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Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].

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Psychosophia.

Psych. Das hindert die Göttliche Gütigkeit nit/
dann GOttes Meynung ist/ daß allezeit alles guts
seyn solte/ und diese Meynung bleibt ewig. Daß
sich aber die Sachen in der Welt verwirren/ und
in Böses verwandeln/ ist/ wie bereits oben ge-
dacht/ nicht allezeit böß; Dann daß es frommen
Leuten übel gehet/ ist nicht böß/ sondern dienet zu
ihrem Nutzen und Ehre. Was aber an sich selb-
sten böß ist/ das kommt aus Mißbrauch des freyen
Willens her/ und dieser aus nicht gnugsamer Be-
trachtung der Seelen/ und diese durch zu viel acht-
gebung auf die Vernunfft/ äusserliche Sinnen/
irrdische/ fleischliche und weltliche Sachen. Son-
sten/ gleichwie die Sonne allezeit scheinet/ ob sie
gleich nicht durch die Wolcken dringet/ noch von
uns gesehen werden kan; Also scheinet und erhält
die göttliche Gütigkeit alles in der Welt/ ob wir es
gleich nicht mercken/ und gehet sowol über Gute/
als Böse.

61. Phil. Worinnen bestehet die göttliche
Warheit?

Psych. Daß in GOtt keine Veränderung seiner
Meynung/ derentwegen Er allezeit gleich gesinnet
ist/ einfältig/ der keinen fürchtet/ noch betrieget.

62. Phil. Warum gibts dann so viel Lügen
in der Welt?

Psych. Alle Lügen entspringen aus Furcht und
Betrug. Aus Furcht/ indem man sich scheuet/
die Warheit zu bekennen. Aus Betrug/ indem

man
Pſychoſophia.

Pſych. Das hindert die Goͤttliche Guͤtigkeit nit/
dann GOttes Meynung iſt/ daß allezeit alles guts
ſeyn ſolte/ und dieſe Meynung bleibt ewig. Daß
ſich aber die Sachen in der Welt verwirren/ und
in Boͤſes verwandeln/ iſt/ wie bereits oben ge-
dacht/ nicht allezeit boͤß; Dann daß es frommen
Leuten uͤbel gehet/ iſt nicht boͤß/ ſondern dienet zu
ihrem Nutzen und Ehre. Was aber an ſich ſelb-
ſten boͤß iſt/ das kommt aus Mißbrauch des freyen
Willens her/ und dieſer aus nicht gnugſamer Be-
trachtung der Seelen/ und dieſe durch zu viel acht-
gebung auf die Vernunfft/ aͤuſſerliche Sinnen/
irrdiſche/ fleiſchliche und weltliche Sachen. Son-
ſten/ gleichwie die Sonne allezeit ſcheinet/ ob ſie
gleich nicht durch die Wolcken dringet/ noch von
uns geſehen werden kan; Alſo ſcheinet und erhaͤlt
die goͤttliche Guͤtigkeit alles in der Welt/ ob wir es
gleich nicht mercken/ und gehet ſowol uͤber Gute/
als Boͤſe.

61. Phil. Worinnen beſtehet die goͤttliche
Warheit?

Pſych. Daß in GOtt keine Veraͤnderung ſeiner
Meynung/ derentwegen Er allezeit gleich geſinnet
iſt/ einfaͤltig/ der keinen fuͤrchtet/ noch betrieget.

62. Phil. Warum gibts dann ſo viel Luͤgen
in der Welt?

Pſych. Alle Luͤgen entſpringen aus Furcht und
Betrug. Aus Furcht/ indem man ſich ſcheuet/
die Warheit zu bekennen. Aus Betrug/ indem

man
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[48/0106] Pſychoſophia. Pſych. Das hindert die Goͤttliche Guͤtigkeit nit/ dann GOttes Meynung iſt/ daß allezeit alles guts ſeyn ſolte/ und dieſe Meynung bleibt ewig. Daß ſich aber die Sachen in der Welt verwirren/ und in Boͤſes verwandeln/ iſt/ wie bereits oben ge- dacht/ nicht allezeit boͤß; Dann daß es frommen Leuten uͤbel gehet/ iſt nicht boͤß/ ſondern dienet zu ihrem Nutzen und Ehre. Was aber an ſich ſelb- ſten boͤß iſt/ das kommt aus Mißbrauch des freyen Willens her/ und dieſer aus nicht gnugſamer Be- trachtung der Seelen/ und dieſe durch zu viel acht- gebung auf die Vernunfft/ aͤuſſerliche Sinnen/ irrdiſche/ fleiſchliche und weltliche Sachen. Son- ſten/ gleichwie die Sonne allezeit ſcheinet/ ob ſie gleich nicht durch die Wolcken dringet/ noch von uns geſehen werden kan; Alſo ſcheinet und erhaͤlt die goͤttliche Guͤtigkeit alles in der Welt/ ob wir es gleich nicht mercken/ und gehet ſowol uͤber Gute/ als Boͤſe. 61. Phil. Worinnen beſtehet die goͤttliche Warheit? Pſych. Daß in GOtt keine Veraͤnderung ſeiner Meynung/ derentwegen Er allezeit gleich geſinnet iſt/ einfaͤltig/ der keinen fuͤrchtet/ noch betrieget. 62. Phil. Warum gibts dann ſo viel Luͤgen in der Welt? Pſych. Alle Luͤgen entſpringen aus Furcht und Betrug. Aus Furcht/ indem man ſich ſcheuet/ die Warheit zu bekennen. Aus Betrug/ indem man

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Zitationshilfe: Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683], S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683/106>, abgerufen am 27.04.2024.