Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.
pba_571.001 pba_571.004 1 pba_571.033 S. V. 259 ff.: pba_571.034 oukh oras oti pba_571.035 emartes; os d' emartes out' emoi legein pba_571.036 kath' edonen soi t' algos; alla tauta men, pba_571.037 methomen, athlou d' eklusin zetei tina. 2 pba_571.038
S. V. 265 ff.: pba_571.039 ego de tauth' apant' epistamen. pba_571.040 ekon ekon emarton, ouk arnesomai.
pba_571.001 pba_571.004 1 pba_571.033 S. V. 259 ff.: pba_571.034 οὐχ ὁρᾷς ὅτι pba_571.035 ἥμαρτες; ὡς δ' ἤμαρτες οὔτ' ἐμοὶ λέγειν pba_571.036 καθ' ἡδονὴν σοί τ' ἄλγος· ἀλλὰ ταῦτα μὲν, pba_571.037 μεθῶμεν, ἄθλου δ' ἔκλυσιν ζήτει τινα. 2 pba_571.038
S. V. 265 ff.: pba_571.039 ἐγὼ δὲ ταῦθ' ἅπαντ' ἠπιστάμην. pba_571.040 ἑκὼν ἑκὼν ἥμαρτον, οὐκ ἀρνήσομαι. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p> <hi rendition="#g"><pb facs="#f0589" n="571"/><lb n="pba_571.001"/> worbene Geschicklichkeit sein Vertrauen stellt, als ob er <lb n="pba_571.002"/> im Besitz der göttlichen Gabe der Götter nun nicht weiter <lb n="pba_571.003"/> bedürfe: der Hybris.</hi> </p> <p><lb n="pba_571.004"/> Was aber bei den Menschen Hybris wäre, ist bei den Göttern <lb n="pba_571.005"/> Empörung; deswegen ist Prometheus dem Kratos verhaßt als: <foreign xml:lang="grc">ὁ θεοῖς</foreign> <lb n="pba_571.006"/> <foreign xml:lang="grc">ἔχθιστος θεός</foreign> „der den Göttern feindlichste Gott!“ Deswegen ändert <lb n="pba_571.007"/> sich auch die Stimmung des Chors sofort, als er dies vernommen: <lb n="pba_571.008"/> „Siehst du nicht, Daß du <hi rendition="#g">gefehlt hast? Wie du fehltest,</hi> das zu <lb n="pba_571.009"/> sagen ist Mir keine Freude, dir ein Schmerz. So schweigen wir Davon; <lb n="pba_571.010"/> Du aber sinne auf Lösung deiner Qual“.<note xml:id="pba_571_1" place="foot" n="1"><lb n="pba_571.033"/> S. V. 259 ff.: <lb n="pba_571.034"/> <lg><l><foreign xml:lang="grc">οὐχ ὁρᾷς ὅτι</foreign></l><lb n="pba_571.035"/><l><foreign xml:lang="grc"><hi rendition="#g">ἥμαρτες</hi></foreign><hi rendition="#i">;</hi><foreign xml:lang="grc"><hi rendition="#g">ὡς</hi> δ' <hi rendition="#g">ἤμαρτες</hi> οὔτ' ἐμοὶ λέγειν</foreign></l><lb n="pba_571.036"/><l><foreign xml:lang="grc">καθ' ἡδονὴν σοί τ' ἄλγος·</foreign><foreign xml:lang="grc">ἀλλὰ ταῦτα μὲν</foreign>,</l><lb n="pba_571.037"/><l><foreign xml:lang="grc">μεθῶμεν, ἄθλου δ' ἔκλυσιν ζήτει τινα</foreign>.</l></lg></note> Und nun in der Erwiderung <lb n="pba_571.011"/> des Prometheus die Worte: „Das hab' ich alles wohl gewußt. <lb n="pba_571.012"/> <hi rendition="#g">Mit klarem Vorsatz fehlte ich,</hi> ich leugn' es nicht.“<note xml:id="pba_571_2" place="foot" n="2"><lb n="pba_571.038"/> S. V. 265 ff.: <lb n="pba_571.039"/> <lg><l><foreign xml:lang="grc">ἐγὼ δὲ ταῦθ' ἅπαντ' ἠπιστάμην</foreign>.</l><lb n="pba_571.040"/><l><foreign xml:lang="grc">ἑκὼν ἑκὼν ἥμαρτον, οὐκ ἀρνήσομαι</foreign>.</l></lg> </note> <lb n="pba_571.013"/> Nur das Eine gibt er zu, daß er die Folgen so schwer sich nicht vorgestellt <lb n="pba_571.014"/> habe. Das Prototyp der <hi rendition="#g">tragischen</hi> „<hi rendition="#g">Hamartie</hi>“! Auch <lb n="pba_571.015"/> darin das Urbild derselben, daß der bewußte Fehl, den er im Augenblicke <lb n="pba_571.016"/> der That für recht hält und auch später nicht bereuen will, ihm <lb n="pba_571.017"/> mit der Achtung und Liebe derer, die ihn umgeben, das tiefe Mitleid <lb n="pba_571.018"/> derselben erwirbt; so nicht allein der Okeaniden, des Okeanos, sondern <lb n="pba_571.019"/> anch des Hephästos, trotzdem doch dieser es war, dem er den Feuerfunken <lb n="pba_571.020"/> raubte! Überall erscheinen hier gewissermaßen die reinen Grundformen <lb n="pba_571.021"/> der tragischen Komposition: so, wenn Okeanos den tiefen Schmerz <lb n="pba_571.022"/> ausspricht, den er um Prometheus fühlt, mit melisch erhöhtem Wort <lb n="pba_571.023"/> in den Klagegesang des Chors einstimmend, und ihm seine Hülfe zusagt: <lb n="pba_571.024"/> denn Prometheus habe keinen zuverlässigeren Freund als ihn; <lb n="pba_571.025"/> nichts gäbe es, dem <hi rendition="#g">nach Schicksalsgebühr</hi> er einen größeren Anteil <lb n="pba_571.026"/> zolle als seinem Leiden (ein merkwürdiger, unübersetzbarer Ausdruck: <lb n="pba_571.027"/> <foreign xml:lang="grc">οὐκ ἔστιν ὅτῳ <hi rendition="#g">μείζονα μοῖραν</hi> νείμαιμ' \̓η σοί·</foreign> „dem er <hi rendition="#g">eine <lb n="pba_571.028"/> größere Moira</hi> zollen möchte“, d. h. also doch, daß dieser „Anteil“ <lb n="pba_571.029"/> in der vollen Erkenntnis des Schicksalsgesetzes begründet ist, nach welchem <lb n="pba_571.030"/> Prometheus <hi rendition="#g">unverdient und dennoch wohlbegründet</hi> leiden <lb n="pba_571.031"/> muß!). Aus dieser Gesinnung fließen die tief eindringlichen Ermahnungen <lb n="pba_571.032"/> des besonnenen Freundes, der in weiser Erkenntnis sich willig der neuen </p> </div> </body> </text> </TEI> [571/0589]
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worbene Geschicklichkeit sein Vertrauen stellt, als ob er pba_571.002
im Besitz der göttlichen Gabe der Götter nun nicht weiter pba_571.003
bedürfe: der Hybris.
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Was aber bei den Menschen Hybris wäre, ist bei den Göttern pba_571.005
Empörung; deswegen ist Prometheus dem Kratos verhaßt als: ὁ θεοῖς pba_571.006
ἔχθιστος θεός „der den Göttern feindlichste Gott!“ Deswegen ändert pba_571.007
sich auch die Stimmung des Chors sofort, als er dies vernommen: pba_571.008
„Siehst du nicht, Daß du gefehlt hast? Wie du fehltest, das zu pba_571.009
sagen ist Mir keine Freude, dir ein Schmerz. So schweigen wir Davon; pba_571.010
Du aber sinne auf Lösung deiner Qual“. 1 Und nun in der Erwiderung pba_571.011
des Prometheus die Worte: „Das hab' ich alles wohl gewußt. pba_571.012
Mit klarem Vorsatz fehlte ich, ich leugn' es nicht.“ 2 pba_571.013
Nur das Eine gibt er zu, daß er die Folgen so schwer sich nicht vorgestellt pba_571.014
habe. Das Prototyp der tragischen „Hamartie“! Auch pba_571.015
darin das Urbild derselben, daß der bewußte Fehl, den er im Augenblicke pba_571.016
der That für recht hält und auch später nicht bereuen will, ihm pba_571.017
mit der Achtung und Liebe derer, die ihn umgeben, das tiefe Mitleid pba_571.018
derselben erwirbt; so nicht allein der Okeaniden, des Okeanos, sondern pba_571.019
anch des Hephästos, trotzdem doch dieser es war, dem er den Feuerfunken pba_571.020
raubte! Überall erscheinen hier gewissermaßen die reinen Grundformen pba_571.021
der tragischen Komposition: so, wenn Okeanos den tiefen Schmerz pba_571.022
ausspricht, den er um Prometheus fühlt, mit melisch erhöhtem Wort pba_571.023
in den Klagegesang des Chors einstimmend, und ihm seine Hülfe zusagt: pba_571.024
denn Prometheus habe keinen zuverlässigeren Freund als ihn; pba_571.025
nichts gäbe es, dem nach Schicksalsgebühr er einen größeren Anteil pba_571.026
zolle als seinem Leiden (ein merkwürdiger, unübersetzbarer Ausdruck: pba_571.027
οὐκ ἔστιν ὅτῳ μείζονα μοῖραν νείμαιμ' \̓η σοί· „dem er eine pba_571.028
größere Moira zollen möchte“, d. h. also doch, daß dieser „Anteil“ pba_571.029
in der vollen Erkenntnis des Schicksalsgesetzes begründet ist, nach welchem pba_571.030
Prometheus unverdient und dennoch wohlbegründet leiden pba_571.031
muß!). Aus dieser Gesinnung fließen die tief eindringlichen Ermahnungen pba_571.032
des besonnenen Freundes, der in weiser Erkenntnis sich willig der neuen
1 pba_571.033
S. V. 259 ff.: pba_571.034
οὐχ ὁρᾷς ὅτι pba_571.035
ἥμαρτες; ὡς δ' ἤμαρτες οὔτ' ἐμοὶ λέγειν pba_571.036
καθ' ἡδονὴν σοί τ' ἄλγος· ἀλλὰ ταῦτα μὲν, pba_571.037
μεθῶμεν, ἄθλου δ' ἔκλυσιν ζήτει τινα.
2 pba_571.038
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ἐγὼ δὲ ταῦθ' ἅπαντ' ἠπιστάμην. pba_571.040
ἑκὼν ἑκὼν ἥμαρτον, οὐκ ἀρνήσομαι.
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