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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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aber nicht ohne völlige Entschädigung des Berechtigten und nicht
mit Zwang auf den Pflichtigen, ausgenommen, wenn derselbe durch
seinen Nichtbeitritt diese nützliche Maaßregel auf einem größeren
Distrikte hinderte. Der Zehnte wird entweder durchschnittlich von
vielen Jahren her seinem Ertrage nach berechnet oder, wenn das
Material dazu fehlt, durch Unpartheiische abgeschätzt; der Rest
nach Abzug der durchschnittlichen oder geschätzten Erhebungskosten,
in Geld geschätzt nach mehrjährigen Durchschnittspreisen, wozu die
Jahre sorgfältig zu wählen sind, bildet, nach der gewöhnlichen
Ansicht, wenn er nach einem gewissen Procente capitalisirt ist, das
Ablösungscapital. Man könnte aber in der Ablösungsrechnung auch
wie beim Handlohne verfahren, indem man den Durchschnitt der
früheren Zehnterträge mit dem dermaligen Werthe der folgenden
unendlichen Reihe von Zehntzahlungen zusammen, als abzutragendes
Capital betrachtete. 3) Die Gülten, d. h. unveränderliche Na-
turalabgaben der verschiedensten Art in kleinen Beiträgen (§. 7.
N. 6. §. 11. N. 5. §. 22. N. 9.). Sie sind unbequem und lästig,
so daß gegen deren Ablösung von beiden Parthien in der Regel
nichts eingewendet wird. Die Ablösung geschieht ungefähr wie
beim Zehnten. 4) Frohnen, entweder Staats- oder gutsherr-
liche Frohnen (Roboten, Schaarwerke), d. h. gemessene oder un-
gemessene Hand- und Spanndienste, zu leisten an den Staat oder
Gutsherrn6). Sie hindern den Bauern in der Benutzung seiner
Zeit zu landwirthschaftlichen Geschäften; sie verursachen ihm schon
deßhalb Schaden; er muß aber auch oft zu ihrer Leistung eigenes
Gespann halten, das er für sein Feld nicht brauchte; er leistet
die Dienste ungern und schlecht, und bedarf beständiger Aufsicht;
die Frohnen sind daher von nationaler Trägheit und schlechter
Landwirthschaft unzertrennlich; sie schaden daher volkswirthschaft-
lich weit mehr, als sie privatwirthschaftlich nützen. Deßhalb ist
ihre Ablösung eine Bedingung der Förderung des Gewerbswesens7).
Zum Behufe derselben zählt man die Frohntage zusammen, schlägt
sie, im Verhältnisse als sie weniger werth sind denn die freien
Dienste (§. 67. N. 1.), unter dem gewöhnlichen Taglohne an, und
zieht davon die schuldige Leistung des Berechtigten, z. B. an Kost
u. dgl. in Geldwerth ab: was sich so ergibt, ist nach einem gewis-
sen Procent zu capitalisiren, um das Ablösungscapital zu finden8).

1) S. §. 432. Spittler, Vorles. über Politik. S. 364 folg. Rau polit.
Oeconom. II. §. 44 folg. Mohl Polizeiwiss. II. 109 folg. v. Jacob P. Gesetz-
gebung. II. S. 476 folg. Dithmar, Polizei des Ackerbaues, Ausg. von Schre-
ber Leipzig 1770. A. Young, polit. Arithmetik. Aus dem Engl. Königsb. 1777.
Frank, System der landw. Polizei. Leipzig 1789-91. III. Bd. Lips, Prin-
zipien der Ackergesetzgebung. Ir Bd. Nürnberg 1811. Bülau, der Staat und der

aber nicht ohne völlige Entſchädigung des Berechtigten und nicht
mit Zwang auf den Pflichtigen, ausgenommen, wenn derſelbe durch
ſeinen Nichtbeitritt dieſe nützliche Maaßregel auf einem größeren
Diſtrikte hinderte. Der Zehnte wird entweder durchſchnittlich von
vielen Jahren her ſeinem Ertrage nach berechnet oder, wenn das
Material dazu fehlt, durch Unpartheiiſche abgeſchätzt; der Reſt
nach Abzug der durchſchnittlichen oder geſchätzten Erhebungskoſten,
in Geld geſchätzt nach mehrjährigen Durchſchnittspreiſen, wozu die
Jahre ſorgfältig zu wählen ſind, bildet, nach der gewöhnlichen
Anſicht, wenn er nach einem gewiſſen Procente capitaliſirt iſt, das
Ablöſungscapital. Man könnte aber in der Ablöſungsrechnung auch
wie beim Handlohne verfahren, indem man den Durchſchnitt der
früheren Zehnterträge mit dem dermaligen Werthe der folgenden
unendlichen Reihe von Zehntzahlungen zuſammen, als abzutragendes
Capital betrachtete. 3) Die Gülten, d. h. unveränderliche Na-
turalabgaben der verſchiedenſten Art in kleinen Beiträgen (§. 7.
N. 6. §. 11. N. 5. §. 22. N. 9.). Sie ſind unbequem und läſtig,
ſo daß gegen deren Ablöſung von beiden Parthien in der Regel
nichts eingewendet wird. Die Ablöſung geſchieht ungefähr wie
beim Zehnten. 4) Frohnen, entweder Staats- oder gutsherr-
liche Frohnen (Roboten, Schaarwerke), d. h. gemeſſene oder un-
gemeſſene Hand- und Spanndienſte, zu leiſten an den Staat oder
Gutsherrn6). Sie hindern den Bauern in der Benutzung ſeiner
Zeit zu landwirthſchaftlichen Geſchäften; ſie verurſachen ihm ſchon
deßhalb Schaden; er muß aber auch oft zu ihrer Leiſtung eigenes
Geſpann halten, das er für ſein Feld nicht brauchte; er leiſtet
die Dienſte ungern und ſchlecht, und bedarf beſtändiger Aufſicht;
die Frohnen ſind daher von nationaler Trägheit und ſchlechter
Landwirthſchaft unzertrennlich; ſie ſchaden daher volkswirthſchaft-
lich weit mehr, als ſie privatwirthſchaftlich nützen. Deßhalb iſt
ihre Ablöſung eine Bedingung der Förderung des Gewerbsweſens7).
Zum Behufe derſelben zählt man die Frohntage zuſammen, ſchlägt
ſie, im Verhältniſſe als ſie weniger werth ſind denn die freien
Dienſte (§. 67. N. 1.), unter dem gewöhnlichen Taglohne an, und
zieht davon die ſchuldige Leiſtung des Berechtigten, z. B. an Koſt
u. dgl. in Geldwerth ab: was ſich ſo ergibt, iſt nach einem gewiſ-
ſen Procent zu capitaliſiren, um das Ablöſungscapital zu finden8).

1) S. §. 432. Spittler, Vorleſ. über Politik. S. 364 folg. Rau polit.
Oeconom. II. §. 44 folg. Mohl Polizeiwiſſ. II. 109 folg. v. Jacob P. Geſetz-
gebung. II. S. 476 folg. Dithmar, Polizei des Ackerbaues, Ausg. von Schre-
ber Leipzig 1770. A. Young, polit. Arithmetik. Aus dem Engl. Königsb. 1777.
Frank, Syſtem der landw. Polizei. Leipzig 1789–91. III. Bd. Lips, Prin-
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[660/0682] aber nicht ohne völlige Entſchädigung des Berechtigten und nicht mit Zwang auf den Pflichtigen, ausgenommen, wenn derſelbe durch ſeinen Nichtbeitritt dieſe nützliche Maaßregel auf einem größeren Diſtrikte hinderte. Der Zehnte wird entweder durchſchnittlich von vielen Jahren her ſeinem Ertrage nach berechnet oder, wenn das Material dazu fehlt, durch Unpartheiiſche abgeſchätzt; der Reſt nach Abzug der durchſchnittlichen oder geſchätzten Erhebungskoſten, in Geld geſchätzt nach mehrjährigen Durchſchnittspreiſen, wozu die Jahre ſorgfältig zu wählen ſind, bildet, nach der gewöhnlichen Anſicht, wenn er nach einem gewiſſen Procente capitaliſirt iſt, das Ablöſungscapital. Man könnte aber in der Ablöſungsrechnung auch wie beim Handlohne verfahren, indem man den Durchſchnitt der früheren Zehnterträge mit dem dermaligen Werthe der folgenden unendlichen Reihe von Zehntzahlungen zuſammen, als abzutragendes Capital betrachtete. 3) Die Gülten, d. h. unveränderliche Na- turalabgaben der verſchiedenſten Art in kleinen Beiträgen (§. 7. N. 6. §. 11. N. 5. §. 22. N. 9.). Sie ſind unbequem und läſtig, ſo daß gegen deren Ablöſung von beiden Parthien in der Regel nichts eingewendet wird. Die Ablöſung geſchieht ungefähr wie beim Zehnten. 4) Frohnen, entweder Staats- oder gutsherr- liche Frohnen (Roboten, Schaarwerke), d. h. gemeſſene oder un- gemeſſene Hand- und Spanndienſte, zu leiſten an den Staat oder Gutsherrn6). Sie hindern den Bauern in der Benutzung ſeiner Zeit zu landwirthſchaftlichen Geſchäften; ſie verurſachen ihm ſchon deßhalb Schaden; er muß aber auch oft zu ihrer Leiſtung eigenes Geſpann halten, das er für ſein Feld nicht brauchte; er leiſtet die Dienſte ungern und ſchlecht, und bedarf beſtändiger Aufſicht; die Frohnen ſind daher von nationaler Trägheit und ſchlechter Landwirthſchaft unzertrennlich; ſie ſchaden daher volkswirthſchaft- lich weit mehr, als ſie privatwirthſchaftlich nützen. Deßhalb iſt ihre Ablöſung eine Bedingung der Förderung des Gewerbsweſens7). Zum Behufe derſelben zählt man die Frohntage zuſammen, ſchlägt ſie, im Verhältniſſe als ſie weniger werth ſind denn die freien Dienſte (§. 67. N. 1.), unter dem gewöhnlichen Taglohne an, und zieht davon die ſchuldige Leiſtung des Berechtigten, z. B. an Koſt u. dgl. in Geldwerth ab: was ſich ſo ergibt, iſt nach einem gewiſ- ſen Procent zu capitaliſiren, um das Ablöſungscapital zu finden8). ¹⁾ S. §. 432. Spittler, Vorleſ. über Politik. S. 364 folg. Rau polit. Oeconom. II. §. 44 folg. Mohl Polizeiwiſſ. II. 109 folg. v. Jacob P. Geſetz- gebung. II. S. 476 folg. Dithmar, Polizei des Ackerbaues, Ausg. von Schre- ber Leipzig 1770. A. Young, polit. Arithmetik. Aus dem Engl. Königsb. 1777. Frank, Syſtem der landw. Polizei. Leipzig 1789–91. III. Bd. Lips, Prin- zipien der Ackergeſetzgebung. Ir Bd. Nürnberg 1811. Bülau, der Staat und der

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 660. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/682>, abgerufen am 24.11.2024.