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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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vom Schonen und Ubersehen.

von der Conniventz und Ubersehung/
zu unserer Lehr und Nutzen werden in allen Ständen/ zu mercken und zu be-
halten haben. Darzu uns GOtt seine Gnade und Segen verleihen wolle/Wunsch.
Amen.

Erklärung deß Texts.

DAmit wir unsern vorgenommenen Text: Schone nicht! rechtHier sind
etliche Um-
stände zu
mercken:
1. Wer rede?

mögen verstehen/ müssen wir Achtung geben/ 1. Wer solche Worte
rede? nemlich GOtt der HErr/ dann die H. Schrifft ist von
GOtt eingegeben/ 2. Tim. 3. und zwar redet hierinnen der Heilige
Geist/ wie dann S. Paulus sagt/ der H. Geist habe durch den Propheten
Esaiam zu den Vättern geredet/ Gesch. 28. 2. Jst zu mercken/ mit wem der2. Mit
wem?

HErr rede/ nemlich mit dem Propheten Esaia/ welcher war ein Sohn Amoz/
auß dem Stamm Juda/ Königlichen Geblütes/ auß der Geburts-Lini deß
HErrn Messiae/ darum er ihn seinen Vatter nennet/ c. 5. Syrach sagt von
ihm/ er sey ein grosser und war hafftiger Prophet gewesen/ c. 48. dessen Buch
und Weissagung jederzeit hoch gehalten worden/ wie denn der HErr JEsus
in der Schulen zu Nazareth auß dem Buch Esaiae einen Text verlesen/ und
eine schöne Predigt darüber gehalten/ Luc. 4. und der Kämmerer oder Ge-
waltige der Königin Candaces in Morenland/ hat ihm selber zu Jerusalem das
Buch Esaiae gekaufft/ und in seiner Heim-Räise auf seinem Wagen darinnen
gelesen/ welches ihm Philippus auf sein Begehren außgeleget/ Gesch. 8.
Doch redet der HErr allhier nicht mit dem Propheten Esaia allein/ sondern
auch mit den andern Propheten/ und mit allen denen/ die den Propheten und
Aposteln in ihrem Amt ordentlicher Weise succediren und nachfolgen.
3. Seyn die Worte an sich selbsten zu bedencken/ was der HErr mit Esaia/3. Was?
und andern Geistlichen rede? nemlich/ er sagt: Schone nicht. Und wil
also/ er solle als ein Prophet und Prediger dem Volck/ seinen Zuhörern/
Obern und Untern/ ihre Sünde und Ubertrettung verkündigen/ solle darzu
getrost ruffen/ und seine Stimme/ wie eine Posaune erheben/ soll nicht scho-
nen/ nicht innen halten noch übersehen/ sonderlich aber soll er (wie in diesem
58. Cap. gemeldet wird/) das Volck straffen wegen ihrer Heuchel-Fasten/
und wegen der Entheiligung deß Sabbath-Tages deß HErrn. Was aberApplicatio.
der HErr allhier dem Propheten und den Predigern im Geistlichen Stand
sagt/ daß sie nicht schonen sollen/ eben das gehet auch auf die andern Stände
im Weltlichen und Häußlichen/ und ins gemein auf alle Christen/ wo etwan
etwas ungebührliches vorgehet/ der Nächste vergreiffet sich wider GOtt und
sein Wort/ thut wider sein Amt und Pflicht/ gibt ihm wol selber darinnen
Recht/ und fähret unbußfertig in Sünden fort/ so soll der andere ihm darin-

nen
B b b b b 3
vom Schonen und Uberſehen.

von der Conniventz und Uberſehung/
zu unſerer Lehr und Nutzen werden in allen Staͤnden/ zu mercken und zu be-
halten haben. Darzu uns GOtt ſeine Gnade und Segen verleihen wolle/Wunſch.
Amen.

Erklaͤrung deß Texts.

DAmit wir unſern vorgenommenen Text: Schone nicht! rechtHier ſind
etliche Um-
ſtaͤnde zu
mercken:
1. Wer rede?

moͤgen verſtehen/ muͤſſen wir Achtung geben/ 1. Wer ſolche Worte
rede? nemlich GOtt der HErꝛ/ dann die H. Schrifft iſt von
GOtt eingegeben/ 2. Tim. 3. und zwar redet hierinnen der Heilige
Geiſt/ wie dann S. Paulus ſagt/ der H. Geiſt habe durch den Propheten
Eſaiam zu den Vaͤttern geredet/ Geſch. 28. 2. Jſt zu mercken/ mit wem der2. Mit
wem?

HErꝛ rede/ nemlich mit dem Propheten Eſaia/ welcher war ein Sohn Amoz/
auß dem Stamm Juda/ Koͤniglichen Gebluͤtes/ auß der Geburts-Lini deß
HErꝛn Meſſiæ/ darum er ihn ſeinen Vatter nennet/ c. 5. Syrach ſagt von
ihm/ er ſey ein groſſer und war hafftiger Prophet geweſen/ c. 48. deſſen Buch
und Weiſſagung jederzeit hoch gehalten worden/ wie denn der HErꝛ JEſus
in der Schulen zu Nazareth auß dem Buch Eſaiæ einen Text verleſen/ und
eine ſchoͤne Predigt daruͤber gehalten/ Luc. 4. und der Kaͤmmerer oder Ge-
waltige der Koͤnigin Candaces in Morenland/ hat ihm ſelber zu Jeruſalem das
Buch Eſaiæ gekaufft/ und in ſeiner Heim-Raͤiſe auf ſeinem Wagen darinnen
geleſen/ welches ihm Philippus auf ſein Begehren außgeleget/ Geſch. 8.
Doch redet der HErꝛ allhier nicht mit dem Propheten Eſaia allein/ ſondern
auch mit den andern Propheten/ und mit allen denen/ die den Propheten und
Apoſteln in ihrem Amt ordentlicher Weiſe ſuccediren und nachfolgen.
3. Seyn die Worte an ſich ſelbſten zu bedencken/ was der HErꝛ mit Eſaia/3. Was?
und andern Geiſtlichen rede? nemlich/ er ſagt: Schone nicht. Und wil
alſo/ er ſolle als ein Prophet und Prediger dem Volck/ ſeinen Zuhoͤrern/
Obern und Untern/ ihre Suͤnde und Ubertrettung verkuͤndigen/ ſolle darzu
getroſt ruffen/ und ſeine Stimme/ wie eine Poſaune erheben/ ſoll nicht ſcho-
nen/ nicht innen halten noch uͤberſehen/ ſonderlich aber ſoll er (wie in dieſem
58. Cap. gemeldet wird/) das Volck ſtraffen wegen ihrer Heuchel-Faſten/
und wegen der Entheiligung deß Sabbath-Tages deß HErꝛn. Was aberApplicatio.
der HErꝛ allhier dem Propheten und den Predigern im Geiſtlichen Stand
ſagt/ daß ſie nicht ſchonen ſollen/ eben das gehet auch auf die andern Staͤnde
im Weltlichen und Haͤußlichen/ und ins gemein auf alle Chriſten/ wo etwan
etwas ungebuͤhrliches vorgehet/ der Naͤchſte vergreiffet ſich wider GOtt und
ſein Wort/ thut wider ſein Amt und Pflicht/ gibt ihm wol ſelber darinnen
Recht/ und faͤhret unbußfertig in Suͤnden fort/ ſo ſoll der andere ihm darin-

nen
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[749/0819] vom Schonen und Uberſehen. von der Conniventz und Uberſehung/ zu unſerer Lehr und Nutzen werden in allen Staͤnden/ zu mercken und zu be- halten haben. Darzu uns GOtt ſeine Gnade und Segen verleihen wolle/ Amen. Wunſch. Erklaͤrung deß Texts. DAmit wir unſern vorgenommenen Text: Schone nicht! recht moͤgen verſtehen/ muͤſſen wir Achtung geben/ 1. Wer ſolche Worte rede? nemlich GOtt der HErꝛ/ dann die H. Schrifft iſt von GOtt eingegeben/ 2. Tim. 3. und zwar redet hierinnen der Heilige Geiſt/ wie dann S. Paulus ſagt/ der H. Geiſt habe durch den Propheten Eſaiam zu den Vaͤttern geredet/ Geſch. 28. 2. Jſt zu mercken/ mit wem der HErꝛ rede/ nemlich mit dem Propheten Eſaia/ welcher war ein Sohn Amoz/ auß dem Stamm Juda/ Koͤniglichen Gebluͤtes/ auß der Geburts-Lini deß HErꝛn Meſſiæ/ darum er ihn ſeinen Vatter nennet/ c. 5. Syrach ſagt von ihm/ er ſey ein groſſer und war hafftiger Prophet geweſen/ c. 48. deſſen Buch und Weiſſagung jederzeit hoch gehalten worden/ wie denn der HErꝛ JEſus in der Schulen zu Nazareth auß dem Buch Eſaiæ einen Text verleſen/ und eine ſchoͤne Predigt daruͤber gehalten/ Luc. 4. und der Kaͤmmerer oder Ge- waltige der Koͤnigin Candaces in Morenland/ hat ihm ſelber zu Jeruſalem das Buch Eſaiæ gekaufft/ und in ſeiner Heim-Raͤiſe auf ſeinem Wagen darinnen geleſen/ welches ihm Philippus auf ſein Begehren außgeleget/ Geſch. 8. Doch redet der HErꝛ allhier nicht mit dem Propheten Eſaia allein/ ſondern auch mit den andern Propheten/ und mit allen denen/ die den Propheten und Apoſteln in ihrem Amt ordentlicher Weiſe ſuccediren und nachfolgen. 3. Seyn die Worte an ſich ſelbſten zu bedencken/ was der HErꝛ mit Eſaia/ und andern Geiſtlichen rede? nemlich/ er ſagt: Schone nicht. Und wil alſo/ er ſolle als ein Prophet und Prediger dem Volck/ ſeinen Zuhoͤrern/ Obern und Untern/ ihre Suͤnde und Ubertrettung verkuͤndigen/ ſolle darzu getroſt ruffen/ und ſeine Stimme/ wie eine Poſaune erheben/ ſoll nicht ſcho- nen/ nicht innen halten noch uͤberſehen/ ſonderlich aber ſoll er (wie in dieſem 58. Cap. gemeldet wird/) das Volck ſtraffen wegen ihrer Heuchel-Faſten/ und wegen der Entheiligung deß Sabbath-Tages deß HErꝛn. Was aber der HErꝛ allhier dem Propheten und den Predigern im Geiſtlichen Stand ſagt/ daß ſie nicht ſchonen ſollen/ eben das gehet auch auf die andern Staͤnde im Weltlichen und Haͤußlichen/ und ins gemein auf alle Chriſten/ wo etwan etwas ungebuͤhrliches vorgehet/ der Naͤchſte vergreiffet ſich wider GOtt und ſein Wort/ thut wider ſein Amt und Pflicht/ gibt ihm wol ſelber darinnen Recht/ und faͤhret unbußfertig in Suͤnden fort/ ſo ſoll der andere ihm darin- nen Hier ſind etliche Um- ſtaͤnde zu mercken: 1. Wer rede? 2. Mit wem? 3. Was? Applicatio. B b b b b 3

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 749. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/819>, abgerufen am 23.11.2024.