Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.ist schon im Zustande seiner Kindheit, ebenso die Nation und die Menschheit schon im Zustande ihrer Kindheit, durch die geistigen, moralischen und Gemüthskräfte zur Bildung, zum Einzelglücke und Volksglücke bestimmt. Dieser, und nicht ein Thier- stand, ist der Stand der Natur, in welchem der einzelne Mensch und die Nation bleibt, so lange sie leben, denn sie sind immer höherer Bildung und höheren Glückes fähig; folglich sind Rohheit und Civilisation nur relative Begriffe, und der Mensch ist immer in Naturzustande. Was der einzelne Mensch zum Volke, das ist ein Volk zur ganzen Bevölkerung der Erde, zur Menschheit. Sinkt auch ein ein- zelner Mensch, so liegt es in seiner und in seiner Verhältnisse Individualität, und die Fortschritte seines Volkes zu Bildung und Glück können immer dieselben sein. Ebenso bei der Menschheit, wenn ein Volk sinkt und untergeht. Jeder Mensch geht den allgemeinen Gang der Bildung, ebenso auch jede Nation; aber beide um so schneller, je mehr in der Gesellschaft schon Mittel zu ihrer Vervollkommnung da sind. Man s. auch Ferguson a. a. O. p. 1-15. 3) Ueber diesen Begriff ist Rau getheilter und nicht ganz richtiger Meinung. Er nennt (Ueber die Kameralwiss. §. 8.) Alles, was den vernünftigen Zwecken des Menschen entspricht, ein Gut, und gibt dennoch in der Benutzung dieser Güter ein sittliches und unsittliches Wollen faktisch zu, und ebenso, daß sie zum Guten und Bösen benutzt werden könnten. Er scheint sich aber zu corrigiren, indem er auch später (Lehrb. der polit. Oekonomie. I. §. 1.) unter sachlichen Gütern körperliche Gegenstände versteht, die zur Erreichung manchfacher Zwecke als Hilfs- mittel gebraucht werden können. Wenn auch, wie er an ersterer Stelle sagt, dem Gebrauche und der Erlangungsart der Güter das Sittengesetz Regeln vorschreibt, so folgt hieraus nur, daß dieselben zu vernünftigen Zwecken gebraucht werden sollten, nicht aber daß sie nur dazu gebraucht werden können. Uebrigens gibt auch noch das Rechtsgesetz Regeln für Gebrauch und Erlangungsart der Güter. Es glaubt Zachariä (40 Bücher v. Staate. Bd. V. §. 1.) eine wichtige Verbes- serung der Wissenschaft bewirkt zu haben, indem er statt Gut das Wort Brauch- lichkeit (engl. Commodity) braucht! §. 38. Fortsetzung. Arten der Güter. Diese Güter liegen entweder im Menschen von Natur und iſt ſchon im Zuſtande ſeiner Kindheit, ebenſo die Nation und die Menſchheit ſchon im Zuſtande ihrer Kindheit, durch die geiſtigen, moraliſchen und Gemüthskräfte zur Bildung, zum Einzelglücke und Volksglücke beſtimmt. Dieſer, und nicht ein Thier- ſtand, iſt der Stand der Natur, in welchem der einzelne Menſch und die Nation bleibt, ſo lange ſie leben, denn ſie ſind immer höherer Bildung und höheren Glückes fähig; folglich ſind Rohheit und Civiliſation nur relative Begriffe, und der Menſch iſt immer in Naturzuſtande. Was der einzelne Menſch zum Volke, das iſt ein Volk zur ganzen Bevölkerung der Erde, zur Menſchheit. Sinkt auch ein ein- zelner Menſch, ſo liegt es in ſeiner und in ſeiner Verhältniſſe Individualität, und die Fortſchritte ſeines Volkes zu Bildung und Glück können immer dieſelben ſein. Ebenſo bei der Menſchheit, wenn ein Volk ſinkt und untergeht. Jeder Menſch geht den allgemeinen Gang der Bildung, ebenſo auch jede Nation; aber beide um ſo ſchneller, je mehr in der Geſellſchaft ſchon Mittel zu ihrer Vervollkommnung da ſind. Man ſ. auch Ferguson a. a. O. p. 1–15. 3) Ueber dieſen Begriff iſt Rau getheilter und nicht ganz richtiger Meinung. Er nennt (Ueber die Kameralwiſſ. §. 8.) Alles, was den vernünftigen Zwecken des Menſchen entſpricht, ein Gut, und gibt dennoch in der Benutzung dieſer Güter ein ſittliches und unſittliches Wollen faktiſch zu, und ebenſo, daß ſie zum Guten und Böſen benutzt werden könnten. Er ſcheint ſich aber zu corrigiren, indem er auch ſpäter (Lehrb. der polit. Oekonomie. I. §. 1.) unter ſachlichen Gütern körperliche Gegenſtände verſteht, die zur Erreichung manchfacher Zwecke als Hilfs- mittel gebraucht werden können. Wenn auch, wie er an erſterer Stelle ſagt, dem Gebrauche und der Erlangungsart der Güter das Sittengeſetz Regeln vorſchreibt, ſo folgt hieraus nur, daß dieſelben zu vernünftigen Zwecken gebraucht werden ſollten, nicht aber daß ſie nur dazu gebraucht werden können. Uebrigens gibt auch noch das Rechtsgeſetz Regeln für Gebrauch und Erlangungsart der Güter. Es glaubt Zachariä (40 Bücher v. Staate. Bd. V. §. 1.) eine wichtige Verbeſ- ſerung der Wiſſenſchaft bewirkt zu haben, indem er ſtatt Gut das Wort Brauch- lichkeit (engl. 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²⁾ iſt ſchon im Zuſtande ſeiner Kindheit, ebenſo die Nation und die Menſchheit ſchon
im Zuſtande ihrer Kindheit, durch die geiſtigen, moraliſchen und Gemüthskräfte zur
Bildung, zum Einzelglücke und Volksglücke beſtimmt. Dieſer, und nicht ein Thier-
ſtand, iſt der Stand der Natur, in welchem der einzelne Menſch und die Nation
bleibt, ſo lange ſie leben, denn ſie ſind immer höherer Bildung und höheren
Glückes fähig; folglich ſind Rohheit und Civiliſation nur relative Begriffe, und der
Menſch iſt immer in Naturzuſtande. Was der einzelne Menſch zum Volke, das iſt
ein Volk zur ganzen Bevölkerung der Erde, zur Menſchheit. Sinkt auch ein ein-
zelner Menſch, ſo liegt es in ſeiner und in ſeiner Verhältniſſe Individualität, und
die Fortſchritte ſeines Volkes zu Bildung und Glück können immer dieſelben ſein.
Ebenſo bei der Menſchheit, wenn ein Volk ſinkt und untergeht. Jeder Menſch geht
den allgemeinen Gang der Bildung, ebenſo auch jede Nation; aber beide um ſo
ſchneller, je mehr in der Geſellſchaft ſchon Mittel zu ihrer Vervollkommnung da
ſind. Man ſ. auch Ferguson a. a. O. p. 1–15.
³⁾ Ueber dieſen Begriff iſt Rau getheilter und nicht ganz richtiger Meinung.
Er nennt (Ueber die Kameralwiſſ. §. 8.) Alles, was den vernünftigen Zwecken
des Menſchen entſpricht, ein Gut, und gibt dennoch in der Benutzung dieſer Güter
ein ſittliches und unſittliches Wollen faktiſch zu, und ebenſo, daß ſie zum Guten
und Böſen benutzt werden könnten. Er ſcheint ſich aber zu corrigiren, indem er
auch ſpäter (Lehrb. der polit. Oekonomie. I. §. 1.) unter ſachlichen Gütern
körperliche Gegenſtände verſteht, die zur Erreichung manchfacher Zwecke als Hilfs-
mittel gebraucht werden können. Wenn auch, wie er an erſterer Stelle ſagt, dem
Gebrauche und der Erlangungsart der Güter das Sittengeſetz Regeln vorſchreibt,
ſo folgt hieraus nur, daß dieſelben zu vernünftigen Zwecken gebraucht werden
ſollten, nicht aber daß ſie nur dazu gebraucht werden können. Uebrigens gibt
auch noch das Rechtsgeſetz Regeln für Gebrauch und Erlangungsart der Güter.
Es glaubt Zachariä (40 Bücher v. Staate. Bd. V. §. 1.) eine wichtige Verbeſ-
ſerung der Wiſſenſchaft bewirkt zu haben, indem er ſtatt Gut das Wort Brauch-
lichkeit (engl. Commodity) braucht!
§. 38.
Fortſetzung. Arten der Güter.
Dieſe Güter liegen entweder im Menſchen von Natur und
werden in ihm erzeugt, dann nennt man ſie innere Güter; oder
ſie liegen außer ihm und werden außer ihm erzeugt, dann heißen
ſie äußere Güter. Dieſe Lezteren, ſind wieder entweder materi-
elle (ſachliche) Güter, d. h. körperliche phyſiſche Gegenſtände als
Güter, oder immaterielle (körperloſe), d. h. äußere Güter
ohne körperliche Natur1). Weder die inneren noch die körperloſen
äußeren Güter können ſachliche Güter werden. Aber ſie können
auf die Vermehrung der ſachlichen Güter wirken, ihre Brauch-
barkeit erhöhen, und in ſoferne in die ſachlichen Güter uneigent-
lich übergehen. Jedoch die inneren Güter des einen Menſchen
können für den anderen äußere körperloſe werden, wenn jener die-
ſem Dienſte leiſtet. Mit dieſen Dienſten aber und mit ſachlichen
Gütern kann man ſich auch körperloſe äußere Güter verſchaffen
und ſeine inneren Güter erhöhen. Dieſe Wechſelwirkung wird klar
durch die nähere Bezeichnung der Güter ſelbſt. Innere Güter
ſind die Vernunft, die innere Freiheit, die Religion, die morali-
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