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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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dern, daß der Volkswirthschaft keine der Güterquellen geschmälert
oder ganz entzogen werde, damit die Production nicht leide, fer-
ner daß durch die Finanzmaaßregeln keine Gewerbsklasse vor der
andern benachtheiligt oder bevortheilt werde, ferner daß die Fi-
nanzgesetze keine ungleichmäßige Gütervertheilung begünstigen oder
veranlassen, dann daß sie der Gewerbsfreiheit nicht in den Weg
treten, und endlich daß durch die Finanzanstalten die Consumtion
nicht erschwert oder beschränkt werde. Allein ein Blick auf die
Finanzverwaltung zeigt, daß schon durch die beste Besteuerung des
Reinertrags die Capitalansammlung und Consumtion gehemmt und
wegen Mangel an Genauigkeit in der Ermittelung der Steuer-
objecte eine Gewerbsklasse oder ein Bürger vor dem andern begün-
stigt, durch Verausgabung des Staatseinkommens, selbst bei der
kleinlichsten Sparsamkeit, in die Vertheilung des Volkseinkommens
eingegriffen wird, daß das Aufgeben des Betriebes mancher Ge-
werbszweige, z. B. der Domänenwirthschaft, der Forstwirthschaft
u. dgl., wodurch der Staat die Gewerbsfreiheit mehr oder weniger
hemmt, in den meisten Fällen unthunlich ist4). 3) Den Grund-
satz der Wohlfeilheit, d. h. möglichst geringen Aufwand für die
Staatszwecke und Lieferung der Staatsvortheile für den Bürger
um den möglichst billigen Preis5). Allein diese Forderung ist kein
Grundsatz, sondern eine bloße Maxime, bei welcher der Finanz-
verwaltung noch ein sehr weiter Spielraum gelassen wird6). Und
durch den manchfaltigen Anstoß, welchen die übrigen Prinzipien in
der Wirklichkeit erleiden, entsteht eine Neutralisirung, so daß sie,
beim wahren Lichte betrachtet, nur als Maximen erscheinen können,
von denen in besonderen Fällen abgewichen werden darf7). Auf
diese Weise gesellt sich dann nothwendig zu jenen drei Maximen
noch 4) jene der Sicherheit, nicht blos in Beziehung auf das
schon im Besitze des Staats befindliche Vermögen und Einkommen,
sondern auch in Betreff der nationalöconomischen Güterquellen,
deren Nachhaltigkeit, schon nach dem Finanzinteresse, möglichst be-
wahrt werden soll.

1) v. Jacob Staatsfinanzw. §. 35-40. Fulda Finanzw. §. 16.
2) Sehr wichtig ist daher hier die Frage über die Statthaftigkeit eines Ober-
eigenthumsrechtes des Staats. Eine Untersuchung dieser Theorie und eine
versuchte Widerlegung der verschiedenen dafür erklärten Meinungen s. m. in Meinen
Versuchen über Staatskredit. S. 395-430.
3) Auch v. Jacob und Fulda a. a. O. Schön Grundsätze der Finanz
S. 10-19, welcher Letztere der Ansicht ist, daß die Nationalöconomie kein posi-
tives, sondern blos ein negatives, also deßhalb ein absolutes, Prinzip für die
Finanzwissenschaft enthalte. S. dagegen Meine Recension über dieses Werk in den
Heidelb. Jahrbüchern Jahrg. XXVI. Heft 6. S. 596. Es stellt v. Soden
Staatsfinanzw. S. 20. 30. das nationalöconom. Prinzip dar als die Pflicht, die

dern, daß der Volkswirthſchaft keine der Güterquellen geſchmälert
oder ganz entzogen werde, damit die Production nicht leide, fer-
ner daß durch die Finanzmaaßregeln keine Gewerbsklaſſe vor der
andern benachtheiligt oder bevortheilt werde, ferner daß die Fi-
nanzgeſetze keine ungleichmäßige Gütervertheilung begünſtigen oder
veranlaſſen, dann daß ſie der Gewerbsfreiheit nicht in den Weg
treten, und endlich daß durch die Finanzanſtalten die Conſumtion
nicht erſchwert oder beſchränkt werde. Allein ein Blick auf die
Finanzverwaltung zeigt, daß ſchon durch die beſte Beſteuerung des
Reinertrags die Capitalanſammlung und Conſumtion gehemmt und
wegen Mangel an Genauigkeit in der Ermittelung der Steuer-
objecte eine Gewerbsklaſſe oder ein Bürger vor dem andern begün-
ſtigt, durch Verausgabung des Staatseinkommens, ſelbſt bei der
kleinlichſten Sparſamkeit, in die Vertheilung des Volkseinkommens
eingegriffen wird, daß das Aufgeben des Betriebes mancher Ge-
werbszweige, z. B. der Domänenwirthſchaft, der Forſtwirthſchaft
u. dgl., wodurch der Staat die Gewerbsfreiheit mehr oder weniger
hemmt, in den meiſten Fällen unthunlich iſt4). 3) Den Grund-
ſatz der Wohlfeilheit, d. h. möglichſt geringen Aufwand für die
Staatszwecke und Lieferung der Staatsvortheile für den Bürger
um den möglichſt billigen Preis5). Allein dieſe Forderung iſt kein
Grundſatz, ſondern eine bloße Maxime, bei welcher der Finanz-
verwaltung noch ein ſehr weiter Spielraum gelaſſen wird6). Und
durch den manchfaltigen Anſtoß, welchen die übrigen Prinzipien in
der Wirklichkeit erleiden, entſteht eine Neutraliſirung, ſo daß ſie,
beim wahren Lichte betrachtet, nur als Maximen erſcheinen können,
von denen in beſonderen Fällen abgewichen werden darf7). Auf
dieſe Weiſe geſellt ſich dann nothwendig zu jenen drei Maximen
noch 4) jene der Sicherheit, nicht blos in Beziehung auf das
ſchon im Beſitze des Staats befindliche Vermögen und Einkommen,
ſondern auch in Betreff der nationalöconomiſchen Güterquellen,
deren Nachhaltigkeit, ſchon nach dem Finanzintereſſe, möglichſt be-
wahrt werden ſoll.

1) v. Jacob Staatsfinanzw. §. 35–40. Fulda Finanzw. §. 16.
2) Sehr wichtig iſt daher hier die Frage über die Statthaftigkeit eines Ober-
eigenthumsrechtes des Staats. Eine Unterſuchung dieſer Theorie und eine
verſuchte Widerlegung der verſchiedenen dafür erklärten Meinungen ſ. m. in Meinen
Verſuchen über Staatskredit. S. 395–430.
3) Auch v. Jacob und Fulda a. a. O. Schön Grundſätze der Finanz
S. 10–19, welcher Letztere der Anſicht iſt, daß die Nationalöconomie kein poſi-
tives, ſondern blos ein negatives, alſo deßhalb ein abſolutes, Prinzip für die
Finanzwiſſenſchaft enthalte. S. dagegen Meine Recenſion über dieſes Werk in den
Heidelb. Jahrbüchern Jahrg. XXVI. Heft 6. S. 596. Es ſtellt v. Soden
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[694/0716] dern, daß der Volkswirthſchaft keine der Güterquellen geſchmälert oder ganz entzogen werde, damit die Production nicht leide, fer- ner daß durch die Finanzmaaßregeln keine Gewerbsklaſſe vor der andern benachtheiligt oder bevortheilt werde, ferner daß die Fi- nanzgeſetze keine ungleichmäßige Gütervertheilung begünſtigen oder veranlaſſen, dann daß ſie der Gewerbsfreiheit nicht in den Weg treten, und endlich daß durch die Finanzanſtalten die Conſumtion nicht erſchwert oder beſchränkt werde. Allein ein Blick auf die Finanzverwaltung zeigt, daß ſchon durch die beſte Beſteuerung des Reinertrags die Capitalanſammlung und Conſumtion gehemmt und wegen Mangel an Genauigkeit in der Ermittelung der Steuer- objecte eine Gewerbsklaſſe oder ein Bürger vor dem andern begün- ſtigt, durch Verausgabung des Staatseinkommens, ſelbſt bei der kleinlichſten Sparſamkeit, in die Vertheilung des Volkseinkommens eingegriffen wird, daß das Aufgeben des Betriebes mancher Ge- werbszweige, z. B. der Domänenwirthſchaft, der Forſtwirthſchaft u. dgl., wodurch der Staat die Gewerbsfreiheit mehr oder weniger hemmt, in den meiſten Fällen unthunlich iſt4). 3) Den Grund- ſatz der Wohlfeilheit, d. h. möglichſt geringen Aufwand für die Staatszwecke und Lieferung der Staatsvortheile für den Bürger um den möglichſt billigen Preis5). Allein dieſe Forderung iſt kein Grundſatz, ſondern eine bloße Maxime, bei welcher der Finanz- verwaltung noch ein ſehr weiter Spielraum gelaſſen wird6). Und durch den manchfaltigen Anſtoß, welchen die übrigen Prinzipien in der Wirklichkeit erleiden, entſteht eine Neutraliſirung, ſo daß ſie, beim wahren Lichte betrachtet, nur als Maximen erſcheinen können, von denen in beſonderen Fällen abgewichen werden darf7). Auf dieſe Weiſe geſellt ſich dann nothwendig zu jenen drei Maximen noch 4) jene der Sicherheit, nicht blos in Beziehung auf das ſchon im Beſitze des Staats befindliche Vermögen und Einkommen, ſondern auch in Betreff der nationalöconomiſchen Güterquellen, deren Nachhaltigkeit, ſchon nach dem Finanzintereſſe, möglichſt be- wahrt werden ſoll. ¹⁾ v. Jacob Staatsfinanzw. §. 35–40. Fulda Finanzw. §. 16. ²⁾ Sehr wichtig iſt daher hier die Frage über die Statthaftigkeit eines Ober- eigenthumsrechtes des Staats. Eine Unterſuchung dieſer Theorie und eine verſuchte Widerlegung der verſchiedenen dafür erklärten Meinungen ſ. m. in Meinen Verſuchen über Staatskredit. S. 395–430. ³⁾ Auch v. Jacob und Fulda a. a. O. Schön Grundſätze der Finanz S. 10–19, welcher Letztere der Anſicht iſt, daß die Nationalöconomie kein poſi- tives, ſondern blos ein negatives, alſo deßhalb ein abſolutes, Prinzip für die Finanzwiſſenſchaft enthalte. S. dagegen Meine Recenſion über dieſes Werk in den Heidelb. Jahrbüchern Jahrg. XXVI. Heft 6. S. 596. Es ſtellt v. Soden Staatsfinanzw. S. 20. 30. das nationalöconom. Prinzip dar als die Pflicht, die

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 694. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/716>, abgerufen am 01.11.2024.