pba_148.001 und zwar so, daß durch die Nachahmung, gerade wie bei jenen, alle pba_148.002 Erfordernisse für die Möglichkeit vereinigt werden, daß in pba_148.003 den Seelen derer, welche diese Nachahmung auf sich wirken lassen, das pba_148.004 Abbild dieses psychischen Vorganges sich wiederholt.
pba_148.005 Es mag hier sogleich ausgesprochen werden, was freilich erst an pba_148.006 einer andern Stelle ausgeführt werden kann, daß sich aus diesem Grundverhältnis pba_148.007 unmittelbar der Maßstab dafür ergibt, welches denn nun die pba_148.008 rechten Nachahmungsobjekte für die Kunst seien, d. h. was in der pba_148.009 Kunst als schön gelten wird. Jn der bloßen Wahrheit, d. h. Richtigkeit pba_148.010 der Nachahmung an sich kann dieser Maßstab nicht gegeben sein, pba_148.011 obwohl dieselbe nicht in dem kleinsten Stücke entbehrt werden kann: er pba_148.012 kann nur in dem höchsten und endgültigen Ziele der Kunst (ihrem pba_148.013 telos teleion) gefunden werden, welches immer unveränderlich dasselbe pba_148.014 ist: daß nämlich, mögen die angewendeten Mittel und der eingeschlagene pba_148.015 Weg der Nachahmung noch so verschieden sein, ihre Auswahl im Beginn, pba_148.016 im Verlauf und in ihrem Abschlusse von der einen leitenden pba_148.017 Hauptabsicht bestimmt sei, daß durch ihre Gesamtheit in der Seele des pba_148.018 Empfangenden das richtige Bild des richtigen Pathos, des richtigenpba_148.019 Ethos, der richtigen Willensentscheidung hervorgebracht werde, pba_148.020 richtig nach ihrer Beschaffenheit, Stärke, ihren Gründen, nach dem pba_148.021 Zeitpunkte und der Stelle, an welcher sie auftreten. Der durchaus unbestimmte pba_148.022 und schwankende Begriff der Jdealität, welcher in der pba_148.023 modernen Aesthetik die Hauptrolle spielt -- unbestimmt und schwankend pba_148.024 deshalb, weil er im einzelnen Falle für die Auswahl des Nachahmungs- pba_148.025 objektes sich unfruchtbar und sogar als irreleitend erweist -- bekommt pba_148.026 damit einen greifbaren, für jeden Fall in einer jeden Dichtungsgattungpba_148.027 klar und mit Sicherheit zu bestimmenden Jnhalt. Es ist etwas pba_148.028 Grundverschiedenes, ob durch die Forderung "idealer Darstellung" pba_148.029 eine Verschönerung des Gegenstandes derselben verlangt wird, mag sie pba_148.030 nun durch Verstärkung seiner Vollkommenheiten oder durch Fortlassung pba_148.031 seiner Unvollkommenheiten, oder durch beides zugleich erreicht werden: pba_148.032 oder ob für jeden einzelnen Fall von der künstlerischen Darstellung gefordert pba_148.033 wird, daß sie nur erfolgen dürfe, sofern ihr Gegenstand in der pba_148.034 Seele des Künstlers die richtige, die der Natur des Gegenstandes pba_148.035 entsprechende Bewegung erzeugte, und er denselben also pba_148.036 in der Weise darstellte, daß die Nachahmung dieses Seelenvorganges pba_148.037 bei dem Empfangenden durch das Kunstwerk ebenso hervorgebracht pba_148.038 werde, wie sie bei ihm selbst, durch die Vorstellung seines pba_148.039 Gegenstandes erregt, vorhanden war. Daß der Hörer eines Liedes also pba_148.040 von derselben Empfindung ergriffen werde, von welcher der Sänger des-
pba_148.001 und zwar so, daß durch die Nachahmung, gerade wie bei jenen, alle pba_148.002 Erfordernisse für die Möglichkeit vereinigt werden, daß in pba_148.003 den Seelen derer, welche diese Nachahmung auf sich wirken lassen, das pba_148.004 Abbild dieses psychischen Vorganges sich wiederholt.
pba_148.005 Es mag hier sogleich ausgesprochen werden, was freilich erst an pba_148.006 einer andern Stelle ausgeführt werden kann, daß sich aus diesem Grundverhältnis pba_148.007 unmittelbar der Maßstab dafür ergibt, welches denn nun die pba_148.008 rechten Nachahmungsobjekte für die Kunst seien, d. h. was in der pba_148.009 Kunst als schön gelten wird. Jn der bloßen Wahrheit, d. h. Richtigkeit pba_148.010 der Nachahmung an sich kann dieser Maßstab nicht gegeben sein, pba_148.011 obwohl dieselbe nicht in dem kleinsten Stücke entbehrt werden kann: er pba_148.012 kann nur in dem höchsten und endgültigen Ziele der Kunst (ihrem pba_148.013 τέλος τέλειον) gefunden werden, welches immer unveränderlich dasselbe pba_148.014 ist: daß nämlich, mögen die angewendeten Mittel und der eingeschlagene pba_148.015 Weg der Nachahmung noch so verschieden sein, ihre Auswahl im Beginn, pba_148.016 im Verlauf und in ihrem Abschlusse von der einen leitenden pba_148.017 Hauptabsicht bestimmt sei, daß durch ihre Gesamtheit in der Seele des pba_148.018 Empfangenden das richtige Bild des richtigen Pathos, des richtigenpba_148.019 Ethos, der richtigen Willensentscheidung hervorgebracht werde, pba_148.020 richtig nach ihrer Beschaffenheit, Stärke, ihren Gründen, nach dem pba_148.021 Zeitpunkte und der Stelle, an welcher sie auftreten. Der durchaus unbestimmte pba_148.022 und schwankende Begriff der Jdealität, welcher in der pba_148.023 modernen Aesthetik die Hauptrolle spielt — unbestimmt und schwankend pba_148.024 deshalb, weil er im einzelnen Falle für die Auswahl des Nachahmungs- pba_148.025 objektes sich unfruchtbar und sogar als irreleitend erweist — bekommt pba_148.026 damit einen greifbaren, für jeden Fall in einer jeden Dichtungsgattungpba_148.027 klar und mit Sicherheit zu bestimmenden Jnhalt. Es ist etwas pba_148.028 Grundverschiedenes, ob durch die Forderung „idealer Darstellung“ pba_148.029 eine Verschönerung des Gegenstandes derselben verlangt wird, mag sie pba_148.030 nun durch Verstärkung seiner Vollkommenheiten oder durch Fortlassung pba_148.031 seiner Unvollkommenheiten, oder durch beides zugleich erreicht werden: pba_148.032 oder ob für jeden einzelnen Fall von der künstlerischen Darstellung gefordert pba_148.033 wird, daß sie nur erfolgen dürfe, sofern ihr Gegenstand in der pba_148.034 Seele des Künstlers die richtige, die der Natur des Gegenstandes pba_148.035 entsprechende Bewegung erzeugte, und er denselben also pba_148.036 in der Weise darstellte, daß die Nachahmung dieses Seelenvorganges pba_148.037 bei dem Empfangenden durch das Kunstwerk ebenso hervorgebracht pba_148.038 werde, wie sie bei ihm selbst, durch die Vorstellung seines pba_148.039 Gegenstandes erregt, vorhanden war. Daß der Hörer eines Liedes also pba_148.040 von derselben Empfindung ergriffen werde, von welcher der Sänger des-
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und zwar so, daß durch die Nachahmung, gerade wie bei jenen, alle pba_148.002
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Es mag hier sogleich ausgesprochen werden, was freilich erst an pba_148.006
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Kunst als schön gelten wird. Jn der bloßen Wahrheit, d. h. Richtigkeit pba_148.010
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obwohl dieselbe nicht in dem kleinsten Stücke entbehrt werden kann: er pba_148.012
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τέλος τέλειον) gefunden werden, welches immer unveränderlich dasselbe pba_148.014
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werde, wie sie bei ihm selbst, durch die Vorstellung seines pba_148.039
Gegenstandes erregt, vorhanden war. Daß der Hörer eines Liedes also pba_148.040
von derselben Empfindung ergriffen werde, von welcher der Sänger des-
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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/166>, abgerufen am 09.11.2024.
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