§. 464. C.Servitute. D.Gebundenheit der Güter. E.Zurundung derselben. F.Gemeinheitstheilung.
Es gehören ferner hierher:
C. Die Servitute, insbesondere die Weideservitute, d. h. die Last eines Feldes, daß ein Anderer mit seinem Vieh darauf zu gewissen Zeiten Weide halten darf (§. 183.). Sie hindern den Eigenthümer oder Besitzer in der beliebigen Bewirthschaftung des Gutes und tragen viel zur Verderbung der Pflanzungen bei. Es ist daher mit einer bloßen Regulirung nicht viel gethan, sondern ihre Abschaffung ist unerläßlich. Die Schätzung des Capitalwer- thes der Weidegerechtigkeit geschieht entweder nach allgemeinen Ertragsklassen, oder nach der Anzahl von Vieh, das darauf Nahrung findet und nach der Länge der Weidezeit (§. 463. N. 8.)1).
D.Die Gebundenheit der Landgüter, d. h. derjenige Zustand, kraft dessen sie nach Staats- oder Familiengesetzen nicht getheilt, sondern nur als Ganzes verkauft und vererbt oder ver- schenkt werden dürfen, weil man glaubt, daß eine Verkleinerung derselben dem Staate oder der Familie nachtheilig sei2). Es ist oben (§. 432. N. 1.) gezeigt, welche Vortheile die mittleren und kleinen Landgüter vor großen in der Volkswirthschaft gewähren. Läßt der Staat dem Gewerbsbetriebe freien Lauf, führt er keine Besteuerung des Bodens ein, die den kleineren Grundeigenthümern unerschwinglich ist, und hütet sich derselbe überhaupt vor Maaß- regeln, welche den mittleren und kleineren Bauern Lasten auf- legen, die sie nicht wohl tragen können, so wird die Theilung des Grundeigenthums ihren regelmäßigen Gang gehen, und die Bevöl- kerung muß sich darnach einrichten. Ebenso wird der ackerbauende Theil der Nation auf die Erhaltung größerer Landgüter von selbst verfallen, wenn es ihr zuträglich erscheint. Die Festsetzung eines Minimums oder Maximums ist deßhalb nicht weniger verwerflich, als Gesetze, welche der einen oder andern Klasse den Ankauf oder Verkauf von Grund und Boden ganz verbieten; denn sie sind Ein- griffe in die Privatrechte ohne Noth und müssen bald da bald dort den Privatinteressen entgegen sein3).
E.Die Zurundung der Landgüter (Arrondirung). Die Vortheile der zusammen in einer Fläche neben einander liegenden Grundstücke für den Landwirth sind anerkannt und leicht einzu- sehen, weil die Nachtheile des Gegentheiles klar erscheinen. Die Bewirkung einer solchen Zusammenlegung (auch Ackerumsatz, Schiftung genannt) ist daher ein sehr wohlthätiges, aber an sich,
§. 464. C.Servitute. D.Gebundenheit der Güter. E.Zurundung derſelben. F.Gemeinheitstheilung.
Es gehören ferner hierher:
C. Die Servitute, insbeſondere die Weideſervitute, d. h. die Laſt eines Feldes, daß ein Anderer mit ſeinem Vieh darauf zu gewiſſen Zeiten Weide halten darf (§. 183.). Sie hindern den Eigenthümer oder Beſitzer in der beliebigen Bewirthſchaftung des Gutes und tragen viel zur Verderbung der Pflanzungen bei. Es iſt daher mit einer bloßen Regulirung nicht viel gethan, ſondern ihre Abſchaffung iſt unerläßlich. Die Schätzung des Capitalwer- thes der Weidegerechtigkeit geſchieht entweder nach allgemeinen Ertragsklaſſen, oder nach der Anzahl von Vieh, das darauf Nahrung findet und nach der Länge der Weidezeit (§. 463. N. 8.)1).
D.Die Gebundenheit der Landgüter, d. h. derjenige Zuſtand, kraft deſſen ſie nach Staats- oder Familiengeſetzen nicht getheilt, ſondern nur als Ganzes verkauft und vererbt oder ver- ſchenkt werden dürfen, weil man glaubt, daß eine Verkleinerung derſelben dem Staate oder der Familie nachtheilig ſei2). Es iſt oben (§. 432. N. 1.) gezeigt, welche Vortheile die mittleren und kleinen Landgüter vor großen in der Volkswirthſchaft gewähren. Läßt der Staat dem Gewerbsbetriebe freien Lauf, führt er keine Beſteuerung des Bodens ein, die den kleineren Grundeigenthümern unerſchwinglich iſt, und hütet ſich derſelbe überhaupt vor Maaß- regeln, welche den mittleren und kleineren Bauern Laſten auf- legen, die ſie nicht wohl tragen können, ſo wird die Theilung des Grundeigenthums ihren regelmäßigen Gang gehen, und die Bevöl- kerung muß ſich darnach einrichten. Ebenſo wird der ackerbauende Theil der Nation auf die Erhaltung größerer Landgüter von ſelbſt verfallen, wenn es ihr zuträglich erſcheint. Die Feſtſetzung eines Minimums oder Maximums iſt deßhalb nicht weniger verwerflich, als Geſetze, welche der einen oder andern Klaſſe den Ankauf oder Verkauf von Grund und Boden ganz verbieten; denn ſie ſind Ein- griffe in die Privatrechte ohne Noth und müſſen bald da bald dort den Privatintereſſen entgegen ſein3).
E.Die Zurundung der Landgüter (Arrondirung). Die Vortheile der zuſammen in einer Fläche neben einander liegenden Grundſtücke für den Landwirth ſind anerkannt und leicht einzu- ſehen, weil die Nachtheile des Gegentheiles klar erſcheinen. Die Bewirkung einer ſolchen Zuſammenlegung (auch Ackerumſatz, Schiftung genannt) iſt daher ein ſehr wohlthätiges, aber an ſich,
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§. 464.
C. Servitute. D. Gebundenheit der Güter. E. Zurundung
derſelben. F. Gemeinheitstheilung.
Es gehören ferner hierher:
C. Die Servitute, insbeſondere die Weideſervitute, d. h.
die Laſt eines Feldes, daß ein Anderer mit ſeinem Vieh darauf zu
gewiſſen Zeiten Weide halten darf (§. 183.). Sie hindern den
Eigenthümer oder Beſitzer in der beliebigen Bewirthſchaftung des
Gutes und tragen viel zur Verderbung der Pflanzungen bei. Es
iſt daher mit einer bloßen Regulirung nicht viel gethan, ſondern
ihre Abſchaffung iſt unerläßlich. Die Schätzung des Capitalwer-
thes der Weidegerechtigkeit geſchieht entweder nach allgemeinen
Ertragsklaſſen, oder nach der Anzahl von Vieh, das darauf
Nahrung findet und nach der Länge der Weidezeit (§. 463. N. 8.)1).
D. Die Gebundenheit der Landgüter, d. h. derjenige
Zuſtand, kraft deſſen ſie nach Staats- oder Familiengeſetzen nicht
getheilt, ſondern nur als Ganzes verkauft und vererbt oder ver-
ſchenkt werden dürfen, weil man glaubt, daß eine Verkleinerung
derſelben dem Staate oder der Familie nachtheilig ſei2). Es iſt
oben (§. 432. N. 1.) gezeigt, welche Vortheile die mittleren und
kleinen Landgüter vor großen in der Volkswirthſchaft gewähren.
Läßt der Staat dem Gewerbsbetriebe freien Lauf, führt er keine
Beſteuerung des Bodens ein, die den kleineren Grundeigenthümern
unerſchwinglich iſt, und hütet ſich derſelbe überhaupt vor Maaß-
regeln, welche den mittleren und kleineren Bauern Laſten auf-
legen, die ſie nicht wohl tragen können, ſo wird die Theilung des
Grundeigenthums ihren regelmäßigen Gang gehen, und die Bevöl-
kerung muß ſich darnach einrichten. Ebenſo wird der ackerbauende
Theil der Nation auf die Erhaltung größerer Landgüter von ſelbſt
verfallen, wenn es ihr zuträglich erſcheint. Die Feſtſetzung eines
Minimums oder Maximums iſt deßhalb nicht weniger verwerflich,
als Geſetze, welche der einen oder andern Klaſſe den Ankauf oder
Verkauf von Grund und Boden ganz verbieten; denn ſie ſind Ein-
griffe in die Privatrechte ohne Noth und müſſen bald da bald dort
den Privatintereſſen entgegen ſein3).
E. Die Zurundung der Landgüter (Arrondirung). Die
Vortheile der zuſammen in einer Fläche neben einander liegenden
Grundſtücke für den Landwirth ſind anerkannt und leicht einzu-
ſehen, weil die Nachtheile des Gegentheiles klar erſcheinen. Die
Bewirkung einer ſolchen Zuſammenlegung (auch Ackerumſatz,
Schiftung genannt) iſt daher ein ſehr wohlthätiges, aber an ſich,
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 663. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/685>, abgerufen am 24.11.2024.
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