verschwinden, je mehr sich die Bevölkerung auf dem Lande ver- dichtet und sich dann Krämer ansetzen, wie auch die Erfahrung der letzten paar Jahrzehnte zeigt. Ein Verbot des Hausirhandels ist daher ungerecht, unnütz und dazu noch fast unausführbar, und es bleibt die Garantie gegen Sicherheitsstörung dadurch vermittelst des Gebots der Lösung von Hausirpatenten, aber dann unnach- sichtige Strenge gegen die Nichtpatentisirten das passende polizei- liche Mittel in Betreff desselben2). -- Für die Kleinhändler bedarf es keiner weiteren Bildung als des Elementar- und niederen Gewerbsunterrichts, mit welchem der Lehrling zugleich seine Lehrzeit verbinden kann. Zur Bildung des Großhändlers sind aber größere Handelsschulen nothwendig, weil sie einen Grad von Wissenschaftlichkeit erfordert (§. 440.).
VII. Der Zwischenhandel ist begreiflicher Weise mit dem Binnenhandel sehr nahe verbunden. Für beide, besonders aber in einem Lande, das diesen besitzt, sind 1) Post-, Fracht- und Speditionsanstalten im höchsten Grade vortheilhaft. Allein der Staat braucht sich um deren Errichtung nicht zu bekümmern, weil, wenn sie ein einträgliches Geschäft abgeben können, sich schon von selbst Leute dazu veranlaßt finden. Auffallend ist es, daß man, während hierüber in Betreff der beiden Letztern und der Fahrpost kein Zweifel mehr obwaltet, in Betreff der Brief- und Packpost noch das Vorurtheil hat, blos der Staat könne die erforderliche Garantie gegen Verletzung des Briefgeheimnisses und wegen der sichern Ueberlieferung gewähren, blos er vermöge die Anlage der Postcurse zu machen und die Verbindung mit dem Auslande zu erhalten. Einiges Nachdenken zeigt das Gegentheil hiervon. Fer- nere Mittel zur Hebung des sehr nützlichen Zwischenhandels sind 2) die Freihäfen, d. h. Häfen, die frei von Einfuhrzöllen sind; 3) die Niederlagen (Packhöfe, Lagerhäuser, Entrepots): 4) die Privatlager(Entrepots fietifs), d. h. die Einrichtung, daß der Kaufmann die eingehenden Waaren in sein eigenes Lager unter der Verantwortlichkeit niederlegen darf, daß er, wenn sie nicht werden aus dem Lande gehen, den Einfuhrzoll bezahlt. 5) Die möglichste Abgabenfreiheit desselben, da durch Transitozölle nichts bewirkt, als zum Besten der Staatskasse der Zwischenhandel erschwert, oder gar zuletzt dem Lande entzogen wird. Bei Anlage der Straßen- und Brückengelder, Wasserzölle, Hafengelder u. dgl. ist daher der Transitohandel sorgfältig zu bedenken, wenn man aus finanziellen Gründen ihn nicht ganz frei lassen kann. Bestehen aber Ein- und Ausfuhrzölle und inländische Consumtionssteuern für eingehende Waaren, so sind die Transitogüter denselben nicht
verſchwinden, je mehr ſich die Bevölkerung auf dem Lande ver- dichtet und ſich dann Krämer anſetzen, wie auch die Erfahrung der letzten paar Jahrzehnte zeigt. Ein Verbot des Hauſirhandels iſt daher ungerecht, unnütz und dazu noch faſt unausführbar, und es bleibt die Garantie gegen Sicherheitsſtörung dadurch vermittelſt des Gebots der Löſung von Hauſirpatenten, aber dann unnach- ſichtige Strenge gegen die Nichtpatentiſirten das paſſende polizei- liche Mittel in Betreff deſſelben2). — Für die Kleinhändler bedarf es keiner weiteren Bildung als des Elementar- und niederen Gewerbsunterrichts, mit welchem der Lehrling zugleich ſeine Lehrzeit verbinden kann. Zur Bildung des Großhändlers ſind aber größere Handelsſchulen nothwendig, weil ſie einen Grad von Wiſſenſchaftlichkeit erfordert (§. 440.).
VII. Der Zwiſchenhandel iſt begreiflicher Weiſe mit dem Binnenhandel ſehr nahe verbunden. Für beide, beſonders aber in einem Lande, das dieſen beſitzt, ſind 1) Poſt-, Fracht- und Speditionsanſtalten im höchſten Grade vortheilhaft. Allein der Staat braucht ſich um deren Errichtung nicht zu bekümmern, weil, wenn ſie ein einträgliches Geſchäft abgeben können, ſich ſchon von ſelbſt Leute dazu veranlaßt finden. Auffallend iſt es, daß man, während hierüber in Betreff der beiden Letztern und der Fahrpoſt kein Zweifel mehr obwaltet, in Betreff der Brief- und Packpoſt noch das Vorurtheil hat, blos der Staat könne die erforderliche Garantie gegen Verletzung des Briefgeheimniſſes und wegen der ſichern Ueberlieferung gewähren, blos er vermöge die Anlage der Poſtcurſe zu machen und die Verbindung mit dem Auslande zu erhalten. Einiges Nachdenken zeigt das Gegentheil hiervon. Fer- nere Mittel zur Hebung des ſehr nützlichen Zwiſchenhandels ſind 2) die Freihäfen, d. h. Häfen, die frei von Einfuhrzöllen ſind; 3) die Niederlagen (Packhöfe, Lagerhäuſer, Entrepôts): 4) die Privatlager(Entrepôts fietifs), d. h. die Einrichtung, daß der Kaufmann die eingehenden Waaren in ſein eigenes Lager unter der Verantwortlichkeit niederlegen darf, daß er, wenn ſie nicht werden aus dem Lande gehen, den Einfuhrzoll bezahlt. 5) Die möglichſte Abgabenfreiheit deſſelben, da durch Tranſitozölle nichts bewirkt, als zum Beſten der Staatskaſſe der Zwiſchenhandel erſchwert, oder gar zuletzt dem Lande entzogen wird. Bei Anlage der Straßen- und Brückengelder, Waſſerzölle, Hafengelder u. dgl. iſt daher der Tranſitohandel ſorgfältig zu bedenken, wenn man aus finanziellen Gründen ihn nicht ganz frei laſſen kann. Beſtehen aber Ein- und Ausfuhrzölle und inländiſche Conſumtionsſteuern für eingehende Waaren, ſo ſind die Tranſitogüter denſelben nicht
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dichtet und ſich dann Krämer anſetzen, wie auch die Erfahrung
der letzten paar Jahrzehnte zeigt. Ein Verbot des Hauſirhandels
iſt daher ungerecht, unnütz und dazu noch faſt unausführbar, und
es bleibt die Garantie gegen Sicherheitsſtörung dadurch vermittelſt
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liche Mittel in Betreff deſſelben2). — Für die Kleinhändler bedarf
es keiner weiteren Bildung als des Elementar- und niederen
Gewerbsunterrichts, mit welchem der Lehrling zugleich ſeine
Lehrzeit verbinden kann. Zur Bildung des Großhändlers ſind aber
größere Handelsſchulen nothwendig, weil ſie einen Grad von
Wiſſenſchaftlichkeit erfordert (§. 440.).
VII. Der Zwiſchenhandel iſt begreiflicher Weiſe mit dem
Binnenhandel ſehr nahe verbunden. Für beide, beſonders aber in
einem Lande, das dieſen beſitzt, ſind 1) Poſt-, Fracht- und
Speditionsanſtalten im höchſten Grade vortheilhaft. Allein
der Staat braucht ſich um deren Errichtung nicht zu bekümmern,
weil, wenn ſie ein einträgliches Geſchäft abgeben können, ſich ſchon
von ſelbſt Leute dazu veranlaßt finden. Auffallend iſt es, daß man,
während hierüber in Betreff der beiden Letztern und der Fahrpoſt
kein Zweifel mehr obwaltet, in Betreff der Brief- und Packpoſt
noch das Vorurtheil hat, blos der Staat könne die erforderliche
Garantie gegen Verletzung des Briefgeheimniſſes und wegen der
ſichern Ueberlieferung gewähren, blos er vermöge die Anlage der
Poſtcurſe zu machen und die Verbindung mit dem Auslande zu
erhalten. Einiges Nachdenken zeigt das Gegentheil hiervon. Fer-
nere Mittel zur Hebung des ſehr nützlichen Zwiſchenhandels ſind
2) die Freihäfen, d. h. Häfen, die frei von Einfuhrzöllen ſind;
3) die Niederlagen (Packhöfe, Lagerhäuſer, Entrepôts): 4) die
Privatlager (Entrepôts fietifs), d. h. die Einrichtung, daß
der Kaufmann die eingehenden Waaren in ſein eigenes Lager unter
der Verantwortlichkeit niederlegen darf, daß er, wenn ſie nicht
werden aus dem Lande gehen, den Einfuhrzoll bezahlt. 5) Die
möglichſte Abgabenfreiheit deſſelben, da durch Tranſitozölle
nichts bewirkt, als zum Beſten der Staatskaſſe der Zwiſchenhandel
erſchwert, oder gar zuletzt dem Lande entzogen wird. Bei Anlage
der Straßen- und Brückengelder, Waſſerzölle, Hafengelder u. dgl.
iſt daher der Tranſitohandel ſorgfältig zu bedenken, wenn man aus
finanziellen Gründen ihn nicht ganz frei laſſen kann. Beſtehen
aber Ein- und Ausfuhrzölle und inländiſche Conſumtionsſteuern
für eingehende Waaren, ſo ſind die Tranſitogüter denſelben nicht
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 680. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/702>, abgerufen am 28.11.2024.
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