Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

Bild:
<< vorherige Seite
werden: a) daß durch die Errichtung von Gewerksanstalten, selbst wenn bisher in
der Gegend keines jener Erfordernisse im gehörigen Maaße vorhanden war, sich der
Absatz dahin ziehen und eine Verbesserung der Transportmittel um die andere er-
folgen kann, und zwar um so mehr, je mehr es Andere für angemessen halten,
sich auch daselbst niederzulassen oder mit dem rohen Materiale zum Verkaufe einzu-
finden. Kann nun dergestalt ein heilsamer Zusammenfluß von Händlern und Ge-
werksleuten entstehen, so ist aber ferner immer zu bedenken: b) daß auch eine
Ueberfüllung des Marktes (engl. Overtrading) Statt finden kann, entweder mit
rohem Materiale oder mit fertigen Producten. Im ersten Falle können die Ge-
werksunternehmer durch den sinkenden Preis gewinnen, im zweiten aber verlieren.
In beiden Fällen werden die Händler mit dem rohen Materiale in Nachtheil kom-
men, weil sie im Ersteren an sich einen niedrigen Preis erhalten, im Zweiten aber
der Gefahr ausgesetzt sind, zufolge der Einschränkungen, welche die Gewerksunter-
nehmer im Betriebe eintreten lassen, wenig oder nichts abzusetzen. Beides ist hier
der Erwähnung werth, weil manches rohe Material für ein Gewerk schon das
Product eines andern ist. Für beide Theile sind aber Commissionshändler,
die die Mittelsmänner machen, von Wichtigkeit, indem sie eine Ausgleichung be-
wirken. England und Amerika geben einem Jeden zur Bestätigung dieser Sätze
viele Beispiele. Babbage, über Maschinenwesen S. 232. 239. oder 23tes und
24tes Kapitel.
2) Das Verhältniß zwischen den Arbeitern und Gewerksunternehmern ist, wie
die neuesten Erfahrungen an den Arbeiterunruhen zeigen, außerordentlich wichtig.
Die Meinung der Unternehmer, daß ihr Vortheil sich nicht mit jenem der Arbeiter
vertrage, und die Ansicht der Lezteren, daß jeder Vortheil des Herrn sie beeinträch-
tige, sind beide gleich unrichtig. Denn das natürliche Verhältniß zwischen beiden
ist, daß der Arbeiter im Verhältnisse seiner Arbeit an dem Vortheile, den das
fertige Product gewährt, seinen verhältnißmäßigen Antheil anzusprechen hat. Allein
in der Wirklichkeit ersieht man bald a) daß der dem Arbeiter zukommende selbst
verhältnißmäßige Vortheil (Arbeitslohn) nicht hinreicht, ihn zu erhalten; b) daß
die Herrn den Arbeitern nicht den wirklichen verdienten verhältnißmäßigen Lohn
bezahlen; c) daß die Arbeiter ihrerseits auch von den Brodherrn mehr verlangen,
als diese ihnen schuldig sind oder ohne Nachtheil zu bezahlen vermögen. Der erste
Fall
findet seinen Grund in dem geringen Gewinnste, welchen das Gewerk abwirft
und welcher, da er ein Mißverhältniß zwischen Einnahmen und Ausgaben ist,
sowohl vom zu geringen Absatze und Preise der Producte (Note 1.), als auch von
dem zu hohen Preise des rohen Materials und andern Kosten herrühren kann. Es
erfolgt dann in der Regel die Entlassung einer Anzahl von Arbeitern durch gegen-
seitige Aufkündigung, oder auch nicht selten zufolge anhaltenden Nachsinnens der
Gewerksunternehmer eine technische Verbesserung, welche eine bestimmte Anzahl von
Arbeitern entbehrlich macht. Der zweite Fall ist entweder die Folge einer zu
großen Concurrenz der Arbeiter, die den Arbeitslohn herabdrückt oder anderer
äußerer Zwangsumstände, welche der Brodherr oft unedlerweise benutzt, um den
Lohn zu verringern, in der Voraussicht, daß die Arbeiter sich nicht anders zu helfen
wissen, als indem sie den niedern Lohn sich gefallen lassen. Besonders entstehen
öfters gegenseitige Verbindungen der Unternehmer zu solchen menschen-
feindlichen Absichten. Möchten sie doch von einem so unsittlichen und ungerechten
Beginnen abstehen, weil dasselbe an sich verwerflich und aber auch noch unklug ist,
da der durch die Entrüstung der Arbeiter möglicherweise entstehende Schaden leicht
alle unrechtlich errungenen früheren Vortheile vernichten kann! Der dritte Fall
hat seine Ursache in dem Mißtrauen der niederen Klasse gegen Höhere und Reichere,
in der Noth, welche die armen Arbeiterfamilien oft schrecklich drückt, in dem Stre-
ben, derselben baldigst und reichlichst abzuhelfen, in dem bösen Beispiele, das sie
an anderen Gewerksunternehmern und Arbeitern sehen, und in der Unsittlichkeit,
Lasterhaftigkeit, Einsichtslosigkeit und im Starrsinne einzelner Arbeiter selbst, welche
häufig noch durch schändliche politische Partheien, unter Vorspiegelung der schönsten
Zukunft, angereizt werden. So entstehen auch gegenseitige Verbrüderungen
unter den Arbeitern
, welche oft den Brodherrn, noch öfters aber den Arbeitern
selbst schaden (s. II. Abschnitt dieses Theils). Eine gehörige rechtmäßige duldsame
werden: a) daß durch die Errichtung von Gewerksanſtalten, ſelbſt wenn bisher in
der Gegend keines jener Erforderniſſe im gehörigen Maaße vorhanden war, ſich der
Abſatz dahin ziehen und eine Verbeſſerung der Transportmittel um die andere er-
folgen kann, und zwar um ſo mehr, je mehr es Andere für angemeſſen halten,
ſich auch daſelbſt niederzulaſſen oder mit dem rohen Materiale zum Verkaufe einzu-
finden. Kann nun dergeſtalt ein heilſamer Zuſammenfluß von Händlern und Ge-
werksleuten entſtehen, ſo iſt aber ferner immer zu bedenken: b) daß auch eine
Ueberfüllung des Marktes (engl. Overtrading) Statt finden kann, entweder mit
rohem Materiale oder mit fertigen Producten. Im erſten Falle können die Ge-
werksunternehmer durch den ſinkenden Preis gewinnen, im zweiten aber verlieren.
In beiden Fällen werden die Händler mit dem rohen Materiale in Nachtheil kom-
men, weil ſie im Erſteren an ſich einen niedrigen Preis erhalten, im Zweiten aber
der Gefahr ausgeſetzt ſind, zufolge der Einſchränkungen, welche die Gewerksunter-
nehmer im Betriebe eintreten laſſen, wenig oder nichts abzuſetzen. Beides iſt hier
der Erwähnung werth, weil manches rohe Material für ein Gewerk ſchon das
Product eines andern iſt. Für beide Theile ſind aber Commiſſionshändler,
die die Mittelsmänner machen, von Wichtigkeit, indem ſie eine Ausgleichung be-
wirken. England und Amerika geben einem Jeden zur Beſtätigung dieſer Sätze
viele Beiſpiele. Babbage, über Maſchinenweſen S. 232. 239. oder 23tes und
24tes Kapitel.
2) Das Verhältniß zwiſchen den Arbeitern und Gewerksunternehmern iſt, wie
die neueſten Erfahrungen an den Arbeiterunruhen zeigen, außerordentlich wichtig.
Die Meinung der Unternehmer, daß ihr Vortheil ſich nicht mit jenem der Arbeiter
vertrage, und die Anſicht der Lezteren, daß jeder Vortheil des Herrn ſie beeinträch-
tige, ſind beide gleich unrichtig. Denn das natürliche Verhältniß zwiſchen beiden
iſt, daß der Arbeiter im Verhältniſſe ſeiner Arbeit an dem Vortheile, den das
fertige Product gewährt, ſeinen verhältnißmäßigen Antheil anzuſprechen hat. Allein
in der Wirklichkeit erſieht man bald a) daß der dem Arbeiter zukommende ſelbſt
verhältnißmäßige Vortheil (Arbeitslohn) nicht hinreicht, ihn zu erhalten; b) daß
die Herrn den Arbeitern nicht den wirklichen verdienten verhältnißmäßigen Lohn
bezahlen; c) daß die Arbeiter ihrerſeits auch von den Brodherrn mehr verlangen,
als dieſe ihnen ſchuldig ſind oder ohne Nachtheil zu bezahlen vermögen. Der erſte
Fall
findet ſeinen Grund in dem geringen Gewinnſte, welchen das Gewerk abwirft
und welcher, da er ein Mißverhältniß zwiſchen Einnahmen und Ausgaben iſt,
ſowohl vom zu geringen Abſatze und Preiſe der Producte (Note 1.), als auch von
dem zu hohen Preiſe des rohen Materials und andern Koſten herrühren kann. Es
erfolgt dann in der Regel die Entlaſſung einer Anzahl von Arbeitern durch gegen-
ſeitige Aufkündigung, oder auch nicht ſelten zufolge anhaltenden Nachſinnens der
Gewerksunternehmer eine techniſche Verbeſſerung, welche eine beſtimmte Anzahl von
Arbeitern entbehrlich macht. Der zweite Fall iſt entweder die Folge einer zu
großen Concurrenz der Arbeiter, die den Arbeitslohn herabdrückt oder anderer
äußerer Zwangsumſtände, welche der Brodherr oft unedlerweiſe benutzt, um den
Lohn zu verringern, in der Vorausſicht, daß die Arbeiter ſich nicht anders zu helfen
wiſſen, als indem ſie den niedern Lohn ſich gefallen laſſen. Beſonders entſtehen
öfters gegenſeitige Verbindungen der Unternehmer zu ſolchen menſchen-
feindlichen Abſichten. Möchten ſie doch von einem ſo unſittlichen und ungerechten
Beginnen abſtehen, weil daſſelbe an ſich verwerflich und aber auch noch unklug iſt,
da der durch die Entrüſtung der Arbeiter möglicherweiſe entſtehende Schaden leicht
alle unrechtlich errungenen früheren Vortheile vernichten kann! Der dritte Fall
hat ſeine Urſache in dem Mißtrauen der niederen Klaſſe gegen Höhere und Reichere,
in der Noth, welche die armen Arbeiterfamilien oft ſchrecklich drückt, in dem Stre-
ben, derſelben baldigſt und reichlichſt abzuhelfen, in dem böſen Beiſpiele, das ſie
an anderen Gewerksunternehmern und Arbeitern ſehen, und in der Unſittlichkeit,
Laſterhaftigkeit, Einſichtsloſigkeit und im Starrſinne einzelner Arbeiter ſelbſt, welche
häufig noch durch ſchändliche politiſche Partheien, unter Vorſpiegelung der ſchönſten
Zukunft, angereizt werden. So entſtehen auch gegenſeitige Verbrüderungen
unter den Arbeitern
, welche oft den Brodherrn, noch öfters aber den Arbeitern
ſelbſt ſchaden (ſ. II. Abſchnitt dieſes Theils). Eine gehörige rechtmäßige duldſame
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <note place="end" n="1)"><pb facs="#f0460" n="438"/>
werden: <hi rendition="#aq">a)</hi> daß durch die Errichtung von Gewerksan&#x017F;talten, &#x017F;elb&#x017F;t wenn bisher in<lb/>
der Gegend keines jener Erforderni&#x017F;&#x017F;e im gehörigen Maaße vorhanden war, &#x017F;ich der<lb/>
Ab&#x017F;atz dahin ziehen und eine Verbe&#x017F;&#x017F;erung der Transportmittel um die andere er-<lb/>
folgen kann, und zwar um &#x017F;o mehr, je mehr es Andere für angeme&#x017F;&#x017F;en halten,<lb/>
&#x017F;ich auch da&#x017F;elb&#x017F;t niederzula&#x017F;&#x017F;en oder mit dem rohen Materiale zum Verkaufe einzu-<lb/>
finden. Kann nun derge&#x017F;talt ein heil&#x017F;amer Zu&#x017F;ammenfluß von Händlern und Ge-<lb/>
werksleuten ent&#x017F;tehen, &#x017F;o i&#x017F;t aber ferner immer zu bedenken: <hi rendition="#aq">b)</hi> daß auch eine<lb/>
Ueberfüllung des Marktes (engl. <hi rendition="#aq">Overtrading</hi>) Statt finden kann, entweder mit<lb/>
rohem Materiale oder mit fertigen Producten. Im er&#x017F;ten Falle können die Ge-<lb/>
werksunternehmer durch den &#x017F;inkenden Preis gewinnen, im zweiten aber verlieren.<lb/>
In beiden Fällen werden die Händler mit dem rohen Materiale in Nachtheil kom-<lb/>
men, weil &#x017F;ie im Er&#x017F;teren an &#x017F;ich einen niedrigen Preis erhalten, im Zweiten aber<lb/>
der Gefahr ausge&#x017F;etzt &#x017F;ind, zufolge der Ein&#x017F;chränkungen, welche die Gewerksunter-<lb/>
nehmer im Betriebe eintreten la&#x017F;&#x017F;en, wenig oder nichts abzu&#x017F;etzen. Beides i&#x017F;t hier<lb/>
der Erwähnung werth, weil manches rohe Material für <hi rendition="#g">ein</hi> Gewerk &#x017F;chon das<lb/>
Product eines andern i&#x017F;t. Für beide Theile &#x017F;ind aber <hi rendition="#g">Commi&#x017F;&#x017F;ionshändler</hi>,<lb/>
die die Mittelsmänner machen, von Wichtigkeit, indem &#x017F;ie eine Ausgleichung be-<lb/>
wirken. England und Amerika geben einem Jeden zur Be&#x017F;tätigung die&#x017F;er Sätze<lb/>
viele Bei&#x017F;piele. <hi rendition="#g">Babbage</hi>, über Ma&#x017F;chinenwe&#x017F;en S. 232. 239. oder 23tes und<lb/>
24tes Kapitel.</note><lb/>
                    <note place="end" n="2)">Das Verhältniß zwi&#x017F;chen den Arbeitern und Gewerksunternehmern i&#x017F;t, wie<lb/>
die neue&#x017F;ten Erfahrungen an den Arbeiterunruhen zeigen, außerordentlich wichtig.<lb/>
Die Meinung der Unternehmer, daß ihr Vortheil &#x017F;ich nicht mit jenem der Arbeiter<lb/>
vertrage, und die An&#x017F;icht der Lezteren, daß jeder Vortheil des Herrn &#x017F;ie beeinträch-<lb/>
tige, &#x017F;ind beide gleich unrichtig. Denn das natürliche Verhältniß zwi&#x017F;chen beiden<lb/>
i&#x017F;t, daß der Arbeiter im Verhältni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;einer Arbeit an dem Vortheile, den das<lb/>
fertige Product gewährt, &#x017F;einen verhältnißmäßigen Antheil anzu&#x017F;prechen hat. Allein<lb/>
in der Wirklichkeit er&#x017F;ieht man bald <hi rendition="#aq">a)</hi> daß der dem Arbeiter zukommende &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
verhältnißmäßige Vortheil (Arbeitslohn) nicht hinreicht, ihn zu erhalten; <hi rendition="#aq">b)</hi> daß<lb/>
die Herrn den Arbeitern nicht den wirklichen verdienten verhältnißmäßigen Lohn<lb/>
bezahlen; <hi rendition="#aq">c)</hi> daß die Arbeiter ihrer&#x017F;eits auch von den Brodherrn mehr verlangen,<lb/>
als die&#x017F;e ihnen &#x017F;chuldig &#x017F;ind oder ohne Nachtheil zu bezahlen vermögen. Der <hi rendition="#g">er&#x017F;te<lb/>
Fall</hi> findet &#x017F;einen Grund in dem geringen Gewinn&#x017F;te, welchen das Gewerk abwirft<lb/>
und welcher, da er ein Mißverhältniß zwi&#x017F;chen Einnahmen und Ausgaben i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;owohl vom zu geringen Ab&#x017F;atze und Prei&#x017F;e der Producte (Note 1.), als auch von<lb/>
dem zu hohen Prei&#x017F;e des rohen Materials und andern Ko&#x017F;ten herrühren kann. Es<lb/>
erfolgt dann in der Regel die Entla&#x017F;&#x017F;ung einer Anzahl von Arbeitern durch gegen-<lb/>
&#x017F;eitige Aufkündigung, oder auch nicht &#x017F;elten zufolge anhaltenden Nach&#x017F;innens der<lb/>
Gewerksunternehmer eine techni&#x017F;che Verbe&#x017F;&#x017F;erung, welche eine be&#x017F;timmte Anzahl von<lb/>
Arbeitern entbehrlich macht. Der <hi rendition="#g">zweite Fall</hi> i&#x017F;t entweder die Folge einer zu<lb/>
großen Concurrenz der Arbeiter, die den Arbeitslohn herabdrückt oder anderer<lb/>
äußerer Zwangsum&#x017F;tände, welche der Brodherr oft unedlerwei&#x017F;e benutzt, um den<lb/>
Lohn zu verringern, in der Voraus&#x017F;icht, daß die Arbeiter &#x017F;ich nicht anders zu helfen<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, als indem &#x017F;ie den niedern Lohn &#x017F;ich gefallen la&#x017F;&#x017F;en. Be&#x017F;onders ent&#x017F;tehen<lb/>
öfters gegen&#x017F;eitige <hi rendition="#g">Verbindungen der Unternehmer</hi> zu &#x017F;olchen men&#x017F;chen-<lb/>
feindlichen Ab&#x017F;ichten. Möchten &#x017F;ie doch von einem &#x017F;o un&#x017F;ittlichen und ungerechten<lb/>
Beginnen ab&#x017F;tehen, weil da&#x017F;&#x017F;elbe an &#x017F;ich verwerflich und aber auch noch unklug i&#x017F;t,<lb/>
da der durch die Entrü&#x017F;tung der Arbeiter möglicherwei&#x017F;e ent&#x017F;tehende Schaden leicht<lb/>
alle unrechtlich errungenen früheren Vortheile vernichten kann! Der <hi rendition="#g">dritte Fall</hi><lb/>
hat &#x017F;eine Ur&#x017F;ache in dem Mißtrauen der niederen Kla&#x017F;&#x017F;e gegen Höhere und Reichere,<lb/>
in der Noth, welche die armen Arbeiterfamilien oft &#x017F;chrecklich drückt, in dem Stre-<lb/>
ben, der&#x017F;elben baldig&#x017F;t und reichlich&#x017F;t abzuhelfen, in dem bö&#x017F;en Bei&#x017F;piele, das &#x017F;ie<lb/>
an anderen Gewerksunternehmern und Arbeitern &#x017F;ehen, und in der Un&#x017F;ittlichkeit,<lb/>
La&#x017F;terhaftigkeit, Ein&#x017F;ichtslo&#x017F;igkeit und im Starr&#x017F;inne einzelner Arbeiter &#x017F;elb&#x017F;t, welche<lb/>
häufig noch durch &#x017F;chändliche politi&#x017F;che Partheien, unter Vor&#x017F;piegelung der &#x017F;chön&#x017F;ten<lb/>
Zukunft, angereizt werden. So ent&#x017F;tehen auch gegen&#x017F;eitige <hi rendition="#g">Verbrüderungen<lb/>
unter den Arbeitern</hi>, welche oft den Brodherrn, noch öfters aber den Arbeitern<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;chaden (&#x017F;. II. Ab&#x017F;chnitt die&#x017F;es Theils). Eine gehörige rechtmäßige duld&#x017F;ame<lb/></note>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[438/0460] ¹⁾ werden: a) daß durch die Errichtung von Gewerksanſtalten, ſelbſt wenn bisher in der Gegend keines jener Erforderniſſe im gehörigen Maaße vorhanden war, ſich der Abſatz dahin ziehen und eine Verbeſſerung der Transportmittel um die andere er- folgen kann, und zwar um ſo mehr, je mehr es Andere für angemeſſen halten, ſich auch daſelbſt niederzulaſſen oder mit dem rohen Materiale zum Verkaufe einzu- finden. Kann nun dergeſtalt ein heilſamer Zuſammenfluß von Händlern und Ge- werksleuten entſtehen, ſo iſt aber ferner immer zu bedenken: b) daß auch eine Ueberfüllung des Marktes (engl. Overtrading) Statt finden kann, entweder mit rohem Materiale oder mit fertigen Producten. Im erſten Falle können die Ge- werksunternehmer durch den ſinkenden Preis gewinnen, im zweiten aber verlieren. In beiden Fällen werden die Händler mit dem rohen Materiale in Nachtheil kom- men, weil ſie im Erſteren an ſich einen niedrigen Preis erhalten, im Zweiten aber der Gefahr ausgeſetzt ſind, zufolge der Einſchränkungen, welche die Gewerksunter- nehmer im Betriebe eintreten laſſen, wenig oder nichts abzuſetzen. Beides iſt hier der Erwähnung werth, weil manches rohe Material für ein Gewerk ſchon das Product eines andern iſt. Für beide Theile ſind aber Commiſſionshändler, die die Mittelsmänner machen, von Wichtigkeit, indem ſie eine Ausgleichung be- wirken. England und Amerika geben einem Jeden zur Beſtätigung dieſer Sätze viele Beiſpiele. Babbage, über Maſchinenweſen S. 232. 239. oder 23tes und 24tes Kapitel. ²⁾ Das Verhältniß zwiſchen den Arbeitern und Gewerksunternehmern iſt, wie die neueſten Erfahrungen an den Arbeiterunruhen zeigen, außerordentlich wichtig. Die Meinung der Unternehmer, daß ihr Vortheil ſich nicht mit jenem der Arbeiter vertrage, und die Anſicht der Lezteren, daß jeder Vortheil des Herrn ſie beeinträch- tige, ſind beide gleich unrichtig. Denn das natürliche Verhältniß zwiſchen beiden iſt, daß der Arbeiter im Verhältniſſe ſeiner Arbeit an dem Vortheile, den das fertige Product gewährt, ſeinen verhältnißmäßigen Antheil anzuſprechen hat. Allein in der Wirklichkeit erſieht man bald a) daß der dem Arbeiter zukommende ſelbſt verhältnißmäßige Vortheil (Arbeitslohn) nicht hinreicht, ihn zu erhalten; b) daß die Herrn den Arbeitern nicht den wirklichen verdienten verhältnißmäßigen Lohn bezahlen; c) daß die Arbeiter ihrerſeits auch von den Brodherrn mehr verlangen, als dieſe ihnen ſchuldig ſind oder ohne Nachtheil zu bezahlen vermögen. Der erſte Fall findet ſeinen Grund in dem geringen Gewinnſte, welchen das Gewerk abwirft und welcher, da er ein Mißverhältniß zwiſchen Einnahmen und Ausgaben iſt, ſowohl vom zu geringen Abſatze und Preiſe der Producte (Note 1.), als auch von dem zu hohen Preiſe des rohen Materials und andern Koſten herrühren kann. Es erfolgt dann in der Regel die Entlaſſung einer Anzahl von Arbeitern durch gegen- ſeitige Aufkündigung, oder auch nicht ſelten zufolge anhaltenden Nachſinnens der Gewerksunternehmer eine techniſche Verbeſſerung, welche eine beſtimmte Anzahl von Arbeitern entbehrlich macht. Der zweite Fall iſt entweder die Folge einer zu großen Concurrenz der Arbeiter, die den Arbeitslohn herabdrückt oder anderer äußerer Zwangsumſtände, welche der Brodherr oft unedlerweiſe benutzt, um den Lohn zu verringern, in der Vorausſicht, daß die Arbeiter ſich nicht anders zu helfen wiſſen, als indem ſie den niedern Lohn ſich gefallen laſſen. Beſonders entſtehen öfters gegenſeitige Verbindungen der Unternehmer zu ſolchen menſchen- feindlichen Abſichten. Möchten ſie doch von einem ſo unſittlichen und ungerechten Beginnen abſtehen, weil daſſelbe an ſich verwerflich und aber auch noch unklug iſt, da der durch die Entrüſtung der Arbeiter möglicherweiſe entſtehende Schaden leicht alle unrechtlich errungenen früheren Vortheile vernichten kann! Der dritte Fall hat ſeine Urſache in dem Mißtrauen der niederen Klaſſe gegen Höhere und Reichere, in der Noth, welche die armen Arbeiterfamilien oft ſchrecklich drückt, in dem Stre- ben, derſelben baldigſt und reichlichſt abzuhelfen, in dem böſen Beiſpiele, das ſie an anderen Gewerksunternehmern und Arbeitern ſehen, und in der Unſittlichkeit, Laſterhaftigkeit, Einſichtsloſigkeit und im Starrſinne einzelner Arbeiter ſelbſt, welche häufig noch durch ſchändliche politiſche Partheien, unter Vorſpiegelung der ſchönſten Zukunft, angereizt werden. So entſtehen auch gegenſeitige Verbrüderungen unter den Arbeitern, welche oft den Brodherrn, noch öfters aber den Arbeitern ſelbſt ſchaden (ſ. II. Abſchnitt dieſes Theils). Eine gehörige rechtmäßige duldſame

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/460
Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/460>, abgerufen am 18.12.2024.