stände einer besondern Aufmerksamkeit der auswärtigen Handels- politik: 1) die Ein- und Ausfuhrprämien2) zur Begünstigung des Ein- oder Ausfuhrhandels mit gewissen Gewerbsproducten, also eigentlich zur Begünstigung gewisser Arten von producirenden Ge- werben. Können solche Gewerbe die Concurrenz des Auslandes nicht ertragen oder bedürfen sie, um angefangen zu werden und bestehen zu können, solcher Begünstigungen, dann ist dies ein sicheres Zeichen, daß weder Zeit noch Umstände für sie sind. In diesem Falle ist die Bewilligung von Prämien an sich und als Be- raubung des größten Theils der Bevölkerung zu Gunsten von Wenigen, die es dazu auch nicht verdienen, ganz verwerflich, in jedem andern Falle aber wären sie es noch mehr. Einmal bewil- ligte Prämien dürfen aber nicht plötzlich aufgehoben werden, weil dadurch die auf sie hin gemachten Etablissements bis zum Unter- gange Noth leiden würden. 2) Die Handelsconsulate in den Haupthandelsplätzen des Auslandes. Sie sind ein wesentliches, äußerst nützliches Beförderungsmittel des auswärtigen Handels, als Unterstützung der inländischen Kaufleute an fremden Plätzen und zum gegenseitigen Verständnisse der Regirungen in Handels- sachen. 3) Die Handelsverträge mit auswärtigen Staaten3). Bezwecken und bewirken sie auf irgend eine Art die Erleichterung und Befreiung des gegenseitigen Handels, so können sie nur för- derlich sein. Haben sie, wie früher, die Ausschließung gewisser Artikel oder anderer Länder vom Handel zum Zwecke, so sind sie verwerflich. Unter diesem letzteren Gesichtspunkt kann es aber nicht gerechnet werden, wenn die Einfuhr von Gegenständen, die zu Regalien gehören, versagt, von den eingehenden Waaren die im Lande gewöhnliche Consumtionsabgabe verlangt, und gewisse bisher durch Einfuhrzölle mercantilisch geschützte Gewerbe fernerhin auch noch durch Eingangsabgaben geschützt werden4). 4) Die Ein- und Ausfuhrzölle. Da der erste Grund des Mercantil- systems für die Anlage von solchen Zöllen, nämlich die Bewirkung einer günstigen Handelsbilanz, auf einer ganz falschen Ansicht vom auswärtigen Handel beruht (§. 435. 2), so bedarf es hier keines Beweises, daß deßhalb keine Zölle angelegt werden sollen und daß, wenn dies geschieht, das wahre Handelsgleichgewicht ge- stört wird, indem für jede erschwerte oder verbotene Aus- und Einfuhr entsprechend eine Ein- und Ausfuhr abnimmt oder ganz stockt. Da ferner der zweite Grund für die Erhebung der Zölle, nämlich um einen bedeutenden, ja den größten Theil der Staats- einnahmen aus ihnen zu ziehen, erst in der Finanzwissenschaft er- örtert werden kann, so bleibt hier nur der dritte Grund derselben,
ſtände einer beſondern Aufmerkſamkeit der auswärtigen Handels- politik: 1) die Ein- und Ausfuhrprämien2) zur Begünſtigung des Ein- oder Ausfuhrhandels mit gewiſſen Gewerbsproducten, alſo eigentlich zur Begünſtigung gewiſſer Arten von producirenden Ge- werben. Können ſolche Gewerbe die Concurrenz des Auslandes nicht ertragen oder bedürfen ſie, um angefangen zu werden und beſtehen zu können, ſolcher Begünſtigungen, dann iſt dies ein ſicheres Zeichen, daß weder Zeit noch Umſtände für ſie ſind. In dieſem Falle iſt die Bewilligung von Prämien an ſich und als Be- raubung des größten Theils der Bevölkerung zu Gunſten von Wenigen, die es dazu auch nicht verdienen, ganz verwerflich, in jedem andern Falle aber wären ſie es noch mehr. Einmal bewil- ligte Prämien dürfen aber nicht plötzlich aufgehoben werden, weil dadurch die auf ſie hin gemachten Etabliſſements bis zum Unter- gange Noth leiden würden. 2) Die Handelsconſulate in den Haupthandelsplätzen des Auslandes. Sie ſind ein weſentliches, äußerſt nützliches Beförderungsmittel des auswärtigen Handels, als Unterſtützung der inländiſchen Kaufleute an fremden Plätzen und zum gegenſeitigen Verſtändniſſe der Regirungen in Handels- ſachen. 3) Die Handelsverträge mit auswärtigen Staaten3). Bezwecken und bewirken ſie auf irgend eine Art die Erleichterung und Befreiung des gegenſeitigen Handels, ſo können ſie nur för- derlich ſein. Haben ſie, wie früher, die Ausſchließung gewiſſer Artikel oder anderer Länder vom Handel zum Zwecke, ſo ſind ſie verwerflich. Unter dieſem letzteren Geſichtspunkt kann es aber nicht gerechnet werden, wenn die Einfuhr von Gegenſtänden, die zu Regalien gehören, verſagt, von den eingehenden Waaren die im Lande gewöhnliche Conſumtionsabgabe verlangt, und gewiſſe bisher durch Einfuhrzölle mercantiliſch geſchützte Gewerbe fernerhin auch noch durch Eingangsabgaben geſchützt werden4). 4) Die Ein- und Ausfuhrzölle. Da der erſte Grund des Mercantil- ſyſtems für die Anlage von ſolchen Zöllen, nämlich die Bewirkung einer günſtigen Handelsbilanz, auf einer ganz falſchen Anſicht vom auswärtigen Handel beruht (§. 435. 2), ſo bedarf es hier keines Beweiſes, daß deßhalb keine Zölle angelegt werden ſollen und daß, wenn dies geſchieht, das wahre Handelsgleichgewicht ge- ſtört wird, indem für jede erſchwerte oder verbotene Aus- und Einfuhr entſprechend eine Ein- und Ausfuhr abnimmt oder ganz ſtockt. Da ferner der zweite Grund für die Erhebung der Zölle, nämlich um einen bedeutenden, ja den größten Theil der Staats- einnahmen aus ihnen zu ziehen, erſt in der Finanzwiſſenſchaft er- örtert werden kann, ſo bleibt hier nur der dritte Grund derſelben,
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politik: 1) die Ein- und Ausfuhrprämien2) zur Begünſtigung
des Ein- oder Ausfuhrhandels mit gewiſſen Gewerbsproducten, alſo
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werben. Können ſolche Gewerbe die Concurrenz des Auslandes
nicht ertragen oder bedürfen ſie, um angefangen zu werden und
beſtehen zu können, ſolcher Begünſtigungen, dann iſt dies ein
ſicheres Zeichen, daß weder Zeit noch Umſtände für ſie ſind. In
dieſem Falle iſt die Bewilligung von Prämien an ſich und als Be-
raubung des größten Theils der Bevölkerung zu Gunſten von
Wenigen, die es dazu auch nicht verdienen, ganz verwerflich, in
jedem andern Falle aber wären ſie es noch mehr. Einmal bewil-
ligte Prämien dürfen aber nicht plötzlich aufgehoben werden, weil
dadurch die auf ſie hin gemachten Etabliſſements bis zum Unter-
gange Noth leiden würden. 2) Die Handelsconſulate in den
Haupthandelsplätzen des Auslandes. Sie ſind ein weſentliches,
äußerſt nützliches Beförderungsmittel des auswärtigen Handels,
als Unterſtützung der inländiſchen Kaufleute an fremden Plätzen
und zum gegenſeitigen Verſtändniſſe der Regirungen in Handels-
ſachen. 3) Die Handelsverträge mit auswärtigen Staaten3).
Bezwecken und bewirken ſie auf irgend eine Art die Erleichterung
und Befreiung des gegenſeitigen Handels, ſo können ſie nur för-
derlich ſein. Haben ſie, wie früher, die Ausſchließung gewiſſer
Artikel oder anderer Länder vom Handel zum Zwecke, ſo ſind ſie
verwerflich. Unter dieſem letzteren Geſichtspunkt kann es aber
nicht gerechnet werden, wenn die Einfuhr von Gegenſtänden, die
zu Regalien gehören, verſagt, von den eingehenden Waaren die
im Lande gewöhnliche Conſumtionsabgabe verlangt, und gewiſſe
bisher durch Einfuhrzölle mercantiliſch geſchützte Gewerbe fernerhin
auch noch durch Eingangsabgaben geſchützt werden4). 4) Die
Ein- und Ausfuhrzölle. Da der erſte Grund des Mercantil-
ſyſtems für die Anlage von ſolchen Zöllen, nämlich die Bewirkung
einer günſtigen Handelsbilanz, auf einer ganz falſchen Anſicht
vom auswärtigen Handel beruht (§. 435. 2), ſo bedarf es hier
keines Beweiſes, daß deßhalb keine Zölle angelegt werden ſollen
und daß, wenn dies geſchieht, das wahre Handelsgleichgewicht ge-
ſtört wird, indem für jede erſchwerte oder verbotene Aus- und
Einfuhr entſprechend eine Ein- und Ausfuhr abnimmt oder ganz
ſtockt. Da ferner der zweite Grund für die Erhebung der Zölle,
nämlich um einen bedeutenden, ja den größten Theil der Staats-
einnahmen aus ihnen zu ziehen, erſt in der Finanzwiſſenſchaft er-
örtert werden kann, ſo bleibt hier nur der dritte Grund derſelben,
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 683. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/705>, abgerufen am 24.11.2024.
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