pba_348.001 drohenden Verderbens überhaupt nicht, nimmt also auch den pba_348.002 entsprechenden Ausgang.
pba_348.003 Der erste Fall scheidet für die vorliegende Untersuchung ganz aus; pba_348.004 denn entweder stellt er, richtig komponiert, eine echte Tragödie dar, pba_348.005 oder, fehlerhaft eingerichtet, kann er nur als Anomalie in Betracht pba_348.006 kommen. Eine solche Fehlerhaftigkeit würde überall da vorhanden sein, pba_348.007 wo der Verlauf zwar schicksalsvoll, aber nicht typisch, gesetzmäßig wäre; pba_348.008 wo also ein beängstigendes Geschick nicht den notwendigen pba_348.009 Verlauf nähme, sondern durch Zufall oder Willkür abgewendet pba_348.010 würde.
pba_348.011 Der zweite Fall also umfaßt alle hier möglichen Arten und ihre pba_348.012 Abstufungen. Es wird zu vermuten sein, daß dieselben von den Grenzen pba_348.013 des Trauerspiels bis zu denen des Lustspiels hinüberreichen.
pba_348.014 Das Wesen der Gattung wird am besten erkannt werden, wenn pba_348.015 man von dem zwischen beiden Grenzen liegenden Mittelpunkte ausgeht. pba_348.016 Derselbe liegt da, wo die Fehler der Handelnden und die Komposition pba_348.017 der Ereignisse weder schwere Befürchtungen und stark ergreifende Rührung pba_348.018 hervorbringen, noch von der Seite des Kontrastes des Lächerlichen pba_348.019 und Wohlgefälligen dargestellt sind, wo weder die tragische noch die pba_348.020 komische Wirkung zum Ziel genommen ist, wo also, da die Herstellung pba_348.021 der Bedingungen für das ästhetische Wohlgefallen der Zweck aller Kunstbestrebung pba_348.022 ist, diese Bedingungen unmittelbar durch die nachgeahmte pba_348.023 Handlung gegeben werden, direkt den ins Auge gefaßten pba_348.024 Nachahmungszweck bilden.
pba_348.025 Das wäre also der Fall, für den in der epischen Gattung das pba_348.026 Jdyll eintritt.
pba_348.027 Es ist aber auf den ersten Blick klar, daß, so vortrefflich sich die pba_348.028 epischen Mittel für die Darstellung dieses Falles eignen, so schwer die pba_348.029 dramatischen Mittel dafür passend gemacht werden können.
pba_348.030 Jm Drama müssen Ereignisse und Entschlüsse möglichst unmittelbar pba_348.031 auf bedeutungsvolle Entscheidungen gestellt sein; je mehr es also seine pba_348.032 Bestimmung erfüllt, desto mehr nähert es sich entweder der tragischen pba_348.033 oder der komischen Wirkung, welche durch die idyllische Darstellung ausgeschlossen pba_348.034 werden. Diese letztere wird vielmehr nichts so sehr vermeiden pba_348.035 als jene prägnanten und acuten Entscheidungen; die Einrichtung der pba_348.036 Handlung wird möglichst ausschließlich dem gewöhnlichen, erwarteten pba_348.037 und natürlichen Verlauf der Dinge gemäß getroffen pba_348.038 werden, und gerade dadurch, daß das ausgezeichnete Gleichmaß pba_348.039 in den Charakteren der handelnden Personen, die hervorragende pba_348.040 Güte, Gesundheit, Reinheit ihrer Empfindungen
pba_348.001 drohenden Verderbens überhaupt nicht, nimmt also auch den pba_348.002 entsprechenden Ausgang.
pba_348.003 Der erste Fall scheidet für die vorliegende Untersuchung ganz aus; pba_348.004 denn entweder stellt er, richtig komponiert, eine echte Tragödie dar, pba_348.005 oder, fehlerhaft eingerichtet, kann er nur als Anomalie in Betracht pba_348.006 kommen. Eine solche Fehlerhaftigkeit würde überall da vorhanden sein, pba_348.007 wo der Verlauf zwar schicksalsvoll, aber nicht typisch, gesetzmäßig wäre; pba_348.008 wo also ein beängstigendes Geschick nicht den notwendigen pba_348.009 Verlauf nähme, sondern durch Zufall oder Willkür abgewendet pba_348.010 würde.
pba_348.011 Der zweite Fall also umfaßt alle hier möglichen Arten und ihre pba_348.012 Abstufungen. Es wird zu vermuten sein, daß dieselben von den Grenzen pba_348.013 des Trauerspiels bis zu denen des Lustspiels hinüberreichen.
pba_348.014 Das Wesen der Gattung wird am besten erkannt werden, wenn pba_348.015 man von dem zwischen beiden Grenzen liegenden Mittelpunkte ausgeht. pba_348.016 Derselbe liegt da, wo die Fehler der Handelnden und die Komposition pba_348.017 der Ereignisse weder schwere Befürchtungen und stark ergreifende Rührung pba_348.018 hervorbringen, noch von der Seite des Kontrastes des Lächerlichen pba_348.019 und Wohlgefälligen dargestellt sind, wo weder die tragische noch die pba_348.020 komische Wirkung zum Ziel genommen ist, wo also, da die Herstellung pba_348.021 der Bedingungen für das ästhetische Wohlgefallen der Zweck aller Kunstbestrebung pba_348.022 ist, diese Bedingungen unmittelbar durch die nachgeahmte pba_348.023 Handlung gegeben werden, direkt den ins Auge gefaßten pba_348.024 Nachahmungszweck bilden.
pba_348.025 Das wäre also der Fall, für den in der epischen Gattung das pba_348.026 Jdyll eintritt.
pba_348.027 Es ist aber auf den ersten Blick klar, daß, so vortrefflich sich die pba_348.028 epischen Mittel für die Darstellung dieses Falles eignen, so schwer die pba_348.029 dramatischen Mittel dafür passend gemacht werden können.
pba_348.030 Jm Drama müssen Ereignisse und Entschlüsse möglichst unmittelbar pba_348.031 auf bedeutungsvolle Entscheidungen gestellt sein; je mehr es also seine pba_348.032 Bestimmung erfüllt, desto mehr nähert es sich entweder der tragischen pba_348.033 oder der komischen Wirkung, welche durch die idyllische Darstellung ausgeschlossen pba_348.034 werden. Diese letztere wird vielmehr nichts so sehr vermeiden pba_348.035 als jene prägnanten und acuten Entscheidungen; die Einrichtung der pba_348.036 Handlung wird möglichst ausschließlich dem gewöhnlichen, erwarteten pba_348.037 und natürlichen Verlauf der Dinge gemäß getroffen pba_348.038 werden, und gerade dadurch, daß das ausgezeichnete Gleichmaß pba_348.039 in den Charakteren der handelnden Personen, die hervorragende pba_348.040 Güte, Gesundheit, Reinheit ihrer Empfindungen
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pba_348.001
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Der erste Fall scheidet für die vorliegende Untersuchung ganz aus; pba_348.004
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oder, fehlerhaft eingerichtet, kann er nur als Anomalie in Betracht pba_348.006
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wo also ein beängstigendes Geschick nicht den notwendigen pba_348.009
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pba_348.011
Der zweite Fall also umfaßt alle hier möglichen Arten und ihre pba_348.012
Abstufungen. Es wird zu vermuten sein, daß dieselben von den Grenzen pba_348.013
des Trauerspiels bis zu denen des Lustspiels hinüberreichen.
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Das Wesen der Gattung wird am besten erkannt werden, wenn pba_348.015
man von dem zwischen beiden Grenzen liegenden Mittelpunkte ausgeht. pba_348.016
Derselbe liegt da, wo die Fehler der Handelnden und die Komposition pba_348.017
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Es ist aber auf den ersten Blick klar, daß, so vortrefflich sich die pba_348.028
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Güte, Gesundheit, Reinheit ihrer Empfindungen
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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/366>, abgerufen am 22.11.2024.
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