es ſeynd aber gleichwol viele/ welche an der
Heiligkeit und Ordnung GOttes in den Geſchoͤpffen
und ihren Wirckungen zweiffeln wollen/ zumalen daß
alles gut ſey/ dieweil ſie nicht allein in dem Leibe/ ſon-
dern auch der Seel ſo viel Unordnung/ Kranckheiten/
Gemuͤts Affecten/ Krieg/ Todſchlaͤge/ und ſolche Sa-
chen ſehen/ welche man Suͤnden nennet/ auch unter
den Menſchen die meiſte vorgehen/ keine Gerechtigkeit
geuͤbt/ denen die zum ordentlichſten und heilig leben/
ſehr uͤbel/ hingegen die unordentlich und gottloß leben
wol gehet/ alſo ſcheinet/ daß wo die goͤttliche Ordnung
und Heiligkeit ſich zum meiſten/ nemlich in dem nech-
ſten Ebenbilde von GOtt/ dem Menſchen/ haͤtte ſollen
ſehen laſſen/ ſolche zum wenigſten ſey/ derentwegen et-
liche Seelen/ ſo ſich zu tieff in die Vernunfft gewickelt/
GOtt zu einer Urſach aller Unordnung und Boͤſes ge-
macht/ welcher die Menſchen zu ſolcher Unordnung
praͤdeſtinirt und geordnet habe/ woraus erfolgen ſolte/
daß GOtt nicht heilig waͤre; Andere aber haben ſol-
che Gedancken von GOtt abgewendet/ die Schuld ei-
nem ſichern boͤſen Geiſte geben/ den ſie Teuffel nen-
nen/ welcher aus Feindſchafft gegen GOtt die Men-
ſchen aus ihrer Ordnung und Heiligkeit bringe/ wel-
ches GOtt zulaſſe/ da aber andere wiederum nicht be-

greiffen
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[26/0084] Pſychoſophia, Eigenſchafften wegen/ abſonderlich in Erkaͤntnuͤs ſeiner ſelbſten/ da das Erkennende und Erkante/ und worinnen die Erkaͤntnuͤs geſchicht/ dreyerley ſeyn/ nicht dem Weſen/ ſondern der Relation nach. Gegen die Geſchoͤpffe aber iſt GOtt auch heilig/ und haͤlt eine Ordnung in ihrer Er- haltung alſo/ daß jedem recht geſchicht/ und alles/ was er macht und thut/ gut und heilig iſt. 42. Phil. Es ſeynd aber gleichwol viele/ welche an der Heiligkeit und Ordnung GOttes in den Geſchoͤpffen und ihren Wirckungen zweiffeln wollen/ zumalen daß alles gut ſey/ dieweil ſie nicht allein in dem Leibe/ ſon- dern auch der Seel ſo viel Unordnung/ Kranckheiten/ Gemuͤts Affecten/ Krieg/ Todſchlaͤge/ und ſolche Sa- chen ſehen/ welche man Suͤnden nennet/ auch unter den Menſchen die meiſte vorgehen/ keine Gerechtigkeit geuͤbt/ denen die zum ordentlichſten und heilig leben/ ſehr uͤbel/ hingegen die unordentlich und gottloß leben wol gehet/ alſo ſcheinet/ daß wo die goͤttliche Ordnung und Heiligkeit ſich zum meiſten/ nemlich in dem nech- ſten Ebenbilde von GOtt/ dem Menſchen/ haͤtte ſollen ſehen laſſen/ ſolche zum wenigſten ſey/ derentwegen et- liche Seelen/ ſo ſich zu tieff in die Vernunfft gewickelt/ GOtt zu einer Urſach aller Unordnung und Boͤſes ge- macht/ welcher die Menſchen zu ſolcher Unordnung praͤdeſtinirt und geordnet habe/ woraus erfolgen ſolte/ daß GOtt nicht heilig waͤre; Andere aber haben ſol- che Gedancken von GOtt abgewendet/ die Schuld ei- nem ſichern boͤſen Geiſte geben/ den ſie Teuffel nen- nen/ welcher aus Feindſchafft gegen GOtt die Men- ſchen aus ihrer Ordnung und Heiligkeit bringe/ wel- ches GOtt zulaſſe/ da aber andere wiederum nicht be- greiffen

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Zitationshilfe: Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683], S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683/84>, abgerufen am 27.04.2024.