Beatus, Georg: Amphitheatrvm Naturae, Schawplatz Menschlicher Herzlichkeit. Frankfurt, 1614.Ort / allda sie jren Allerliebsten in seinem eigenen Schwert vnd Blut ligen findet/ erhaschet das Schwert/ vnd bringt sich selber vmb/ Ward also dieses Veneris Spiel mit grossem Blutvergiessen geendet vnd gezeichnet/ welches der Poet Ouidius schön beschrieben hat in Metamorph. lib. 4. fab. 4. mit vielen Affecten vnd Figuren/ dessen Verß zu Teutsch/ so viel möglich verkehrt/ also lauten: Ein Jüngling Pyramus genannt / Wegen seiner Schöne weit bekannt / Dazu ein Jungfräwlein gar schon / Deßgleichen nicht vnter der Sonn / Zu Babylon in der hohen Statt / So Semiramis erbau wer hat / Zusammen wohnten nicht gar fern / Wegen Nahung jrer Häuser / Die Nachbarschafft macht ersten grad / Zur Lieb sie beyd entzündet hat / Die lieb durch zeit hoch machsen thet / Zusammen sie auch gereitzet het / Aber jr Eltern wider Recht / Verbotten solches vnbillich / Sie beyde auß gefangenem Muth / Brannt im Hertzen der Liebe glut / So niemand war zur statt alldar / Mit wincken vnnd zeichen redeten zwar / Je mehr verdecket war gar heur / Je mehr brannt sie der Liebe Fewr. Ein kleiner Riß war in der Wandt / So sie bekommen hat zur Handt / Als beyde Häuser gefüget waren / Zusammen ohn vermeynte Gefahr / Solches war nun durch lange zeit / Niemand bekannt noch angezeigt / Aber was thut nicht der Liebe Fewr? So alles entzündet ohn gehewr. Jr Verliebte habts erstlich gedacht / Der Rede einen Weg gemacht / Der Liebe Red gantz sicherlich / Gar klein durch solchen drunge sich / Als offt hierüber Thysbe standt / Auch Pyramus darüber der wandt / Eines deß andern nach jrem wohn / Anhangen/ vnd auch küsten schon / Die vngünstig wand/ sie sagten hier / Was thust du vns verhindern schier? Wers nicht von dir erbitten zwar / Daß wir zusammen gantz vnd gar / Kämen/ oder so es zu viel / Allein offent/ zum Kuß in still / Wir wollen nicht vndanckbar seyn / Sondern dir geben solchen schein / Daß wir jetzt vnd zu aller Stundt / Zusammen erden haben gekondt / Solches sie aber vergebenlich / Offtmals redten vnterschiedlich / Als dann die Nacht herkommen thet / Sie trawrig tranck zum Valet / Ein jedes dem andern ein Kuß gab / So doch nicht wider kommen that / Wann Phoebus dann auß Himmels Thron / Deß Morgens erwacht/ jhr Har gar schon / Von Goldt glantzendt schön zieren thut / Wie ein Brant fleissig in guter Hut / Der gantz Himmel mit deren schein / Ergläntzt erfüllet zeiget fein / An vorigen Ort sie kammen zwar / Darvon erschrack sie kein Gefahr / Nach dems einander klagten viel / Vereinigten sich in grosser still / Ort / allda sie jren Allerliebsten in seinem eigenen Schwert vnd Blut ligen findet/ erhaschet das Schwert/ vnd bringt sich selber vmb/ Ward also dieses Veneris Spiel mit grossem Blutvergiessen geendet vnd gezeichnet/ welches der Poet Ouidius schön beschrieben hat in Metamorph. lib. 4. fab. 4. mit vielen Affecten vnd Figuren/ dessen Verß zu Teutsch/ so viel möglich verkehrt/ also lauten: Ein Jüngling Pyramus genannt / Wegen seiner Schöne weit bekannt / Dazu ein Jungfräwlein gar schon / Deßgleichen nicht vnter der Sonn / Zu Babylon in der hohen Statt / So Semiramis erbau wer hat / Zusammen wohnten nicht gar fern / Wegen Nahung jrer Häuser / Die Nachbarschafft macht ersten grad / Zur Lieb sie beyd entzündet hat / Die lieb durch zeit hoch machsen thet / Zusammen sie auch gereitzet het / Aber jr Eltern wider Recht / Verbotten solches vnbillich / Sie beyde auß gefangenem Muth / Brannt im Hertzen der Liebe glut / So niemand war zur statt alldar / Mit wincken vnnd zeichen redeten zwar / Je mehr verdecket war gar heur / Je mehr brannt sie der Liebe Fewr. Ein kleiner Riß war in der Wandt / So sie bekommen hat zur Handt / Als beyde Häuser gefüget waren / Zusammen ohn vermeynte Gefahr / Solches war nun durch lange zeit / Niemand bekannt noch angezeigt / Aber was thut nicht der Liebe Fewr? So alles entzündet ohn gehewr. Jr Verliebte habts erstlich gedacht / Der Rede einen Weg gemacht / Der Liebe Red gantz sicherlich / Gar klein durch solchen drungë sich / Als offt hierüber Thysbe standt / Auch Pyramus darüber der wandt / Eines deß andern nach jrem wohn / Anhangen/ vnd auch küsten schon / Die vngünstig wand/ sie sagten hier / Was thust du vns verhindern schier? Wers nicht von dir erbitten zwar / Daß wir zusammen gantz vnd gar / Kämen/ oder so es zu viel / Allein offent/ zum Kuß in still / Wir wollen nicht vndanckbar seyn / Sondern dir geben solchen schein / Daß wir jetzt vnd zu aller Stundt / Zusammen erden haben gekondt / Solches sie aber vergebenlich / Offtmals redten vnterschiedlich / Als dañ die Nacht herkommen thet / Sie trawrig tranck zum Valet / Ein jedes dem andern ein Kuß gab / So doch nicht wider kommen that / Wann Phoebus dann auß Him̃els Thron / Deß Morgens erwacht/ jhr Har gar schon / Von Goldt glantzendt schön zieren thut / Wie ein Brant fleissig in guter Hut / Der gantz Himmel mit deren schein / Ergläntzt erfüllet zeiget fein / An vorigen Ort sie kammen zwar / Darvon erschrack sie kein Gefahr / Nach dems einander klagten viel / Vereinigten sich in grosser still / <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0554" n="534"/> Ort / allda sie jren Allerliebsten in seinem eigenen Schwert vnd Blut ligen findet/ erhaschet das Schwert/ vnd bringt sich selber vmb/ Ward also dieses Veneris Spiel mit grossem Blutvergiessen geendet vnd gezeichnet/ welches der Poet Ouidius schön beschrieben hat in Metamorph. lib. 4. fab. 4. mit vielen Affecten vnd Figuren/ dessen Verß zu Teutsch/ so viel möglich verkehrt/ also lauten:</p> <p>Ein Jüngling Pyramus genannt /</p> <p>Wegen seiner Schöne weit bekannt /</p> <p>Dazu ein Jungfräwlein gar schon /</p> <p>Deßgleichen nicht vnter der Sonn /</p> <p>Zu Babylon in der hohen Statt /</p> <p>So Semiramis erbau wer hat /</p> <p>Zusammen wohnten nicht gar fern /</p> <p>Wegen Nahung jrer Häuser /</p> <p>Die Nachbarschafft macht ersten grad /</p> <p>Zur Lieb sie beyd entzündet hat /</p> <p>Die lieb durch zeit hoch machsen thet /</p> <p>Zusammen sie auch gereitzet het /</p> <p>Aber jr Eltern wider Recht /</p> <p>Verbotten solches vnbillich /</p> <p>Sie beyde auß gefangenem Muth /</p> <p>Brannt im Hertzen der Liebe glut /</p> <p>So niemand war zur statt alldar /</p> <p>Mit wincken vnnd zeichen redeten zwar /</p> <p>Je mehr verdecket war gar heur /</p> <p>Je mehr brannt sie der Liebe Fewr.</p> <p>Ein kleiner Riß war in der Wandt /</p> <p>So sie bekommen hat zur Handt /</p> <p>Als beyde Häuser gefüget waren /</p> <p>Zusammen ohn vermeynte Gefahr /</p> <p>Solches war nun durch lange zeit /</p> <p>Niemand bekannt noch angezeigt /</p> <p>Aber was thut nicht der Liebe Fewr?</p> <p>So alles entzündet ohn gehewr.</p> <p>Jr Verliebte habts erstlich gedacht /</p> <p>Der Rede einen Weg gemacht /</p> <p>Der Liebe Red gantz sicherlich /</p> <p>Gar klein durch solchen drungë sich /</p> <p>Als offt hierüber Thysbe standt /</p> <p>Auch Pyramus darüber der wandt /</p> <p>Eines deß andern nach jrem wohn /</p> <p>Anhangen/ vnd auch küsten schon /</p> <p>Die vngünstig wand/ sie sagten hier /</p> <p>Was thust du vns verhindern schier?</p> <p>Wers nicht von dir erbitten zwar /</p> <p>Daß wir zusammen gantz vnd gar /</p> <p>Kämen/ oder so es zu viel /</p> <p>Allein offent/ zum Kuß in still /</p> <p>Wir wollen nicht vndanckbar seyn /</p> <p>Sondern dir geben solchen schein /</p> <p>Daß wir jetzt vnd zu aller Stundt /</p> <p>Zusammen erden haben gekondt /</p> <p>Solches sie aber vergebenlich /</p> <p>Offtmals redten vnterschiedlich /</p> <p>Als dañ die Nacht herkommen thet /</p> <p>Sie trawrig tranck zum Valet /</p> <p>Ein jedes dem andern ein Kuß gab /</p> <p>So doch nicht wider kommen that /</p> <p>Wann Phoebus dann auß Him̃els Thron /</p> <p>Deß Morgens erwacht/ jhr Har gar schon /</p> <p>Von Goldt glantzendt schön zieren thut /</p> <p>Wie ein Brant fleissig in guter Hut /</p> <p>Der gantz Himmel mit deren schein /</p> <p>Ergläntzt erfüllet zeiget fein /</p> <p>An vorigen Ort sie kammen zwar /</p> <p>Darvon erschrack sie kein Gefahr /</p> <p>Nach dems einander klagten viel /</p> <p>Vereinigten sich in grosser still /</p> </div> </body> </text> </TEI> [534/0554]
Ort / allda sie jren Allerliebsten in seinem eigenen Schwert vnd Blut ligen findet/ erhaschet das Schwert/ vnd bringt sich selber vmb/ Ward also dieses Veneris Spiel mit grossem Blutvergiessen geendet vnd gezeichnet/ welches der Poet Ouidius schön beschrieben hat in Metamorph. lib. 4. fab. 4. mit vielen Affecten vnd Figuren/ dessen Verß zu Teutsch/ so viel möglich verkehrt/ also lauten:
Ein Jüngling Pyramus genannt /
Wegen seiner Schöne weit bekannt /
Dazu ein Jungfräwlein gar schon /
Deßgleichen nicht vnter der Sonn /
Zu Babylon in der hohen Statt /
So Semiramis erbau wer hat /
Zusammen wohnten nicht gar fern /
Wegen Nahung jrer Häuser /
Die Nachbarschafft macht ersten grad /
Zur Lieb sie beyd entzündet hat /
Die lieb durch zeit hoch machsen thet /
Zusammen sie auch gereitzet het /
Aber jr Eltern wider Recht /
Verbotten solches vnbillich /
Sie beyde auß gefangenem Muth /
Brannt im Hertzen der Liebe glut /
So niemand war zur statt alldar /
Mit wincken vnnd zeichen redeten zwar /
Je mehr verdecket war gar heur /
Je mehr brannt sie der Liebe Fewr.
Ein kleiner Riß war in der Wandt /
So sie bekommen hat zur Handt /
Als beyde Häuser gefüget waren /
Zusammen ohn vermeynte Gefahr /
Solches war nun durch lange zeit /
Niemand bekannt noch angezeigt /
Aber was thut nicht der Liebe Fewr?
So alles entzündet ohn gehewr.
Jr Verliebte habts erstlich gedacht /
Der Rede einen Weg gemacht /
Der Liebe Red gantz sicherlich /
Gar klein durch solchen drungë sich /
Als offt hierüber Thysbe standt /
Auch Pyramus darüber der wandt /
Eines deß andern nach jrem wohn /
Anhangen/ vnd auch küsten schon /
Die vngünstig wand/ sie sagten hier /
Was thust du vns verhindern schier?
Wers nicht von dir erbitten zwar /
Daß wir zusammen gantz vnd gar /
Kämen/ oder so es zu viel /
Allein offent/ zum Kuß in still /
Wir wollen nicht vndanckbar seyn /
Sondern dir geben solchen schein /
Daß wir jetzt vnd zu aller Stundt /
Zusammen erden haben gekondt /
Solches sie aber vergebenlich /
Offtmals redten vnterschiedlich /
Als dañ die Nacht herkommen thet /
Sie trawrig tranck zum Valet /
Ein jedes dem andern ein Kuß gab /
So doch nicht wider kommen that /
Wann Phoebus dann auß Him̃els Thron /
Deß Morgens erwacht/ jhr Har gar schon /
Von Goldt glantzendt schön zieren thut /
Wie ein Brant fleissig in guter Hut /
Der gantz Himmel mit deren schein /
Ergläntzt erfüllet zeiget fein /
An vorigen Ort sie kammen zwar /
Darvon erschrack sie kein Gefahr /
Nach dems einander klagten viel /
Vereinigten sich in grosser still /
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Zitationshilfe: | Beatus, Georg: Amphitheatrvm Naturae, Schawplatz Menschlicher Herzlichkeit. Frankfurt, 1614, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beatus_amphitheatrum_1614/554>, abgerufen am 22.07.2024. |