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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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Bis in die kleinsten Züge hat er nun in dem Bilde der Seefahrt die pba_100.002
Empfindungen und Gemütsverfassungen, mit denen jenes Verhältnis ihn pba_100.003
bewegte, wiederzuspiegeln gewußt. Die lange Zeit des vergeblichen Harrens, pba_100.004
nachdem nun definitiv die weimarische Einladung angenommen war, die pba_100.005
drängende Ungeduld der Freunde und die ungemessenen Hoffnungen, pba_100.006
deren schnelle Erfüllung sie von jener Reise erwarteten, endlich der von pba_100.007
ihren frohen und zuversichtlichen Segenswünschen begleitete Aufbruch: pba_100.008
alles das in dem ungezwungensten und belebtesten Bilde vereinigt. Und pba_100.009
vollends die folgenden Strophen: in gedrängtester Kürze meint man hier pba_100.010
einen getreuen Abriß von dem Verhalten vor Augen zu haben, wie es pba_100.011
Goethe in den stürmischen Tagen der Weimarer Geniezeit sich vorgezeichnet pba_100.012
hatte und wie er dasselbe in dem köstlichen Gedicht "Jlmenau" pba_100.013
später ausführlicher geschildert hat. Wie der kluge Schiffer gegen die pba_100.014
widrigen Winde kreuzt um vorwärts zu kommen, so scheint er dem pba_100.015
tollen Treiben "sich hinzugeben", doch:

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Strebet leise sie zu überlisten, pba_100.017
Treu dem Zweck auch auf dem schiefen Wege.

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Aber heftiger schwillt das Wüten der Leidenschaft an, und auf pba_100.019
nutzlosen Widerstand verzichtend, gibt er das Schifflein eine Zeit lang pba_100.020
den stürmischen Wellen preis. Jst es nicht, als ob man den Chorus pba_100.021
der näher und ferner stehenden Freunde nun hörte, mit ihren Befürchtungen, pba_100.022
Warnungen, ihren mißtrauischen Klagen:

pba_100.023
Und an jenem Ufer drüben stehen pba_100.024
Freund' und Lieben, beben auf dem Festen: pba_100.025
Ach, warum ist er nicht hier geblieben! pba_100.026
Ach, der Sturm! Verschlagen weg vom Glücke! pba_100.027
Soll der Gute so zu Grunde gehen? pba_100.028
Ach, er sollte, ach, er könnte! Götter!

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Und endlich das Grundethos des Ganzen, der feste, freudige Lebensmut, pba_100.030
das unerschütterliche Vertrauen in sich selbst und in die Zukunft, pba_100.031
in den herrlichen Schlußversen:

pba_100.032
Doch er stehet männlich an dem Steuer; pba_100.033
Mit dem Schiffe spielen Wind und Wellen, pba_100.034
Wind und Wellen nicht mit seinem Herzen; pba_100.035
Herrschend blickt er auf die grimme Tiefe pba_100.036
Und vertrauet scheiternd oder landend pba_100.037
Seinen Göttern.

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Auf Widerspruch könnte es stoßen, wenn als ein drittes Beispiel pba_100.039
solcher allegorischen Dichtungsweise die Fabel "Adler und Taube" an-

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Bis in die kleinsten Züge hat er nun in dem Bilde der Seefahrt die pba_100.002
Empfindungen und Gemütsverfassungen, mit denen jenes Verhältnis ihn pba_100.003
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Aber heftiger schwillt das Wüten der Leidenschaft an, und auf pba_100.019
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Seinen Göttern.

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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/118>, abgerufen am 24.11.2024.