Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].Psychosophia. verlangen von dem Leib geschieden zu seyn: De-rentwegen auch der Apostel Paulus rufft: Cu- pio dissolvi & esse cum Christo, und/ quis me liberabit a ventre mortis hujus. Jch begehre auffgelöset zu seyn und bey Christo zu seyn. Wer wird mich erretten von dem Tode dieses Leibes. Dieses ist die Ursach/ daß alle fromme und ver- ständige Leute den Tod mit Freuden erwarten/ ja darzuso frölich als zu einem Tantz gehen/ zu- mahlen die Märterer und die unschuldig sterben. Die übergrosse Furcht aber des Todes bey den gemeinen Leuten kommt entweder her auß ei- nem bösen Gewissen/ und übel geführtem Leben/ allwo sie sich dann fürchten/ daß ihre Seel wer- de Rechenschafft geben müssen/ und gestrafft werden; oder die Furcht des Todes entstehet her auß einem Zweiffel an die Aufferstehung. Derentwegen muß sich eine Seele/ so nun von dem Leibe scheiden soll/ gantz in GOtt resigni- ren/ und gedencken/ daß sie eine Creatur und Geschöpff Gottes sey/ daß sie sich nicht selbsten gemacht/ sondern Gott zu ihrem Schöpffer und Vatter habe/ daß GOtt als Gerecht und Barm- hertzig/ sein eigen Geschöpff/ welches er so hoch schätzet/ nicht werde zuschanden machen/ verdam- men oder vergehen lassen/ sondern weil er Ewig ist/ auch die Seele verewigen/ und ewig daurend ma-
Pſychoſophia. verlangen von dem Leib geſchieden zu ſeyn: De-rentwegen auch der Apoſtel Paulus rufft: Cu- pio diſſolvi & eſſe cum Chriſto, und/ quis me liberabit à ventre mortis hujus. Jch begehre auffgeloͤſet zu ſeyn und bey Chriſto zu ſeyn. Wer wird mich erꝛetten von dem Tode dieſes Leibes. Dieſes iſt die Urſach/ daß alle fromme und ver- ſtaͤndige Leute den Tod mit Freuden erwarten/ ja darzuſo froͤlich als zu einem Tantz gehen/ zu- mahlen die Maͤrterer und die unſchuldig ſterben. Die uͤbergroſſe Furcht aber des Todes bey den gemeinen Leuten kommt entweder her auß ei- nem boͤſen Gewiſſen/ und uͤbel gefuͤhrtem Leben/ allwo ſie ſich dann fuͤrchten/ daß ihre Seel wer- de Rechenſchafft geben muͤſſen/ und geſtrafft werden; oder die Furcht des Todes entſtehet her auß einem Zweiffel an die Aufferſtehung. Derentwegen muß ſich eine Seele/ ſo nun von dem Leibe ſcheiden ſoll/ gantz in GOtt reſigni- ren/ und gedencken/ daß ſie eine Creatur und Geſchoͤpff Gottes ſey/ daß ſie ſich nicht ſelbſten gemacht/ ſondern Gott zu ihrem Schoͤpffer und Vatter habe/ daß GOtt als Gerecht und Barm- hertzig/ ſein eigen Geſchoͤpff/ welches er ſo hoch ſchaͤtzet/ nicht werde zuſchanden machen/ verdam- men oder vergehen laſſen/ ſondern weil er Ewig iſt/ auch die Seele verewigen/ und ewig daurend ma-
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Pſychoſophia.
verlangen von dem Leib geſchieden zu ſeyn: De-
rentwegen auch der Apoſtel Paulus rufft: Cu-
pio diſſolvi & eſſe cum Chriſto, und/ quis me
liberabit à ventre mortis hujus. Jch begehre
auffgeloͤſet zu ſeyn und bey Chriſto zu ſeyn. Wer
wird mich erꝛetten von dem Tode dieſes Leibes.
Dieſes iſt die Urſach/ daß alle fromme und ver-
ſtaͤndige Leute den Tod mit Freuden erwarten/
ja darzuſo froͤlich als zu einem Tantz gehen/ zu-
mahlen die Maͤrterer und die unſchuldig ſterben.
Die uͤbergroſſe Furcht aber des Todes bey den
gemeinen Leuten kommt entweder her auß ei-
nem boͤſen Gewiſſen/ und uͤbel gefuͤhrtem Leben/
allwo ſie ſich dann fuͤrchten/ daß ihre Seel wer-
de Rechenſchafft geben muͤſſen/ und geſtrafft
werden; oder die Furcht des Todes entſtehet her
auß einem Zweiffel an die Aufferſtehung.
Derentwegen muß ſich eine Seele/ ſo nun von
dem Leibe ſcheiden ſoll/ gantz in GOtt reſigni-
ren/ und gedencken/ daß ſie eine Creatur und
Geſchoͤpff Gottes ſey/ daß ſie ſich nicht ſelbſten
gemacht/ ſondern Gott zu ihrem Schoͤpffer und
Vatter habe/ daß GOtt als Gerecht und Barm-
hertzig/ ſein eigen Geſchoͤpff/ welches er ſo hoch
ſchaͤtzet/ nicht werde zuſchanden machen/ verdam-
men oder vergehen laſſen/ ſondern weil er Ewig
iſt/ auch die Seele verewigen/ und ewig daurend
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