pba_666.001 Zeugnisses für die Echtheit auch des sich daran schließenden zweiten pba_666.002 Paragraphen, der die Definition der Komödie uns überliefert.
pba_666.003 J. Bernays hat es durch sein kategorisches Verwerfungsurteil verschuldet, pba_666.004 daß seitdem niemand es der Mühe wert gehalten hat diesen pba_666.005 Schatz zu heben, den er für einen "Kohlenschatz" erklärt, "eine jämmerlich pba_666.006 ungeschickte Travestie der aristotelischen Definition der Tragödie, obendrein pba_666.007 durch Lücken verstümmelt und durch Fehler verwirrt." Die "Lücken pba_666.008 und Fehler" finden sich bekanntlich in unserer Überlieferung der echten pba_666.009 aristotelischen Poetik nicht minder zahlreich; wären sie dort nur überall pba_666.010 ebenso leicht auszufüllen und zu verbessern, wie es hier glücklicherweise pba_666.011 der Fall ist. Diese Korrekturen liegen so auf der Hand, daß sie in der pba_666.012 Hauptsache nicht einmal eines Wortes der Begründung bedürfen. Sie pba_666.013 sind im folgenden durch stärkeren Druck ausgezeichnet, während die Lesart pba_666.014 der Handschrift in Klammern hinzugefügt ist:
pba_666.015 Komodia esti mimesis praxeos geloias (-ou) kai amoirou pba_666.016 megethous, teleias (-ou), edusmeno logo (fehlt), khoris ekas t o pba_666.017 (-ou) ton morion (en) tois eidesi, droton (-os) kai ou (fehlt) di pba_666.018 apaggelias (e-), di edoneskai gelotos perainousa ten ton toiouton pba_666.019 pathematon katharsin.
pba_666.020 Also: "Die Komödie ist die Nachahmung einer lächerlichen pba_666.021 und Größe nicht beanspruchenden, vollständigen Handlung, pba_666.022 in kunstmäßig erhöhtem Ausdruck, in für jeden ihrer Teile pba_666.023 verschiedener Verwendung der Arten desselben, durch Aktion pba_666.024 und nicht durch Erzählung, welche Wohlgefallen und Lachen pba_666.025 erregt und durch beide die ihnen entsprechenden Empfindungsäußerungen pba_666.026 zu klären die Kraft hat."
pba_666.027 Für J. Bernays genügen die folgenden wenigen Worte um diese pba_666.028 fest geschlossene Definition, die sogar eine sehr wertvolle Berichtigungpba_666.029 des uns überlieferten Textes der aristotelischen Definition der Tragödie pba_666.030 bietet, kurzer Hand abzuthun: "Jedermann muß sehen, daß gelos, eine pba_666.031 Unterart der edone, nicht mit dieser auf gleiche Linie kann gestellt pba_666.032 werden, daß edone auch der Tragödie zukommt, also keine unterscheidende pba_666.033 Eigentümlichkeit der Komödie abgibt, daß endlich edone nie pba_666.034 und nimmer ein pathema zu nennen ist -- kurz das ganze Machwerk pba_666.035 beweist nur, daß der Verfertiger desselben in seinem Exemplar der pba_666.036 Poetik ebensowenig wie wir in dem unsrigen eine Definition der Komödie pba_666.037 vorfand. Die zum Ersatz des Mangels gefertigte verrät durchweg pba_666.038 so wenig Sinn, daß es unnütz wäre viel zu forschen, was wohl mit pba_666.039 dem völlig sinnlosen und offenbar verschriebenen kai amoirou könne pba_666.040 gemeint sein." Jn jedem Wort ein Beweis, daß Bernays durch nichts
pba_666.001 Zeugnisses für die Echtheit auch des sich daran schließenden zweiten pba_666.002 Paragraphen, der die Definition der Komödie uns überliefert.
pba_666.003 J. Bernays hat es durch sein kategorisches Verwerfungsurteil verschuldet, pba_666.004 daß seitdem niemand es der Mühe wert gehalten hat diesen pba_666.005 Schatz zu heben, den er für einen „Kohlenschatz“ erklärt, „eine jämmerlich pba_666.006 ungeschickte Travestie der aristotelischen Definition der Tragödie, obendrein pba_666.007 durch Lücken verstümmelt und durch Fehler verwirrt.“ Die „Lücken pba_666.008 und Fehler“ finden sich bekanntlich in unserer Überlieferung der echten pba_666.009 aristotelischen Poetik nicht minder zahlreich; wären sie dort nur überall pba_666.010 ebenso leicht auszufüllen und zu verbessern, wie es hier glücklicherweise pba_666.011 der Fall ist. Diese Korrekturen liegen so auf der Hand, daß sie in der pba_666.012 Hauptsache nicht einmal eines Wortes der Begründung bedürfen. Sie pba_666.013 sind im folgenden durch stärkeren Druck ausgezeichnet, während die Lesart pba_666.014 der Handschrift in Klammern hinzugefügt ist:
pba_666.020 Also: „Die Komödie ist die Nachahmung einer lächerlichen pba_666.021 und Größe nicht beanspruchenden, vollständigen Handlung, pba_666.022 in kunstmäßig erhöhtem Ausdruck, in für jeden ihrer Teile pba_666.023 verschiedener Verwendung der Arten desselben, durch Aktion pba_666.024 und nicht durch Erzählung, welche Wohlgefallen und Lachen pba_666.025 erregt und durch beide die ihnen entsprechenden Empfindungsäußerungen pba_666.026 zu klären die Kraft hat.“
pba_666.027 Für J. Bernays genügen die folgenden wenigen Worte um diese pba_666.028 fest geschlossene Definition, die sogar eine sehr wertvolle Berichtigungpba_666.029 des uns überlieferten Textes der aristotelischen Definition der Tragödie pba_666.030 bietet, kurzer Hand abzuthun: „Jedermann muß sehen, daß γέλως, eine pba_666.031 Unterart der ἡδονή, nicht mit dieser auf gleiche Linie kann gestellt pba_666.032 werden, daß ἡδονή auch der Tragödie zukommt, also keine unterscheidende pba_666.033 Eigentümlichkeit der Komödie abgibt, daß endlich ἡδονή nie pba_666.034 und nimmer ein πάθημα zu nennen ist — kurz das ganze Machwerk pba_666.035 beweist nur, daß der Verfertiger desselben in seinem Exemplar der pba_666.036 Poetik ebensowenig wie wir in dem unsrigen eine Definition der Komödie pba_666.037 vorfand. Die zum Ersatz des Mangels gefertigte verrät durchweg pba_666.038 so wenig Sinn, daß es unnütz wäre viel zu forschen, was wohl mit pba_666.039 dem völlig sinnlosen und offenbar verschriebenen καὶ ἀμοίρου könne pba_666.040 gemeint sein.“ Jn jedem Wort ein Beweis, daß Bernays durch nichts
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pba_666.001
Zeugnisses für die Echtheit auch des sich daran schließenden zweiten pba_666.002
Paragraphen, der die Definition der Komödie uns überliefert.
pba_666.003
J. Bernays hat es durch sein kategorisches Verwerfungsurteil verschuldet, pba_666.004
daß seitdem niemand es der Mühe wert gehalten hat diesen pba_666.005
Schatz zu heben, den er für einen „Kohlenschatz“ erklärt, „eine jämmerlich pba_666.006
ungeschickte Travestie der aristotelischen Definition der Tragödie, obendrein pba_666.007
durch Lücken verstümmelt und durch Fehler verwirrt.“ Die „Lücken pba_666.008
und Fehler“ finden sich bekanntlich in unserer Überlieferung der echten pba_666.009
aristotelischen Poetik nicht minder zahlreich; wären sie dort nur überall pba_666.010
ebenso leicht auszufüllen und zu verbessern, wie es hier glücklicherweise pba_666.011
der Fall ist. Diese Korrekturen liegen so auf der Hand, daß sie in der pba_666.012
Hauptsache nicht einmal eines Wortes der Begründung bedürfen. Sie pba_666.013
sind im folgenden durch stärkeren Druck ausgezeichnet, während die Lesart pba_666.014
der Handschrift in Klammern hinzugefügt ist:
pba_666.015
Κωμῳδία ἐστὶ μίμησις πράξεως γελοίας (-ου) καὶ ἀμοίρου pba_666.016
μεγέθους, τελείας (-ου), ἡδυσμένῳ λόγῳ (fehlt), χωρὶς ἑκάσ τ ῳ pba_666.017
(-ου) τῶν μορίων (ἐν) τοῖς εἰδεσι, δρώτων (-ος) καὶ οὐ (fehlt) δἰ pba_666.018
ἀπαγγελίας (ἐ-), δἰ ἡδονῆςκαὶ γέλωτος περαίνουσα τὴν τῶν τοιούτων pba_666.019
παθημάτων κάθαρσιν.
pba_666.020
Also: „Die Komödie ist die Nachahmung einer lächerlichen pba_666.021
und Größe nicht beanspruchenden, vollständigen Handlung, pba_666.022
in kunstmäßig erhöhtem Ausdruck, in für jeden ihrer Teile pba_666.023
verschiedener Verwendung der Arten desselben, durch Aktion pba_666.024
und nicht durch Erzählung, welche Wohlgefallen und Lachen pba_666.025
erregt und durch beide die ihnen entsprechenden Empfindungsäußerungen pba_666.026
zu klären die Kraft hat.“
pba_666.027
Für J. Bernays genügen die folgenden wenigen Worte um diese pba_666.028
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des uns überlieferten Textes der aristotelischen Definition der Tragödie pba_666.030
bietet, kurzer Hand abzuthun: „Jedermann muß sehen, daß γέλως, eine pba_666.031
Unterart der ἡδονή, nicht mit dieser auf gleiche Linie kann gestellt pba_666.032
werden, daß ἡδονή auch der Tragödie zukommt, also keine unterscheidende pba_666.033
Eigentümlichkeit der Komödie abgibt, daß endlich ἡδονή nie pba_666.034
und nimmer ein πάθημα zu nennen ist — kurz das ganze Machwerk pba_666.035
beweist nur, daß der Verfertiger desselben in seinem Exemplar der pba_666.036
Poetik ebensowenig wie wir in dem unsrigen eine Definition der Komödie pba_666.037
vorfand. Die zum Ersatz des Mangels gefertigte verrät durchweg pba_666.038
so wenig Sinn, daß es unnütz wäre viel zu forschen, was wohl mit pba_666.039
dem völlig sinnlosen und offenbar verschriebenen καὶ ἀμοίρου könne pba_666.040
gemeint sein.“ Jn jedem Wort ein Beweis, daß Bernays durch nichts
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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 666. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/684>, abgerufen am 22.11.2024.
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