Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

Bild:
<< vorherige Seite

pba_448.001
der betreffenden Stellen davon abhingen -- ein Umstand, in dem die pba_448.002
hinreichende Erklärung dafür zu finden ist, daß bedeutende Forscher pba_448.003
die vorliegende Verschiedenheit des Sprachgebrauchs überhaupt haben pba_448.004
leugnen können --, ist auf dem psychologisch-ethischen Gebiet diese Unterscheidung pba_448.005
Grundlage für das richtige Verständnis.

pba_448.006
gesamten aristotelischen Sprachgebrauch! Schwere und Leichtigkeit, Wärme und Kälte pba_448.007
bezeichnen allerdings das Wesen, die wirkende Kraft des Veränderungsvorganges selbst, pba_448.008
sie können daher "Pathe" genannt werden; nicht so aber das Gute und Schlechte, pba_448.009
die Vortrefflichkeit oder Fehlerhaftigkeit, die immer nur die Ergebnisse, die bewirkten pba_448.010
Veränderungen sind, "Pathemata", zu deren "Bewirkung" die denkbar verschiedensten pba_448.011
Veränderungsvorgänge, je nach dem Wesen des Dinges, thätig gewesen sein können. pba_448.012
4) Die vierte und letzte Stelle, die M. H. anführt, de part. an. III, 4, 667a 33 ff. pba_448.013
und von der S. meint, daß von H. daran "unwiderleglich gezeigt sei", wie Aristoteles pba_448.014
zwischen den beiden Ausdrücken nicht den kleinsten Unterschied mache, spricht vollends pba_448.015
für die Ansicht des Verf. Jn der ganzen, ziemlich langen Stelle ist die Rede davon, pba_448.016
daß das Herz das wichtigste aller inneren Organe sei, das keinen bedeutenden Veränderungsvorgang pba_448.017
-- khalepon pathos -- ertragen könne, ohne daß der Tod eintrete. pba_448.018
So sei bei Opfertieren auch niemals an ihm ein derartiger Veränderungsvorgang pba_448.019
erkennbar -- ophthai toiouton pathos -- (also niemals ein schwerer Erkrankungsprozeß), pba_448.020
wie das bei den andern inneren Teilen der Fall sei. Hier weist das toiouton p. pba_448.021
also auf das khalepon p. zurück und beidemal bedeutet es den Erkrankungsprozeß, pba_448.022
den Veränderungsvorgang. Es wird dann erzählt, daß Nieren, Lunge, Leber und pba_448.023
Milz bei der Sektion oft voll von Steinen, Auswüchsen und Blutgeschwüren gefunden pba_448.024
würden und hinzugefügt "und noch viele andere Krankheitserscheinungen pba_448.025
kommen an ihnen vor
": hier steht pathemata. Von denselben wird weiter pba_448.026
gesagt, daß sie an Lunge und Leber, da wo sie mit dem Herzen kommunizieren, nicht pba_448.027
vorkommen. Dann heißt es zum Schluß: "Bei Tieren aber, die an einer offenbaren pba_448.028
Krankheit und derartigen (d. h. also krankhaften nosode) Veränderungsvorgängen pba_448.029
-- toiauta pathe -- zu Grunde gegangen sind, zeigen sich, wenn man sie pba_448.030
seziert, auch am Herzen krankhafte Prozesse (Veränderungsvorgänge) -- nosode pathe. pba_448.031
Es wird also am Anfang und Schluß von Krankheitsvorgängen gesprochen, die pba_448.032
auch mit dem Ausdruck nosos -- Krankheit gleichartig verbunden werden; sie heißen pathe, pba_448.033
wo dagegen in der Mitte ausdrücklich die durch solche Prozesse im Körper erzeugten pba_448.034
Erscheinungen, die lithoi, phumata, dothiena, benannt werden, heißen diese in pba_448.035
allgemeiner Zusammenfassung pathemata. Diese sind keine Krankheit, sondern pba_448.036
werden durch einen Krankheitsprozeß hervorgebracht. Deutlicher kann der Unterschied pba_448.037
gar nicht hervortreten. H. und S. haben die Stelle nicht verstanden. -- Noch führt pba_448.038
S. zwei Stellen an, auf die näher einzugehen aber nicht der Mühe wert ist, wenn pba_448.039
Aristoteles Poet. c. 24 (1459b 11) sagt, "auch das Epos bedürfe der Erkennungen, der pba_448.040
Peripetien und der pathematon", ganz wie die Tragödie, so hat er hier eben die pba_448.041
epische Schilderung der Fälle schweren Leidens ins Auge gefaßt und sie von der Seite pba_448.042
ihrer Verwirklichung in der Erscheinung benannt, während er im c. 11 den Leidensvorgang pba_448.043
als solchen
im Sinne gehabt und generell mit pathos bezeichnet. Für die pba_448.044
Sache macht das gar keinen Unterschied, aber die Variation des Ausdrucks ist völlig pba_448.045
verständlich und gibt nicht den geringsten Anlaß, die Verschiedenheit der Termini in

pba_448.001
der betreffenden Stellen davon abhingen — ein Umstand, in dem die pba_448.002
hinreichende Erklärung dafür zu finden ist, daß bedeutende Forscher pba_448.003
die vorliegende Verschiedenheit des Sprachgebrauchs überhaupt haben pba_448.004
leugnen können —, ist auf dem psychologisch-ethischen Gebiet diese Unterscheidung pba_448.005
Grundlage für das richtige Verständnis.

pba_448.006
gesamten aristotelischen Sprachgebrauch! Schwere und Leichtigkeit, Wärme und Kälte pba_448.007
bezeichnen allerdings das Wesen, die wirkende Kraft des Veränderungsvorganges selbst, pba_448.008
sie können daher „Pathe“ genannt werden; nicht so aber das Gute und Schlechte, pba_448.009
die Vortrefflichkeit oder Fehlerhaftigkeit, die immer nur die Ergebnisse, die bewirkten pba_448.010
Veränderungen sind, „Pathemata“, zu deren „Bewirkung“ die denkbar verschiedensten pba_448.011
Veränderungsvorgänge, je nach dem Wesen des Dinges, thätig gewesen sein können. pba_448.012
4) Die vierte und letzte Stelle, die M. H. anführt, de part. an. III, 4, 667a 33 ff. pba_448.013
und von der S. meint, daß von H. daran „unwiderleglich gezeigt sei“, wie Aristoteles pba_448.014
zwischen den beiden Ausdrücken nicht den kleinsten Unterschied mache, spricht vollends pba_448.015
für die Ansicht des Verf. Jn der ganzen, ziemlich langen Stelle ist die Rede davon, pba_448.016
daß das Herz das wichtigste aller inneren Organe sei, das keinen bedeutenden Veränderungsvorgang pba_448.017
— χαλεπὸν πάθος — ertragen könne, ohne daß der Tod eintrete. pba_448.018
So sei bei Opfertieren auch niemals an ihm ein derartiger Veränderungsvorgang pba_448.019
erkennbar — ὦφθαι τοιοῦτον πάθος — (also niemals ein schwerer Erkrankungsprozeß), pba_448.020
wie das bei den andern inneren Teilen der Fall sei. Hier weist das τοιοῦτον π. pba_448.021
also auf das χαλεπὸν π. zurück und beidemal bedeutet es den Erkrankungsprozeß, pba_448.022
den Veränderungsvorgang. Es wird dann erzählt, daß Nieren, Lunge, Leber und pba_448.023
Milz bei der Sektion oft voll von Steinen, Auswüchsen und Blutgeschwüren gefunden pba_448.024
würden und hinzugefügt „und noch viele andere Krankheitserscheinungen pba_448.025
kommen an ihnen vor
“: hier steht παθήματα. Von denselben wird weiter pba_448.026
gesagt, daß sie an Lunge und Leber, da wo sie mit dem Herzen kommunizieren, nicht pba_448.027
vorkommen. Dann heißt es zum Schluß: „Bei Tieren aber, die an einer offenbaren pba_448.028
Krankheit und derartigen (d. h. also krankhaften νοσώδη) Veränderungsvorgängen pba_448.029
— τοιαῦτα πάθη — zu Grunde gegangen sind, zeigen sich, wenn man sie pba_448.030
seziert, auch am Herzen krankhafte Prozesse (Veränderungsvorgänge) — νοσώδη πάθη. pba_448.031
Es wird also am Anfang und Schluß von Krankheitsvorgängen gesprochen, die pba_448.032
auch mit dem Ausdruck νόσος — Krankheit gleichartig verbunden werden; sie heißen πάθη, pba_448.033
wo dagegen in der Mitte ausdrücklich die durch solche Prozesse im Körper erzeugten pba_448.034
Erscheinungen, die λίθοι, φύματα, δοθιῆνα, benannt werden, heißen diese in pba_448.035
allgemeiner Zusammenfassung παθήματα. Diese sind keine Krankheit, sondern pba_448.036
werden durch einen Krankheitsprozeß hervorgebracht. Deutlicher kann der Unterschied pba_448.037
gar nicht hervortreten. H. und S. haben die Stelle nicht verstanden. — Noch führt pba_448.038
S. zwei Stellen an, auf die näher einzugehen aber nicht der Mühe wert ist, wenn pba_448.039
Aristoteles Poet. c. 24 (1459b 11) sagt, „auch das Epos bedürfe der Erkennungen, der pba_448.040
Peripetien und der παθημάτων“, ganz wie die Tragödie, so hat er hier eben die pba_448.041
epische Schilderung der Fälle schweren Leidens ins Auge gefaßt und sie von der Seite pba_448.042
ihrer Verwirklichung in der Erscheinung benannt, während er im c. 11 den Leidensvorgang pba_448.043
als solchen
im Sinne gehabt und generell mit πάθος bezeichnet. Für die pba_448.044
Sache macht das gar keinen Unterschied, aber die Variation des Ausdrucks ist völlig pba_448.045
verständlich und gibt nicht den geringsten Anlaß, die Verschiedenheit der Termini in
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0466" n="448"/><lb n="pba_448.001"/>
der betreffenden Stellen davon abhingen &#x2014; ein Umstand, in dem die <lb n="pba_448.002"/>
hinreichende Erklärung dafür zu finden ist, daß bedeutende Forscher <lb n="pba_448.003"/>
die vorliegende Verschiedenheit des Sprachgebrauchs überhaupt haben <lb n="pba_448.004"/>
leugnen können &#x2014;, ist auf dem psychologisch-ethischen Gebiet diese Unterscheidung <lb n="pba_448.005"/>
Grundlage für das richtige Verständnis.</p>
        <note n="1" xml:id="pba_445_1d" prev="#pba_445_1c" place="foot" next="#pba_445_1e"><lb n="pba_448.006"/>
gesamten aristotelischen Sprachgebrauch! Schwere und Leichtigkeit, Wärme und Kälte <lb n="pba_448.007"/>
bezeichnen allerdings das Wesen, die wirkende Kraft des Veränderungsvorganges selbst, <lb n="pba_448.008"/>
sie können daher &#x201E;<hi rendition="#g">Pathe</hi>&#x201C; genannt werden; nicht so aber das Gute und Schlechte, <lb n="pba_448.009"/>
die Vortrefflichkeit oder Fehlerhaftigkeit, die immer nur die Ergebnisse, die <hi rendition="#g">bewirkten</hi> <lb n="pba_448.010"/>
Veränderungen sind, &#x201E;<hi rendition="#g">Pathemata</hi>&#x201C;, zu deren &#x201E;<hi rendition="#g">Bewirkung</hi>&#x201C; die denkbar verschiedensten <lb n="pba_448.011"/>
Veränderungs<hi rendition="#g">vorgänge,</hi> je nach dem Wesen des Dinges, thätig gewesen sein können. <lb n="pba_448.012"/>
4) Die vierte und letzte Stelle, die M. H. anführt, de part. an. III, 4, 667<hi rendition="#sup">a</hi> 33 ff. <lb n="pba_448.013"/>
und von der S. meint, daß von H. daran &#x201E;unwiderleglich gezeigt sei&#x201C;, wie Aristoteles <lb n="pba_448.014"/>
zwischen den beiden Ausdrücken nicht den kleinsten Unterschied mache, spricht vollends <lb n="pba_448.015"/>
für die Ansicht des Verf. Jn der ganzen, ziemlich langen Stelle ist die Rede davon, <lb n="pba_448.016"/>
daß das Herz das wichtigste aller inneren Organe sei, das keinen bedeutenden Veränderungsvorgang <lb n="pba_448.017"/>
&#x2014; <foreign xml:lang="grc">&#x03C7;&#x03B1;&#x03BB;&#x03B5;&#x03C0;&#x1F78;&#x03BD; &#x03C0;&#x03AC;&#x03B8;&#x03BF;&#x03C2;</foreign> &#x2014; ertragen könne, ohne daß der Tod eintrete. <lb n="pba_448.018"/>
So sei bei Opfertieren auch niemals an ihm ein <hi rendition="#g">derartiger</hi> Veränderungsvorgang <lb n="pba_448.019"/>
erkennbar &#x2014; <foreign xml:lang="grc">&#x1F66;&#x03C6;&#x03B8;&#x03B1;&#x03B9; <hi rendition="#g">&#x03C4;&#x03BF;&#x03B9;&#x03BF;&#x1FE6;&#x03C4;&#x03BF;&#x03BD; &#x03C0;&#x03AC;&#x03B8;&#x03BF;&#x03C2;</hi></foreign> &#x2014; (also niemals ein <hi rendition="#g">schwerer</hi> Erkrankungsprozeß), <lb n="pba_448.020"/>
wie das bei den andern inneren Teilen der Fall sei. Hier weist das <foreign xml:lang="grc">&#x03C4;&#x03BF;&#x03B9;&#x03BF;&#x1FE6;&#x03C4;&#x03BF;&#x03BD; &#x03C0;</foreign>. <lb n="pba_448.021"/>
also auf das <foreign xml:lang="grc">&#x03C7;&#x03B1;&#x03BB;&#x03B5;&#x03C0;&#x1F78;&#x03BD; &#x03C0;</foreign>. zurück und beidemal bedeutet es den Erkrankungs<hi rendition="#g">prozeß,</hi> <lb n="pba_448.022"/>
den Veränderungs<hi rendition="#g">vorgang.</hi> Es wird dann erzählt, daß Nieren, Lunge, Leber und <lb n="pba_448.023"/>
Milz bei der Sektion oft voll von Steinen, Auswüchsen und Blutgeschwüren gefunden <lb n="pba_448.024"/>
würden und hinzugefügt &#x201E;<hi rendition="#g">und noch viele andere Krankheitserscheinungen <lb n="pba_448.025"/>
kommen an ihnen vor</hi>&#x201C;: hier steht <foreign xml:lang="grc">&#x03C0;&#x03B1;&#x03B8;&#x03AE;&#x03BC;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B1;</foreign>. Von <hi rendition="#g">denselben</hi> wird weiter <lb n="pba_448.026"/>
gesagt, daß sie an Lunge und Leber, da wo sie mit dem Herzen kommunizieren, <hi rendition="#g">nicht</hi> <lb n="pba_448.027"/>
vorkommen. Dann heißt es zum Schluß: &#x201E;Bei Tieren aber, die an einer offenbaren <lb n="pba_448.028"/> <hi rendition="#g">Krankheit</hi> und <hi rendition="#g">derartigen</hi> (d. h. also <hi rendition="#g">krankhaften <foreign xml:lang="grc">&#x03BD;&#x03BF;&#x03C3;&#x03CE;&#x03B4;&#x03B7;</foreign>) Veränderungsvorgängen</hi> <lb n="pba_448.029"/>
&#x2014; <foreign xml:lang="grc">&#x03C4;&#x03BF;&#x03B9;&#x03B1;&#x1FE6;&#x03C4;&#x03B1; &#x03C0;&#x03AC;&#x03B8;&#x03B7;</foreign> &#x2014; zu Grunde gegangen sind, zeigen sich, wenn man sie <lb n="pba_448.030"/>
seziert, auch am Herzen krankhafte Prozesse (Veränderungsvorgänge) &#x2014; <foreign xml:lang="grc">&#x03BD;&#x03BF;&#x03C3;&#x03CE;&#x03B4;&#x03B7; &#x03C0;&#x03AC;&#x03B8;&#x03B7;</foreign>. <lb n="pba_448.031"/>
Es wird also am Anfang und Schluß von Krankheits<hi rendition="#g">vorgängen</hi> gesprochen, die <lb n="pba_448.032"/>
auch mit dem Ausdruck <foreign xml:lang="grc">&#x03BD;&#x03CC;&#x03C3;&#x03BF;&#x03C2;</foreign> &#x2014; Krankheit gleichartig verbunden werden; sie heißen <foreign xml:lang="grc">&#x03C0;&#x03AC;&#x03B8;&#x03B7;</foreign>, <lb n="pba_448.033"/>
wo dagegen in der Mitte ausdrücklich die durch solche Prozesse im Körper erzeugten <lb n="pba_448.034"/> <hi rendition="#g">Erscheinungen,</hi> die <foreign xml:lang="grc">&#x03BB;&#x03AF;&#x03B8;&#x03BF;&#x03B9;, &#x03C6;&#x03CD;&#x03BC;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B1;, &#x03B4;&#x03BF;&#x03B8;&#x03B9;&#x1FC6;&#x03BD;&#x03B1;</foreign>, benannt werden, heißen diese in <lb n="pba_448.035"/>
allgemeiner Zusammenfassung <foreign xml:lang="grc">&#x03C0;&#x03B1;&#x03B8;&#x03AE;&#x03BC;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B1;</foreign>. <hi rendition="#g">Diese</hi> sind keine <hi rendition="#g">Krankheit,</hi> sondern <lb n="pba_448.036"/>
werden durch einen Krankheitsprozeß hervorgebracht. Deutlicher kann der Unterschied <lb n="pba_448.037"/>
gar nicht hervortreten. H. und S. haben die Stelle nicht verstanden. &#x2014; Noch führt <lb n="pba_448.038"/>
S. zwei Stellen an, auf die näher einzugehen aber nicht der Mühe wert ist, wenn <lb n="pba_448.039"/>
Aristoteles Poet. c. 24 (1459<hi rendition="#sup">b</hi> 11) sagt, &#x201E;auch das Epos bedürfe der Erkennungen, der <lb n="pba_448.040"/>
Peripetien und der <foreign xml:lang="grc"><hi rendition="#g">&#x03C0;&#x03B1;&#x03B8;&#x03B7;&#x03BC;&#x03AC;&#x03C4;&#x03C9;&#x03BD;</hi></foreign>&#x201C;, ganz wie die Tragödie, so hat er hier eben die <lb n="pba_448.041"/>
epische <hi rendition="#g">Schilderung</hi> der <hi rendition="#g">Fälle</hi> schweren Leidens ins Auge gefaßt und sie von der Seite <lb n="pba_448.042"/>
ihrer Verwirklichung in der Erscheinung benannt, während er im c. 11 den <hi rendition="#g">Leidensvorgang <lb n="pba_448.043"/>
als solchen</hi> im Sinne gehabt und generell mit <foreign xml:lang="grc">&#x03C0;&#x03AC;&#x03B8;&#x03BF;&#x03C2;</foreign> bezeichnet. Für die <lb n="pba_448.044"/>
Sache macht das gar keinen Unterschied, aber die Variation des Ausdrucks ist völlig <lb n="pba_448.045"/>
verständlich und gibt nicht den geringsten Anlaß, die Verschiedenheit der Termini in </note>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[448/0466] pba_448.001 der betreffenden Stellen davon abhingen — ein Umstand, in dem die pba_448.002 hinreichende Erklärung dafür zu finden ist, daß bedeutende Forscher pba_448.003 die vorliegende Verschiedenheit des Sprachgebrauchs überhaupt haben pba_448.004 leugnen können —, ist auf dem psychologisch-ethischen Gebiet diese Unterscheidung pba_448.005 Grundlage für das richtige Verständnis. 1 1 pba_448.006 gesamten aristotelischen Sprachgebrauch! Schwere und Leichtigkeit, Wärme und Kälte pba_448.007 bezeichnen allerdings das Wesen, die wirkende Kraft des Veränderungsvorganges selbst, pba_448.008 sie können daher „Pathe“ genannt werden; nicht so aber das Gute und Schlechte, pba_448.009 die Vortrefflichkeit oder Fehlerhaftigkeit, die immer nur die Ergebnisse, die bewirkten pba_448.010 Veränderungen sind, „Pathemata“, zu deren „Bewirkung“ die denkbar verschiedensten pba_448.011 Veränderungsvorgänge, je nach dem Wesen des Dinges, thätig gewesen sein können. pba_448.012 4) Die vierte und letzte Stelle, die M. H. anführt, de part. an. III, 4, 667a 33 ff. pba_448.013 und von der S. meint, daß von H. daran „unwiderleglich gezeigt sei“, wie Aristoteles pba_448.014 zwischen den beiden Ausdrücken nicht den kleinsten Unterschied mache, spricht vollends pba_448.015 für die Ansicht des Verf. Jn der ganzen, ziemlich langen Stelle ist die Rede davon, pba_448.016 daß das Herz das wichtigste aller inneren Organe sei, das keinen bedeutenden Veränderungsvorgang pba_448.017 — χαλεπὸν πάθος — ertragen könne, ohne daß der Tod eintrete. pba_448.018 So sei bei Opfertieren auch niemals an ihm ein derartiger Veränderungsvorgang pba_448.019 erkennbar — ὦφθαι τοιοῦτον πάθος — (also niemals ein schwerer Erkrankungsprozeß), pba_448.020 wie das bei den andern inneren Teilen der Fall sei. Hier weist das τοιοῦτον π. pba_448.021 also auf das χαλεπὸν π. zurück und beidemal bedeutet es den Erkrankungsprozeß, pba_448.022 den Veränderungsvorgang. Es wird dann erzählt, daß Nieren, Lunge, Leber und pba_448.023 Milz bei der Sektion oft voll von Steinen, Auswüchsen und Blutgeschwüren gefunden pba_448.024 würden und hinzugefügt „und noch viele andere Krankheitserscheinungen pba_448.025 kommen an ihnen vor“: hier steht παθήματα. Von denselben wird weiter pba_448.026 gesagt, daß sie an Lunge und Leber, da wo sie mit dem Herzen kommunizieren, nicht pba_448.027 vorkommen. Dann heißt es zum Schluß: „Bei Tieren aber, die an einer offenbaren pba_448.028 Krankheit und derartigen (d. h. also krankhaften νοσώδη) Veränderungsvorgängen pba_448.029 — τοιαῦτα πάθη — zu Grunde gegangen sind, zeigen sich, wenn man sie pba_448.030 seziert, auch am Herzen krankhafte Prozesse (Veränderungsvorgänge) — νοσώδη πάθη. pba_448.031 Es wird also am Anfang und Schluß von Krankheitsvorgängen gesprochen, die pba_448.032 auch mit dem Ausdruck νόσος — Krankheit gleichartig verbunden werden; sie heißen πάθη, pba_448.033 wo dagegen in der Mitte ausdrücklich die durch solche Prozesse im Körper erzeugten pba_448.034 Erscheinungen, die λίθοι, φύματα, δοθιῆνα, benannt werden, heißen diese in pba_448.035 allgemeiner Zusammenfassung παθήματα. Diese sind keine Krankheit, sondern pba_448.036 werden durch einen Krankheitsprozeß hervorgebracht. Deutlicher kann der Unterschied pba_448.037 gar nicht hervortreten. H. und S. haben die Stelle nicht verstanden. — Noch führt pba_448.038 S. zwei Stellen an, auf die näher einzugehen aber nicht der Mühe wert ist, wenn pba_448.039 Aristoteles Poet. c. 24 (1459b 11) sagt, „auch das Epos bedürfe der Erkennungen, der pba_448.040 Peripetien und der παθημάτων“, ganz wie die Tragödie, so hat er hier eben die pba_448.041 epische Schilderung der Fälle schweren Leidens ins Auge gefaßt und sie von der Seite pba_448.042 ihrer Verwirklichung in der Erscheinung benannt, während er im c. 11 den Leidensvorgang pba_448.043 als solchen im Sinne gehabt und generell mit πάθος bezeichnet. Für die pba_448.044 Sache macht das gar keinen Unterschied, aber die Variation des Ausdrucks ist völlig pba_448.045 verständlich und gibt nicht den geringsten Anlaß, die Verschiedenheit der Termini in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/466
Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/466>, abgerufen am 04.05.2024.