Anmelden (DTAQ)

DWDS dlexDB CLARIN-D

Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].

Bild:

<< vorherige Seite

nächste Seite >>

Phychosophia.

senderley Verdammnüssen/ worüber sie mit ein-
ander wie Hunde und Katzen leben/ einander ver-
dammen/ und mit Feur und Schwerdt vertilgen/
wie dann etliche hundert tausend Menschen dar-
über todt geschlagen/ und gantze Länder und Pro-
vintzten verheeret worden.

54. Phil.

Das seynd mir wunderliche Christen gegen
die Vorige/ und halte ich die jenige fromme Heyden/
als den Seneca, Epictctus, Plato, vor besser/ als solche
Christen/ ohnerachtet sie von Christo keine Offenbah-
rung gehabt/ wiewol ich gestehen muß/ daß der ersten
Christen Leben um so viel besser ist/ wann es also gehal-
ten wird. Sage mir aber/ seyn dann gar keine heili-
gefromme Christen mehr in der Welt/ von
der ersten Gattung?

Psych. Da sey GOtt vor/ daß alle Christen so wä-
ren/ wie der gemeine Schlag. Es gibt freylich
fromme Christen noch in der Welt/ auf den ersten
alten Schlag/ als in der Römischen Kirche seynd
viel tausend Mönch und Nonnen/ welche solches
Leben/ der Evangelischen perfection nachzukom-
men/ angefangen/ ihre Güter gemein haben/ und
alles Zeitliche verachten/ aber es gehen auch viel
Mißbräuche und Ungelegenheiten darinnen vor/
nemlich eine grosse Dienstbarkeit/ närrische Mor-
tification/ Menschen-Satzungen/ vorgebildete
Tod. Sünden/ Abhaltung von dem Ehestande/
Neid und Haß/ Müssiggang/ welche Art zu leben
vielen frommen Christen nicht anstehet; Einige

geben

Phychoſophia.

ſenderley Verdammnuͤſſen/ woruͤber ſie mit ein-
ander wie Hunde und Katzen leben/ einander ver-
dammen/ und mit Feur und Schwerdt vertilgen/
wie dann etliche hundert tauſend Menſchen dar-
uͤber todt geſchlagen/ und gantze Laͤnder und Pro-
vintzten verheeret worden.

54. Phil.

Das ſeynd mir wunderliche Chriſten gegen
die Vorige/ und halte ich die jenige fromme Heyden/
als den Seneca, Epictctus, Plato, vor beſſer/ als ſolche
Chriſten/ ohnerachtet ſie von Chriſto keine Offenbah-
rung gehabt/ wiewol ich geſtehen muß/ daß der erſten
Chriſten Leben um ſo viel beſſer iſt/ wann es alſo gehal-
ten wird. Sage mir aber/ ſeyn dann gar keine heili-
gefromme Chriſten mehr in der Welt/ von
der erſten Gattung?

Pſych. Da ſey GOtt vor/ daß alle Chriſten ſo waͤ-
ren/ wie der gemeine Schlag. Es gibt freylich
fromme Chriſten noch in der Welt/ auf den erſten
alten Schlag/ als in der Roͤmiſchen Kirche ſeynd
viel tauſend Moͤnch und Nonnen/ welche ſolches
Leben/ der Evangeliſchen perfection nachzukom-
men/ angefangen/ ihre Guͤter gemein haben/ und
alles Zeitliche verachten/ aber es gehen auch viel
Mißbraͤuche und Ungelegenheiten darinnen vor/
nemlich eine groſſe Dienſtbarkeit/ naͤrriſche Mor-
tification/ Menſchen-Satzungen/ vorgebildete
Tod. Suͤnden/ Abhaltung von dem Eheſtande/
Neid und Haß/ Muͤſſiggang/ welche Art zu leben
vielen frommen Chriſten nicht anſtehet; Einige

geben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0102" n="44"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">Phycho&#x017F;ophia.</hi></fw><lb/>
&#x017F;enderley Verdammnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ woru&#x0364;ber &#x017F;ie mit ein-<lb/>
ander wie Hunde und Katzen leben/ einander ver-<lb/>
dammen/ und mit Feur und Schwerdt vertilgen/<lb/>
wie dann etliche hundert tau&#x017F;end Men&#x017F;chen dar-<lb/>
u&#x0364;ber todt ge&#x017F;chlagen/ und gantze La&#x0364;nder und Pro-<lb/>
vintzten verheeret worden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>54. <hi rendition="#aq">Phil.</hi></head>
            <p>Das &#x017F;eynd mir wunderliche Chri&#x017F;ten gegen<lb/>
die Vorige/ und halte ich die jenige fromme Heyden/<lb/>
als den <hi rendition="#aq">Seneca, Epictctus, Plato,</hi> vor be&#x017F;&#x017F;er/ als &#x017F;olche<lb/>
Chri&#x017F;ten/ ohnerachtet &#x017F;ie von Chri&#x017F;to keine Offenbah-<lb/>
rung gehabt/ wiewol ich ge&#x017F;tehen muß/ daß der er&#x017F;ten<lb/>
Chri&#x017F;ten Leben um &#x017F;o viel be&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t/ wann es al&#x017F;o gehal-<lb/>
ten wird. Sage mir aber/ &#x017F;eyn dann gar keine heili-<lb/>
gefromme Chri&#x017F;ten mehr in der Welt/ von<lb/>
der er&#x017F;ten Gattung?</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">P&#x017F;ych.</hi> Da &#x017F;ey GOtt vor/ daß alle Chri&#x017F;ten &#x017F;o wa&#x0364;-<lb/>
ren/ wie der gemeine Schlag. Es gibt freylich<lb/>
fromme Chri&#x017F;ten noch in der Welt/ auf den er&#x017F;ten<lb/>
alten Schlag/ als in der Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Kirche &#x017F;eynd<lb/>
viel tau&#x017F;end Mo&#x0364;nch und Nonnen/ welche &#x017F;olches<lb/>
Leben/ der Evangeli&#x017F;chen <hi rendition="#aq">perfection</hi> nachzukom-<lb/>
men/ angefangen/ ihre Gu&#x0364;ter gemein haben/ und<lb/>
alles Zeitliche verachten/ aber es gehen auch viel<lb/>
Mißbra&#x0364;uche und <hi rendition="#fr">U</hi>ngelegenheiten darinnen vor/<lb/>
nemlich eine gro&#x017F;&#x017F;e Dien&#x017F;tbarkeit/ na&#x0364;rri&#x017F;che Mor-<lb/>
tification/ Men&#x017F;chen-Satzungen/ vorgebildete<lb/>
Tod. Su&#x0364;nden/ Abhaltung von dem Ehe&#x017F;tande/<lb/>
Neid und Haß/ Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iggang/ welche Art zu leben<lb/>
vielen frommen Chri&#x017F;ten nicht an&#x017F;tehet; Einige<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">geben</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>

[44/0102] Phychoſophia. ſenderley Verdammnuͤſſen/ woruͤber ſie mit ein- ander wie Hunde und Katzen leben/ einander ver- dammen/ und mit Feur und Schwerdt vertilgen/ wie dann etliche hundert tauſend Menſchen dar- uͤber todt geſchlagen/ und gantze Laͤnder und Pro- vintzten verheeret worden. 54. Phil. Das ſeynd mir wunderliche Chriſten gegen die Vorige/ und halte ich die jenige fromme Heyden/ als den Seneca, Epictctus, Plato, vor beſſer/ als ſolche Chriſten/ ohnerachtet ſie von Chriſto keine Offenbah- rung gehabt/ wiewol ich geſtehen muß/ daß der erſten Chriſten Leben um ſo viel beſſer iſt/ wann es alſo gehal- ten wird. Sage mir aber/ ſeyn dann gar keine heili- gefromme Chriſten mehr in der Welt/ von der erſten Gattung? Pſych. Da ſey GOtt vor/ daß alle Chriſten ſo waͤ- ren/ wie der gemeine Schlag. Es gibt freylich fromme Chriſten noch in der Welt/ auf den erſten alten Schlag/ als in der Roͤmiſchen Kirche ſeynd viel tauſend Moͤnch und Nonnen/ welche ſolches Leben/ der Evangeliſchen perfection nachzukom- men/ angefangen/ ihre Guͤter gemein haben/ und alles Zeitliche verachten/ aber es gehen auch viel Mißbraͤuche und Ungelegenheiten darinnen vor/ nemlich eine groſſe Dienſtbarkeit/ naͤrriſche Mor- tification/ Menſchen-Satzungen/ vorgebildete Tod. Suͤnden/ Abhaltung von dem Eheſtande/ Neid und Haß/ Muͤſſiggang/ welche Art zu leben vielen frommen Chriſten nicht anſtehet; Einige geben

Suche im Werk

Informationen zum Werk

Titeldaten
Verfügbarkeit Text (TEI-XML-, HTML-, TCF-, E-Book-Fassung): CC BY-SA 4.0.
Nutzungsbedingungen

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ^?

Language Resource Switchboard^?

Resource/URL übermitteln

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk:	https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683
URL zu dieser Seite:	https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683/102
Zitationshilfe:	Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683], S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683/102>, abgerufen am 27.04.2024.

Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer Creative-Commons-Lizenz. Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken. Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.

Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.

2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de.

Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.