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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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Eigennutz und Bereicherungssucht der Angestellten, Veruntreuung
und große Schulden. Am schrecklichsten aber sind die Folgen für
das Land, in welchem die Gesellschaft ihre Geschäfte macht, wenn
ihr auch die Staatsverwaltung desselben überlassen ist, denn ihr
letztes Prinzip ist der Monopolsgeist, nach ihm muß sich alles
Gewerbswesen erzwungen richten, es tritt rücksichtslose Aussaugung
durch Naturalabgaben und Geldsteuern an die Stelle eines erträg-
lichen Steuersystems, Willkühr an die Stelle der Gerechtigkeit in
der Gerichts- und Polizeipflege, Vernachlässigung der geistlichen
und sittlichen Cultur der Unterthanen folgt von selbst und im
Gefolge von diesen Verhältnissen alles wirthschaftliche und häus-
liche Elend bis zu häufigen Hungersnöthen und verheerenden Krank-
heiten1). Dies hat die Erfahrung bewährt und mit Recht ist man
gegen das Ertheilen solcher Privilegien jetzt in hohem Grade ab-
geneigt. Thun sich Handelsgesellschaften von freien Stücken auf,
so wird ihnen der Staat nach Prüfung der Statuten und mit
Erhaltung völliger Handelsfreiheit seine Genehmigung nicht ver-
sagen können.

VI. Der Binnenhandel ist hier als Klein- und Großhandel
zu betrachten. Wenn derselbe gedeihen soll, so ist die Errichtung
von Wochen- und Jahrmärkten und die Aufhebung aller
Binnenzölle
und Abschließungen zwischen Provinzen in jedem
Lande nöthig. Die Messen und Börsen mit eigenen Messen-
und Börsenordnungen sind nur in größeren Handelsstaaten und
Handelsstädten erforderlich. Ein lebhafter Binnenhandel mit er-
leichterter Communication macht sie durchaus weniger wesentlich.
Eine besondere Aufmerksamkeit der Regirung erheischt der Trödel-
und Hausirhandel gegenüber dem Kramhandel, allein weit
mehr in sicherheitspolizeilicher als gewerbspolizeilicher Hinsicht
(§. 451.). Denn beide sind an sich so ehrliche Handelsgeschäfte
als alle andern, sie verschaffen der ärmeren Klasse ihren Bedarf
an Kleidern u. dgl. wohlfeil, ersparen ihnen die Beziehung von
Märkten und die damit verknüpften Auslagen, befördern (nament-
lich der Trödelhandel) die Sparsamkeit in allen Ständen, und
halten die zu schnelle unproductive Consumtion auf. Der öftere
mehr oder weniger allgemeine Eifer gegen den Hausirhandel insbe-
sondere ist in der Regel Folge des Brodneides der Krämer, weil
der Hausirer, zufrieden mit geringem Gewerbsgewinne, seine Waa-
ren zum Vortheile der Käufer wohlfeiler gibt. Diese Vortheile
des Hausirhandels sind entschieden, und am meisten bei zerstreuter
Lage der Wohnplätze; die Nachtheile desselben in sicherheitspolizei-
licher Hinsicht sind blos möglich; derselbe muß aber von selbst

Eigennutz und Bereicherungsſucht der Angeſtellten, Veruntreuung
und große Schulden. Am ſchrecklichſten aber ſind die Folgen für
das Land, in welchem die Geſellſchaft ihre Geſchäfte macht, wenn
ihr auch die Staatsverwaltung deſſelben überlaſſen iſt, denn ihr
letztes Prinzip iſt der Monopolsgeiſt, nach ihm muß ſich alles
Gewerbsweſen erzwungen richten, es tritt rückſichtsloſe Ausſaugung
durch Naturalabgaben und Geldſteuern an die Stelle eines erträg-
lichen Steuerſyſtems, Willkühr an die Stelle der Gerechtigkeit in
der Gerichts- und Polizeipflege, Vernachläſſigung der geiſtlichen
und ſittlichen Cultur der Unterthanen folgt von ſelbſt und im
Gefolge von dieſen Verhältniſſen alles wirthſchaftliche und häus-
liche Elend bis zu häufigen Hungersnöthen und verheerenden Krank-
heiten1). Dies hat die Erfahrung bewährt und mit Recht iſt man
gegen das Ertheilen ſolcher Privilegien jetzt in hohem Grade ab-
geneigt. Thun ſich Handelsgeſellſchaften von freien Stücken auf,
ſo wird ihnen der Staat nach Prüfung der Statuten und mit
Erhaltung völliger Handelsfreiheit ſeine Genehmigung nicht ver-
ſagen können.

VI. Der Binnenhandel iſt hier als Klein- und Großhandel
zu betrachten. Wenn derſelbe gedeihen ſoll, ſo iſt die Errichtung
von Wochen- und Jahrmärkten und die Aufhebung aller
Binnenzölle
und Abſchließungen zwiſchen Provinzen in jedem
Lande nöthig. Die Meſſen und Börſen mit eigenen Meſſen-
und Börſenordnungen ſind nur in größeren Handelsſtaaten und
Handelsſtädten erforderlich. Ein lebhafter Binnenhandel mit er-
leichterter Communication macht ſie durchaus weniger weſentlich.
Eine beſondere Aufmerkſamkeit der Regirung erheiſcht der Trödel-
und Hauſirhandel gegenüber dem Kramhandel, allein weit
mehr in ſicherheitspolizeilicher als gewerbspolizeilicher Hinſicht
(§. 451.). Denn beide ſind an ſich ſo ehrliche Handelsgeſchäfte
als alle andern, ſie verſchaffen der ärmeren Klaſſe ihren Bedarf
an Kleidern u. dgl. wohlfeil, erſparen ihnen die Beziehung von
Märkten und die damit verknüpften Auslagen, befördern (nament-
lich der Trödelhandel) die Sparſamkeit in allen Ständen, und
halten die zu ſchnelle unproductive Conſumtion auf. Der öftere
mehr oder weniger allgemeine Eifer gegen den Hauſirhandel insbe-
ſondere iſt in der Regel Folge des Brodneides der Krämer, weil
der Hauſirer, zufrieden mit geringem Gewerbsgewinne, ſeine Waa-
ren zum Vortheile der Käufer wohlfeiler gibt. Dieſe Vortheile
des Hauſirhandels ſind entſchieden, und am meiſten bei zerſtreuter
Lage der Wohnplätze; die Nachtheile deſſelben in ſicherheitspolizei-
licher Hinſicht ſind blos möglich; derſelbe muß aber von ſelbſt

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[679/0701] Eigennutz und Bereicherungsſucht der Angeſtellten, Veruntreuung und große Schulden. Am ſchrecklichſten aber ſind die Folgen für das Land, in welchem die Geſellſchaft ihre Geſchäfte macht, wenn ihr auch die Staatsverwaltung deſſelben überlaſſen iſt, denn ihr letztes Prinzip iſt der Monopolsgeiſt, nach ihm muß ſich alles Gewerbsweſen erzwungen richten, es tritt rückſichtsloſe Ausſaugung durch Naturalabgaben und Geldſteuern an die Stelle eines erträg- lichen Steuerſyſtems, Willkühr an die Stelle der Gerechtigkeit in der Gerichts- und Polizeipflege, Vernachläſſigung der geiſtlichen und ſittlichen Cultur der Unterthanen folgt von ſelbſt und im Gefolge von dieſen Verhältniſſen alles wirthſchaftliche und häus- liche Elend bis zu häufigen Hungersnöthen und verheerenden Krank- heiten1). Dies hat die Erfahrung bewährt und mit Recht iſt man gegen das Ertheilen ſolcher Privilegien jetzt in hohem Grade ab- geneigt. Thun ſich Handelsgeſellſchaften von freien Stücken auf, ſo wird ihnen der Staat nach Prüfung der Statuten und mit Erhaltung völliger Handelsfreiheit ſeine Genehmigung nicht ver- ſagen können. VI. Der Binnenhandel iſt hier als Klein- und Großhandel zu betrachten. Wenn derſelbe gedeihen ſoll, ſo iſt die Errichtung von Wochen- und Jahrmärkten und die Aufhebung aller Binnenzölle und Abſchließungen zwiſchen Provinzen in jedem Lande nöthig. Die Meſſen und Börſen mit eigenen Meſſen- und Börſenordnungen ſind nur in größeren Handelsſtaaten und Handelsſtädten erforderlich. Ein lebhafter Binnenhandel mit er- leichterter Communication macht ſie durchaus weniger weſentlich. Eine beſondere Aufmerkſamkeit der Regirung erheiſcht der Trödel- und Hauſirhandel gegenüber dem Kramhandel, allein weit mehr in ſicherheitspolizeilicher als gewerbspolizeilicher Hinſicht (§. 451.). Denn beide ſind an ſich ſo ehrliche Handelsgeſchäfte als alle andern, ſie verſchaffen der ärmeren Klaſſe ihren Bedarf an Kleidern u. dgl. wohlfeil, erſparen ihnen die Beziehung von Märkten und die damit verknüpften Auslagen, befördern (nament- lich der Trödelhandel) die Sparſamkeit in allen Ständen, und halten die zu ſchnelle unproductive Conſumtion auf. Der öftere mehr oder weniger allgemeine Eifer gegen den Hauſirhandel insbe- ſondere iſt in der Regel Folge des Brodneides der Krämer, weil der Hauſirer, zufrieden mit geringem Gewerbsgewinne, ſeine Waa- ren zum Vortheile der Käufer wohlfeiler gibt. Dieſe Vortheile des Hauſirhandels ſind entſchieden, und am meiſten bei zerſtreuter Lage der Wohnplätze; die Nachtheile deſſelben in ſicherheitspolizei- licher Hinſicht ſind blos möglich; derſelbe muß aber von ſelbſt

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/701>, abgerufen am 28.11.2024.