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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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seine Abhandlung nicht wesentlich gefördert. Etwas ganz anderes ist, pba_540.002
daß umgekehrt seine dramatischen Schöpfungen eine neue reich pba_540.003
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Die Richtigkeit dieser Ausführungen erprobt sich auf Schritt und pba_540.005
Tritt, wenn man die einfachen Grundsätze der aristotelischen Theorie pba_540.006
zum Maßstabe für die Kritik der Schillerschen Aufsätze über die Tragödie pba_540.007
erwählt. Während diese Kritik sonst ins Grenzenlose philosophischer pba_540.008
Spekulation führen muß, entdeckt sich hier jede Krümme der Bahn pba_540.009
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Um den Widerspruch zwischen Vergnügen und Sittlichkeit zu heben, pba_540.011
setzt Schiller das "freie Vergnügen", das nur durch "moralische pba_540.012
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ihren Weg nehmen" und dennoch dabei ihre "Freiheit" behaupten, pba_540.014
ohne welche sie ihre höchste Wirkung nicht ausüben könne. Diese "Freiheit" pba_540.015
ist also zunächst lediglich negativ bestimmt: sie bedeutet die Abwesenheit pba_540.016
der moralischen Tendenz, durch welche das "Spiel" der Kunst pba_540.017
in ein ernsthaftes Geschäft verwandelt werden würde. Zugleich aber pba_540.018
wird schon hier angedeutet, daß der Verfasser ihr auch einen positiven pba_540.019
Jnhalt zu geben beabsichtigt: "eine bündige Theorie des Vergnügens" pba_540.020
würde ergeben, daß das "freie Vergnügen" der Kunst durchaus auf pba_540.021
moralischen Bedingungen beruhe.
Die Unklarheit und der Fehler pba_540.022
dieses Satzes werden sofort offenbar, wenn man ihm die aristotelische pba_540.023
Grundlehre gegenüberstellt: der Kunst liegt es ob, reine, d. h. richtige pba_540.024
Empfindungen nachzuahmen. Auch die höchste Moralität setzt dieselben pba_540.025
voraus, dadurch werden reine Empfindungen aber noch keineswegs zu pba_540.026
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gerade aber die Bestimmung des Willens soll die Aufgabe der Kunst pba_540.028
nicht sein, weil sie damit ihre Freiheit verlieren würde.

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Gleich der nächste Satz verstärkt den Jrrtum Schillers. "Jedes pba_540.030
Vergnügen, insofern es aus sittlichen Quellen fließt, verbessert den Menschen pba_540.031
sittlich: die Kunst wirkt also nicht deswegen allein sittlich, weil pba_540.032
sie durch sittliche Mittel ergötzt, sondern auch deswegen, weil das Vergnügen pba_540.033
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" Ein unrichtiger Schluß! Das sittliche Vergnügen pba_540.035
ist dasjenige, welches die pflichtgemäße Thätigkeit des Willens begleitet; pba_540.036
ihm verwandt ist das Vergnügen an den durch die Anschauung pflichtgemäß pba_540.037
bestimmter Entschlüsse und Handlungen eben um dieser willen pba_540.038
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weder das eine noch das andere ist identisch mit dem Vergnügen, "das pba_540.040
die Kunst gewährt
". Die ersten sind ihr ganz fremd, die zweiten

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seine Abhandlung nicht wesentlich gefördert. Etwas ganz anderes ist, pba_540.002
daß umgekehrt seine dramatischen Schöpfungen eine neue reich pba_540.003
strömende und unversiegbare Quelle für diese Erkenntnis eröffneten.

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Die Richtigkeit dieser Ausführungen erprobt sich auf Schritt und pba_540.005
Tritt, wenn man die einfachen Grundsätze der aristotelischen Theorie pba_540.006
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Spekulation führen muß, entdeckt sich hier jede Krümme der Bahn pba_540.009
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Um den Widerspruch zwischen Vergnügen und Sittlichkeit zu heben, pba_540.011
setzt Schiller das „freie Vergnügen“, das nur durch „moralische pba_540.012
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ihren Weg nehmen“ und dennoch dabei ihre „Freiheit“ behaupten, pba_540.014
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gerade aber die Bestimmung des Willens soll die Aufgabe der Kunst pba_540.028
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Gleich der nächste Satz verstärkt den Jrrtum Schillers. „Jedes pba_540.030
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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/558>, abgerufen am 22.11.2024.