Beatus, Georg: Amphitheatrvm Naturae, Schawplatz Menschlicher Herzlichkeit. Frankfurt, 1614.versöhnen theten sie Opffer. Neben dem bekendten sie fast in allen Landtschafften jre Sünde mündlich/ darzu hatten sie sonderbare Beichtvätter/ deren etliche von hohem Standt/ etliche auch von geringem stand waren: Es musten aber dieselbige die sünde heimlich behalten. Es waren diß jhr höchste Sünden / darüber sie jhnen Gewissen machten/ nemblich/ wenn einer den andern ausserhalb dem Krieg tödtet/ wann einer stehle/ Ehebruch begienge/ vergiffte Kreuter brauchte/ oder bezauberte: Solche Vbertretter/ wenn man sie begriff/ wurden hart gestrafft. In der Landschafft Collasuyo ist noch der brauch/ daß die Gauckelische Beichtvätter/ die sie Ychuri nennen/ durch das eingeweyd der Thier/ oder durchs Loß wissen/ wenn einer sein Sünd verhelet/ schlagen jhnen mit einem stein offtmals auff den Rück/ biß sie alles bekennen: Alßdann satzten sie jhnen die Buß auff das Opffer. Wann jhre Kinder/ Weiber / Männer in Schwachheit oder widerwertigkeit fielen/ brauchten sie auch diese Buß. So aber der Inga nit zu Paß ward/ must die gantze Landschafft beichten. Der Inga beichter vor sich selbt keinem Menschen/ Sondern nur der Sonn/ daß sie solches dem Viracocha anzeigen / vnnd vmb Vergebung bitten solt/ hierauff betet er/ vnd vermeint sich also von seinen sünden loß zumachen: Es geschahe aber solches also: Er fetzet sich in ein fliessend Wasser vnd sprach: Ich habe der Sonn meine Sünde gebeichtet/ der Fluß empfahe dieselbe/ vnnd führe die ins Meer/ daß sie nimmermehr erscheinen. Wann einem seine Kinder flurben/ hielten sies für eine grosse Sünde/ sagten/ es were deß Menschen Sünden schuldt/ daß der Sohn für dem Vatter hinstürbe. Wenn nun einer gebadet hette/ must er sich von einem hockerichten Menschen mit Nesseln streichen lassen. Wenn jnen ein Wahrsager durchs Loß verkündigte/ daß sie in der Schwachheit sterben solten / opfferten sie jhren sohn an jhre statt ohn Beschwerung/ wenn es auch gleich ein einiger Sohn war: denn sie verhofften durch diß Mittel wider zu jhrer vorigen Gesundtheit zu kommen. In Ocaca sollen etliche sehr hohe Felsen seyn/ denn etliche zweyhundert Klafftern hoch herauß gehen sollen/ vnter denen soll eins so erschrecklich seyn/ daß es niemandts ohn zittern ansehen kan: An gemeltem Felß ist ein groß Eysern Schaffe drey Klafftern lang gesetzt worden/ vnnd hängt an endt deß Schaffts ein Wag/ die so groß ist/ daß ein Mann geraum darinn sitzen kan: Wann sichs nun begibt/ daß Bilger/ die sie Zamabuxis nennen / dieselbe Straß ziehen/ alßdenn nehmen die Goquis (Teuffel in Menschlicher gestalt) dieselben/ setzen einen jeden besonder hineln/ darnach führen sie denselben durch ein Rad allgemach hinauß/ daß er gantz vnnd gar in der Lufft henget. versöhnen theten sie Opffer. Neben dem bekendten sie fast in allen Landtschafften jre Sünde mündlich/ darzu hatten sie sonderbare Beichtvätter/ deren etliche von hohem Standt/ etliche auch von geringem stand waren: Es musten aber dieselbige die sünde heimlich behalten. Es waren diß jhr höchste Sünden / darüber sie jhnen Gewissen machten/ nemblich/ wenn einer den andern ausserhalb dem Krieg tödtet/ wann einer stehle/ Ehebruch begienge/ vergiffte Kreuter brauchte/ oder bezauberte: Solche Vbertretter/ wenn man sie begriff/ wurden hart gestrafft. In der Landschafft Collasuyo ist noch der brauch/ daß die Gauckelische Beichtvätter/ die sie Ychuri nennen/ durch das eingeweyd der Thier/ oder durchs Loß wissen/ wenn einer sein Sünd verhelet/ schlagen jhnen mit einem stein offtmals auff den Rück/ biß sie alles bekennen: Alßdann satzten sie jhnen die Buß auff das Opffer. Wann jhre Kinder/ Weiber / Männer in Schwachheit oder widerwertigkeit fielen/ brauchten sie auch diese Buß. So aber der Inga nit zu Paß ward/ must die gantze Landschafft beichten. Der Inga beichter vor sich selbt keinem Menschen/ Sondern nur der Sonn/ daß sie solches dem Viracocha anzeigen / vnnd vmb Vergebung bitten solt/ hierauff betet er/ vnd vermeint sich also von seinen sünden loß zumachen: Es geschahe aber solches also: Er fetzet sich in ein fliessend Wasser vnd sprach: Ich habe der Sonn meine Sünde gebeichtet/ der Fluß empfahe dieselbe/ vnnd führe die ins Meer/ daß sie nimmermehr erscheinen. Wann einem seine Kinder flurben/ hielten sies für eine grosse Sünde/ sagten/ es were deß Menschen Sünden schuldt/ daß der Sohn für dem Vatter hinstürbe. Wenn nun einer gebadet hette/ must er sich von einem hockerichten Menschen mit Nesseln streichen lassen. Wenn jnen ein Wahrsager durchs Loß verkündigte/ daß sie in der Schwachheit sterben solten / opfferten sie jhren sohn an jhre statt ohn Beschwerung/ weñ es auch gleich ein einiger Sohn war: denn sie verhofften durch diß Mittel wider zu jhrer vorigen Gesundtheit zu kommen. In Ocaca sollen etliche sehr hohe Felsen seyn/ deñ etliche zweyhundert Klafftern hoch herauß gehen sollen/ vnter denen soll eins so erschrecklich seyn/ daß es niemandts ohn zittern ansehen kan: An gemeltem Felß ist ein groß Eysern Schaffe drey Klafftern lang gesetzt worden/ vnnd hängt an endt deß Schaffts ein Wag/ die so groß ist/ daß ein Mann geraum darinn sitzen kan: Wann sichs nun begibt/ daß Bilger/ die sie Zamabuxis nennen / dieselbe Straß ziehen/ alßdenn nehmen die Goquis (Teuffel in Menschlicher gestalt) dieselben/ setzen einen jeden besonder hineln/ darnach führen sie denselben durch ein Rad allgemach hinauß/ daß er gantz vnnd gar in der Lufft henget. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0674" n="654"/> versöhnen theten sie Opffer. Neben dem bekendten sie fast in allen Landtschafften jre Sünde mündlich/ darzu hatten sie sonderbare Beichtvätter/ deren etliche von hohem Standt/ etliche auch von geringem stand waren: Es musten aber dieselbige die sünde heimlich behalten. Es waren diß jhr höchste Sünden / darüber sie jhnen Gewissen machten/ nemblich/ wenn einer den andern ausserhalb dem Krieg tödtet/ wann einer stehle/ Ehebruch begienge/ vergiffte Kreuter brauchte/ oder bezauberte: Solche Vbertretter/ wenn man sie begriff/ wurden hart gestrafft. In der Landschafft Collasuyo ist noch der brauch/ daß die Gauckelische Beichtvätter/ die sie Ychuri nennen/ durch das eingeweyd der Thier/ oder durchs Loß wissen/ wenn einer sein Sünd verhelet/ schlagen jhnen mit einem stein offtmals auff den Rück/ biß sie alles bekennen: Alßdann satzten sie jhnen die Buß auff das Opffer. Wann jhre Kinder/ Weiber / Männer in Schwachheit oder widerwertigkeit fielen/ brauchten sie auch diese Buß. So aber der Inga nit zu Paß ward/ must die gantze Landschafft beichten. Der Inga beichter vor sich selbt keinem Menschen/ Sondern nur der Sonn/ daß sie solches dem Viracocha anzeigen / vnnd vmb Vergebung bitten solt/ hierauff betet er/ vnd vermeint sich also von seinen sünden loß zumachen: Es geschahe aber solches also: Er fetzet sich in ein fliessend Wasser vnd sprach: Ich habe der Sonn meine Sünde gebeichtet/ der Fluß empfahe dieselbe/ vnnd führe die ins Meer/ daß sie nimmermehr erscheinen.</p> <p>Wann einem seine Kinder flurben/ hielten sies für eine grosse Sünde/ sagten/ es were deß Menschen Sünden schuldt/ daß der Sohn für dem Vatter hinstürbe. Wenn nun einer gebadet hette/ must er sich von einem hockerichten Menschen mit Nesseln streichen lassen. Wenn jnen ein Wahrsager durchs Loß verkündigte/ daß sie in der Schwachheit sterben solten / opfferten sie jhren sohn an jhre statt ohn Beschwerung/ weñ es auch gleich ein einiger Sohn war: denn sie verhofften durch diß Mittel wider zu jhrer vorigen Gesundtheit zu kommen.</p> <p>In Ocaca sollen etliche sehr hohe Felsen seyn/ deñ etliche zweyhundert Klafftern hoch herauß gehen sollen/ vnter denen soll eins so erschrecklich seyn/ daß es niemandts ohn zittern ansehen kan: An gemeltem Felß ist ein groß Eysern Schaffe drey Klafftern lang gesetzt worden/ vnnd hängt an endt deß Schaffts ein Wag/ die so groß ist/ daß ein Mann geraum darinn sitzen kan: Wann sichs nun begibt/ daß Bilger/ die sie Zamabuxis nennen / dieselbe Straß ziehen/ alßdenn nehmen die Goquis (Teuffel in Menschlicher gestalt) dieselben/ setzen einen jeden besonder hineln/ darnach führen sie denselben durch ein Rad allgemach hinauß/ daß er gantz vnnd gar in der Lufft henget.</p> </div> </body> </text> </TEI> [654/0674]
versöhnen theten sie Opffer. Neben dem bekendten sie fast in allen Landtschafften jre Sünde mündlich/ darzu hatten sie sonderbare Beichtvätter/ deren etliche von hohem Standt/ etliche auch von geringem stand waren: Es musten aber dieselbige die sünde heimlich behalten. Es waren diß jhr höchste Sünden / darüber sie jhnen Gewissen machten/ nemblich/ wenn einer den andern ausserhalb dem Krieg tödtet/ wann einer stehle/ Ehebruch begienge/ vergiffte Kreuter brauchte/ oder bezauberte: Solche Vbertretter/ wenn man sie begriff/ wurden hart gestrafft. In der Landschafft Collasuyo ist noch der brauch/ daß die Gauckelische Beichtvätter/ die sie Ychuri nennen/ durch das eingeweyd der Thier/ oder durchs Loß wissen/ wenn einer sein Sünd verhelet/ schlagen jhnen mit einem stein offtmals auff den Rück/ biß sie alles bekennen: Alßdann satzten sie jhnen die Buß auff das Opffer. Wann jhre Kinder/ Weiber / Männer in Schwachheit oder widerwertigkeit fielen/ brauchten sie auch diese Buß. So aber der Inga nit zu Paß ward/ must die gantze Landschafft beichten. Der Inga beichter vor sich selbt keinem Menschen/ Sondern nur der Sonn/ daß sie solches dem Viracocha anzeigen / vnnd vmb Vergebung bitten solt/ hierauff betet er/ vnd vermeint sich also von seinen sünden loß zumachen: Es geschahe aber solches also: Er fetzet sich in ein fliessend Wasser vnd sprach: Ich habe der Sonn meine Sünde gebeichtet/ der Fluß empfahe dieselbe/ vnnd führe die ins Meer/ daß sie nimmermehr erscheinen.
Wann einem seine Kinder flurben/ hielten sies für eine grosse Sünde/ sagten/ es were deß Menschen Sünden schuldt/ daß der Sohn für dem Vatter hinstürbe. Wenn nun einer gebadet hette/ must er sich von einem hockerichten Menschen mit Nesseln streichen lassen. Wenn jnen ein Wahrsager durchs Loß verkündigte/ daß sie in der Schwachheit sterben solten / opfferten sie jhren sohn an jhre statt ohn Beschwerung/ weñ es auch gleich ein einiger Sohn war: denn sie verhofften durch diß Mittel wider zu jhrer vorigen Gesundtheit zu kommen.
In Ocaca sollen etliche sehr hohe Felsen seyn/ deñ etliche zweyhundert Klafftern hoch herauß gehen sollen/ vnter denen soll eins so erschrecklich seyn/ daß es niemandts ohn zittern ansehen kan: An gemeltem Felß ist ein groß Eysern Schaffe drey Klafftern lang gesetzt worden/ vnnd hängt an endt deß Schaffts ein Wag/ die so groß ist/ daß ein Mann geraum darinn sitzen kan: Wann sichs nun begibt/ daß Bilger/ die sie Zamabuxis nennen / dieselbe Straß ziehen/ alßdenn nehmen die Goquis (Teuffel in Menschlicher gestalt) dieselben/ setzen einen jeden besonder hineln/ darnach führen sie denselben durch ein Rad allgemach hinauß/ daß er gantz vnnd gar in der Lufft henget.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/beatus_amphitheatrum_1614 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/beatus_amphitheatrum_1614/674 |
Zitationshilfe: | Beatus, Georg: Amphitheatrvm Naturae, Schawplatz Menschlicher Herzlichkeit. Frankfurt, 1614, S. 654. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beatus_amphitheatrum_1614/674>, abgerufen am 22.07.2024. |