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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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tierung eines subjektiven Vorganges ist, eben der Erscheinung der das pba_721.002
richtig bestimmte Gefühl begleitenden qualitativ höchsten Freude.

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Dieser rein subjektive Vorgang ist aber unauflöslich an pba_721.004
die rein objektive Beschaffenheit der ihn hervorbringenden pba_721.005
Erscheinung gebunden.
Nach dem Sprachgebrauch kommt das pba_721.006
Prädikat der Schönheit gerade der objektiven Beschaffenheit der pba_721.007
Dinge oder Handlungen zu, welche vermögend sind, jenen subjektiven pba_721.008
Vorgang hervorzubringen.

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Damit er zustande komme, ist erforderlich, daß die Ästhesis, pba_721.010
die Auffassungskraft durch die Sinne (die Kant die Einbildungskraft pba_721.011
nennt), die vorzüglichste sei und an dem am vorzüglichsten für pba_721.012
die Erregung des richtig bestimmten Gefühls geeigneten pba_721.013
Gegenstande ausgeübt werde.

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Zwischen beiden besteht aber ein Verhältnis der Wechselwirkung. pba_721.015
Freilich werden die Empfindungsvorgänge zuerst durch das allein erregt, pba_721.016
was die Ästhesis der Seele von den Erscheinungen und Vorgängen vermittelt. pba_721.017
Nun aber existieren sie als selbständige Bewegungen und erhalten pba_721.018
durch den Verkehr mit dem Logos und dem Nous, der unausgesetzt pba_721.019
ihnen offen steht, eine ganz veränderte Natur, ohne daß sie doch pba_721.020
ihre ursprüngliche und engste Verbindung mit der Ästhesis jemals aufzugeben pba_721.021
imstande wären. Aber statt daß sie früher der Ästhesis unterthan pba_721.022
waren und sich nicht zu bewegen vermochten, außer auf deren pba_721.023
Veranlassung, nehmen sie umgekehrt diese jetzt in ihren Dienst und weisen pba_721.024
sie an, setzen sie auch in den Stand dazu, dasjenige an den Dingen und pba_721.025
Vorgängen aufzufinden und zusammenzufassen, was ihrem eigenen höheren pba_721.026
Bedürfnis entspricht, ja sie vermögen zuletzt der die "Ästheseis" (Wahrnehmungen) pba_721.027
festhaltenden Einbildungskraft den Auftrag zu geben, Dinge pba_721.028
und Vorgänge so hervorzubringen, wie dieselben von ihnen verlangt pba_721.029
werden. Der in seinem Empfinden veredelte Mensch sieht die Dinge und pba_721.030
Vorgänge anders, er weiß mehr darin zu entdecken, sie in anderer Weise pba_721.031
zu verbinden, als er zuvor es vermochte; wir fassen die Ursache in die pba_721.032
Bezeichnung der Wirkung zusammen und nennen ihn "ästhetisch gebildet". pba_721.033
Der ästhetisch Höchstgebildete vermag aus der wirklichen pba_721.034
Welt eine zweite zu schaffen, die seinem veredelten pba_721.035
Empfinden entspricht: er ist der Künstler, der das Schöne pba_721.036
bildet.

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Hier wäre also die, von Kant geforderte, aber nicht erwiesene, pba_721.038
Zusammenstimmung der Einbildungskraft mit den
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a priori geltenden Prinzipien des Verstandes und der Vernunft, pba_721.040
ohne daß Begriffe dabei ins Spiel kämen.

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tierung eines subjektiven Vorganges ist, eben der Erscheinung der das pba_721.002
richtig bestimmte Gefühl begleitenden qualitativ höchsten Freude.

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Dieser rein subjektive Vorgang ist aber unauflöslich an pba_721.004
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Erscheinung gebunden.
Nach dem Sprachgebrauch kommt das pba_721.006
Prädikat der Schönheit gerade der objektiven Beschaffenheit der pba_721.007
Dinge oder Handlungen zu, welche vermögend sind, jenen subjektiven pba_721.008
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Damit er zustande komme, ist erforderlich, daß die Ästhesis, pba_721.010
die Auffassungskraft durch die Sinne (die Kant die Einbildungskraft pba_721.011
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Zwischen beiden besteht aber ein Verhältnis der Wechselwirkung. pba_721.015
Freilich werden die Empfindungsvorgänge zuerst durch das allein erregt, pba_721.016
was die Ästhesis der Seele von den Erscheinungen und Vorgängen vermittelt. pba_721.017
Nun aber existieren sie als selbständige Bewegungen und erhalten pba_721.018
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imstande wären. Aber statt daß sie früher der Ästhesis unterthan pba_721.022
waren und sich nicht zu bewegen vermochten, außer auf deren pba_721.023
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Bedürfnis entspricht, ja sie vermögen zuletzt der die „Ästheseis“ (Wahrnehmungen) pba_721.027
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zu verbinden, als er zuvor es vermochte; wir fassen die Ursache in die pba_721.032
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Der ästhetisch Höchstgebildete vermag aus der wirklichen pba_721.034
Welt eine zweite zu schaffen, die seinem veredelten pba_721.035
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Hier wäre also die, von Kant geforderte, aber nicht erwiesene, pba_721.038
Zusammenstimmung der Einbildungskraft mit den
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[721/0739] pba_721.001 tierung eines subjektiven Vorganges ist, eben der Erscheinung der das pba_721.002 richtig bestimmte Gefühl begleitenden qualitativ höchsten Freude. pba_721.003 Dieser rein subjektive Vorgang ist aber unauflöslich an pba_721.004 die rein objektive Beschaffenheit der ihn hervorbringenden pba_721.005 Erscheinung gebunden. Nach dem Sprachgebrauch kommt das pba_721.006 Prädikat der Schönheit gerade der objektiven Beschaffenheit der pba_721.007 Dinge oder Handlungen zu, welche vermögend sind, jenen subjektiven pba_721.008 Vorgang hervorzubringen. pba_721.009 Damit er zustande komme, ist erforderlich, daß die Ästhesis, pba_721.010 die Auffassungskraft durch die Sinne (die Kant die Einbildungskraft pba_721.011 nennt), die vorzüglichste sei und an dem am vorzüglichsten für pba_721.012 die Erregung des richtig bestimmten Gefühls geeigneten pba_721.013 Gegenstande ausgeübt werde. pba_721.014 Zwischen beiden besteht aber ein Verhältnis der Wechselwirkung. pba_721.015 Freilich werden die Empfindungsvorgänge zuerst durch das allein erregt, pba_721.016 was die Ästhesis der Seele von den Erscheinungen und Vorgängen vermittelt. pba_721.017 Nun aber existieren sie als selbständige Bewegungen und erhalten pba_721.018 durch den Verkehr mit dem Logos und dem Nous, der unausgesetzt pba_721.019 ihnen offen steht, eine ganz veränderte Natur, ohne daß sie doch pba_721.020 ihre ursprüngliche und engste Verbindung mit der Ästhesis jemals aufzugeben pba_721.021 imstande wären. Aber statt daß sie früher der Ästhesis unterthan pba_721.022 waren und sich nicht zu bewegen vermochten, außer auf deren pba_721.023 Veranlassung, nehmen sie umgekehrt diese jetzt in ihren Dienst und weisen pba_721.024 sie an, setzen sie auch in den Stand dazu, dasjenige an den Dingen und pba_721.025 Vorgängen aufzufinden und zusammenzufassen, was ihrem eigenen höheren pba_721.026 Bedürfnis entspricht, ja sie vermögen zuletzt der die „Ästheseis“ (Wahrnehmungen) pba_721.027 festhaltenden Einbildungskraft den Auftrag zu geben, Dinge pba_721.028 und Vorgänge so hervorzubringen, wie dieselben von ihnen verlangt pba_721.029 werden. Der in seinem Empfinden veredelte Mensch sieht die Dinge und pba_721.030 Vorgänge anders, er weiß mehr darin zu entdecken, sie in anderer Weise pba_721.031 zu verbinden, als er zuvor es vermochte; wir fassen die Ursache in die pba_721.032 Bezeichnung der Wirkung zusammen und nennen ihn „ästhetisch gebildet“. pba_721.033 Der ästhetisch Höchstgebildete vermag aus der wirklichen pba_721.034 Welt eine zweite zu schaffen, die seinem veredelten pba_721.035 Empfinden entspricht: er ist der Künstler, der das Schöne pba_721.036 bildet. pba_721.037 Hier wäre also die, von Kant geforderte, aber nicht erwiesene, pba_721.038 Zusammenstimmung der Einbildungskraft mit den pba_721.039 a priori geltenden Prinzipien des Verstandes und der Vernunft, pba_721.040 ohne daß Begriffe dabei ins Spiel kämen.

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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 721. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/739>, abgerufen am 22.11.2024.