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Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].

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Psychosophia.
135. Phil. Hastu nicht auch eine Medicin/ so zum
langen Leben dienet/ ich habe etwas von deinen Pi-
lulen polychrestis gehöret/ gebe mir etwas abson-
derlicher Nachricht davon/ auch was du et-
wan ferner vor gute particulier
Medicinen hast?

Psych. Es ist nicht ohn/ ich habe bereits vor vie-
len Jahren diese Pilulen practicirt/ aber derent-
wegen kein Geschrey davon machen mögen/ da-
mit es nicht das Anschen einer Quacksalberey
habe/ wie dann heutiges Tages schon kein Me-
dicus
bey dem gemeinen Mann fortkommen kan/
der seine Sachen nicht außschreyet/ der nicht
selber Medicinen austheilet/ wil nicht sagen/ dazu
kuppelt. Mancher Medicus schreibet ein Re-
cept/ ehe er den Krancken einmal gesehen/ be-
schauet bloß den Urin/ und damit ists gethan;
Hat der Medicus wenig Patienten/ so lohnet es
ihm der Mühe nicht/ hat er viel Patienten/ so
hat er nicht Zeit zum studiren: Bestallungen
seyn heutiges Tages schlecht/ allein aus der Praxi
zu leben ist ein mühsames Sclavenwerck/ und
eine solche Kunst/ da ein jeder Bernheuter/ alte
Huren/ Schinder und Hencker/ und alles die
Hand miteinmischt/ unterdessen ist gleichwol
das Mediciniren eine Gewissens-Sach/ und ist
Menschen-Blut kein Kälber-Blut/ sondern es
hat ein Medicus, der aus Unwissenheit einen
Patienten versäumet/ oder wider den metho-

dum
Pſychoſophia.
135. Phil. Haſtu nicht auch eine Medicin/ ſo zum
langen Leben dienet/ ich habe etwas von deinen Pi-
lulen polychreſtis gehoͤret/ gebe mir etwas abſon-
derlicher Nachricht davon/ auch was du et-
wan ferner vor gute particulier
Medicinen haſt?

Pſych. Es iſt nicht ohn/ ich habe bereits vor vie-
len Jahren dieſe Pilulen practicirt/ aber derent-
wegen kein Geſchrey davon machen moͤgen/ da-
mit es nicht das Anſchen einer Quackſalberey
habe/ wie dann heutiges Tages ſchon kein Me-
dicus
bey dem gemeinen Mañ fortkommen kan/
der ſeine Sachen nicht außſchreyet/ der nicht
ſelber Medicinen austheilet/ wil nicht ſagen/ dazu
kuppelt. Mancher Medicus ſchreibet ein Re-
cept/ ehe er den Krancken einmal geſehen/ be-
ſchauet bloß den Urin/ und damit iſts gethan;
Hat der Medicus wenig Patienten/ ſo lohnet es
ihm der Muͤhe nicht/ hat er viel Patienten/ ſo
hat er nicht Zeit zum ſtudiren: Beſtallungen
ſeyn heutiges Tages ſchlecht/ allein aus der Praxi
zu leben iſt ein muͤhſames Sclavenwerck/ und
eine ſolche Kunſt/ da ein jeder Bernheuter/ alte
Huren/ Schinder und Hencker/ und alles die
Hand miteinmiſcht/ unterdeſſen iſt gleichwol
das Mediciniren eine Gewiſſens-Sach/ und iſt
Menſchen-Blut kein Kaͤlber-Blut/ ſondern es
hat ein Medicus, der aus Unwiſſenheit einen
Patienten verſaͤumet/ oder wider den metho-

dum
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[236/0294] Pſychoſophia. 135. Phil. Haſtu nicht auch eine Medicin/ ſo zum langen Leben dienet/ ich habe etwas von deinen Pi- lulen polychreſtis gehoͤret/ gebe mir etwas abſon- derlicher Nachricht davon/ auch was du et- wan ferner vor gute particulier Medicinen haſt? Pſych. Es iſt nicht ohn/ ich habe bereits vor vie- len Jahren dieſe Pilulen practicirt/ aber derent- wegen kein Geſchrey davon machen moͤgen/ da- mit es nicht das Anſchen einer Quackſalberey habe/ wie dann heutiges Tages ſchon kein Me- dicus bey dem gemeinen Mañ fortkommen kan/ der ſeine Sachen nicht außſchreyet/ der nicht ſelber Medicinen austheilet/ wil nicht ſagen/ dazu kuppelt. Mancher Medicus ſchreibet ein Re- cept/ ehe er den Krancken einmal geſehen/ be- ſchauet bloß den Urin/ und damit iſts gethan; Hat der Medicus wenig Patienten/ ſo lohnet es ihm der Muͤhe nicht/ hat er viel Patienten/ ſo hat er nicht Zeit zum ſtudiren: Beſtallungen ſeyn heutiges Tages ſchlecht/ allein aus der Praxi zu leben iſt ein muͤhſames Sclavenwerck/ und eine ſolche Kunſt/ da ein jeder Bernheuter/ alte Huren/ Schinder und Hencker/ und alles die Hand miteinmiſcht/ unterdeſſen iſt gleichwol das Mediciniren eine Gewiſſens-Sach/ und iſt Menſchen-Blut kein Kaͤlber-Blut/ ſondern es hat ein Medicus, der aus Unwiſſenheit einen Patienten verſaͤumet/ oder wider den metho- dum

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Zitationshilfe: Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683], S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683/294>, abgerufen am 22.11.2024.