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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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von der Kargheit.
er sprechen/ nichts soll es ihm. Dann ein solcher karger Hund thut von sei-thut nichts
Gutes

nem Reichthum/ wann er gleich noch so viel hätte/ weder ihm selber noch an-
dern etwas zu gut darvon. Er sammlet nur viel/ und thut ihm doch selberweder ihm
selber/ noch
andern.

keine Gutthat da von an/ er wird seines Gutes nimmer froh/ hat keine Freude
noch Ergötzligkeit darbey: Und weil er ihm selber nichts Gutes thut/ was
solte man hoffen/ daß er andern Gutes thun solte? Er geniesset es selber nicht/
darum sammlet er es andern/ die werden einmal nach seinem Tod darein fal-
len/ und werden ihnen selber lassen eine gute Liebe darzu geschehen/ daß sie es
verprassen und durchbringen. Zwar es ist eine schöne/ nothwendige/ nütz-
liche Sache/ daß man in der Haußhaltung ein Ding räthlich zusammen halte/
sammle und spare/ und auf künfftige Noth sich vorsehe: Aber kein schänd-
licher Ding ist/ sagt Syrach/ als wann einer etwas gesammlet hat/ und leidet
darbey Mangel/ gönnet ihm selber nichts/ hat das Hertz nicht/ daß er etwas
darvon angreiffe/ und zur Noth/ oder auch zur Ergötzlichkeit für sich ge-
brauche: Sondern ängstet und sorget/ schaffet/ frettet und bemühet sich im-
mer nur/ daß er mehr zusammen bringe/ hat nie gnug/ und geniesset dessen
nicht/ was er schon hat. Aber das ist die rechte Plage/ für seine Boßheit/ esund das ist
eine Plage
über seine
Boßheit.

ist GOttes gerechte Straffe über ihn/ weil er bey seinem Geld und Gut so
karg und filtzig/ so nüssig und bissig ist/ so entziehet ihm auch GOTT seine
Gnade/ daß er auch ihm selbsten von all seinem Gut nichts Gutes anthun
mag/ gleich als ober gar nichts hätte und nichts vermöchte.

Lehr.

BEy diesen widerholten Worten Syrachs haben wir jetzo wieder vonLehr.
Vor der fil-
tzigen Karg-
heit soll sich
ein Christ
hüten/ weil
sie ist ein

einem andern Laster/ das eigentlich wider den lasterhafften Menschen
selbsten streitet/ zu reden/ welches ist Tenacitas, die Lauserey und fil-
tzige Kargheit/ da ein Mensch zwar von GOtt mit einer ziemlichen
Nahrung gesegnet ist/ aber ihm selber zur Noth und Ergötzlichkeit nichts Gu-
tes anthun mag/ sondern immer karget und sammlet/ und darbey Noth und
Mangel leidet/ und seines Gutes nimmer froh wird. Darfür soll sich nun
ein jeder Christ hüten um nachfolgender fünff Ursachen willen:

I. Weil die filtzige Kargheit ein ungöttlich Laster ist. Ungöttlich/I.
Ungöttlich.

dann es laufft wider GOttes Befehl und Willen/ Syrach in den folgenden
Worten unsers Texts/ eben in diesem 14. Cap. sagt: Mein Kind/ thue dir
selbst Gutes von dem Deinen. Salomo sagt: Es ist besser das gegenwär-
tige Gut gebrauchen/ denn nach anderm ged[e]ncken/ Pred. 6. S. Paulus
sagt: Wartet deß Leibes/ Rom. 13. und Col. 2. sagt er/ man soll deß Leibes
verschonen/ (verstehe mit unerträglichen Fasten/ Arbeit/ und dergleichen/)
und soll dem Fleisch seine Ehre thun zu seiner Nothdurfft. Deßhalben ver-
bietet auch GOtt der HErr/ daß keiner vor seinem Tod seine Güter andern

über-

von der Kargheit.
er ſprechen/ nichts ſoll es ihm. Dann ein ſolcher karger Hund thut von ſei-thut nichts
Gutes

nem Reichthum/ wann er gleich noch ſo viel haͤtte/ weder ihm ſelber noch an-
dern etwas zu gut darvon. Er ſammlet nur viel/ und thut ihm doch ſelberweder ihm
ſelber/ noch
andern.

keine Gutthat da von an/ er wird ſeines Gutes nimmer froh/ hat keine Freude
noch Ergoͤtzligkeit darbey: Und weil er ihm ſelber nichts Gutes thut/ was
ſolte man hoffen/ daß er andern Gutes thun ſolte? Er genieſſet es ſelber nicht/
darum ſammlet er es andern/ die werden einmal nach ſeinem Tod darein fal-
len/ und werden ihnen ſelber laſſen eine gute Liebe darzu geſchehen/ daß ſie es
verpraſſen und durchbringen. Zwar es iſt eine ſchoͤne/ nothwendige/ nuͤtz-
liche Sache/ daß man in der Haußhaltung ein Ding raͤthlich zuſammen halte/
ſammle und ſpare/ und auf kuͤnfftige Noth ſich vorſehe: Aber kein ſchaͤnd-
licher Ding iſt/ ſagt Syrach/ als wann einer etwas geſammlet hat/ und leidet
darbey Mangel/ goͤnnet ihm ſelber nichts/ hat das Hertz nicht/ daß er etwas
darvon angreiffe/ und zur Noth/ oder auch zur Ergoͤtzlichkeit fuͤr ſich ge-
brauche: Sondern aͤngſtet und ſorget/ ſchaffet/ frettet und bemuͤhet ſich im-
mer nur/ daß er mehr zuſammen bringe/ hat nie gnug/ und genieſſet deſſen
nicht/ was er ſchon hat. Aber das iſt die rechte Plage/ fuͤr ſeine Boßheit/ esund das iſt
eine Plage
uͤber ſeine
Boßheit.

iſt GOttes gerechte Straffe uͤber ihn/ weil er bey ſeinem Geld und Gut ſo
karg und filtzig/ ſo nuͤſſig und biſſig iſt/ ſo entziehet ihm auch GOTT ſeine
Gnade/ daß er auch ihm ſelbſten von all ſeinem Gut nichts Gutes anthun
mag/ gleich als ober gar nichts haͤtte und nichts vermoͤchte.

Lehr.

BEy dieſen widerholten Worten Syrachs haben wir jetzo wieder vonLehr.
Vor der fil-
tzigen Karg-
heit ſoll ſich
ein Chriſt
huͤten/ weil
ſie iſt ein

einem andern Laſter/ das eigentlich wider den laſterhafften Menſchen
ſelbſten ſtreitet/ zu reden/ welches iſt Tenacitas, die Lauſerey und fil-
tzige Kargheit/ da ein Menſch zwar von GOtt mit einer ziemlichen
Nahrung geſegnet iſt/ aber ihm ſelber zur Noth und Ergoͤtzlichkeit nichts Gu-
tes anthun mag/ ſondern immer karget und ſammlet/ und darbey Noth und
Mangel leidet/ und ſeines Gutes nimmer froh wird. Darfuͤr ſoll ſich nun
ein jeder Chriſt huͤten um nachfolgender fuͤnff Urſachen willen:

I. Weil die filtzige Kargheit ein ungoͤttlich Laſter iſt. Ungoͤttlich/I.
Ungoͤttlich.

dann es laufft wider GOttes Befehl und Willen/ Syrach in den folgenden
Worten unſers Texts/ eben in dieſem 14. Cap. ſagt: Mein Kind/ thue dir
ſelbſt Gutes von dem Deinen. Salomo ſagt: Es iſt beſſer das gegenwaͤr-
tige Gut gebrauchen/ denn nach anderm ged[e]ncken/ Pred. 6. S. Paulus
ſagt: Wartet deß Leibes/ Rom. 13. und Col. 2. ſagt er/ man ſoll deß Leibes
verſchonen/ (verſtehe mit unertraͤglichen Faſten/ Arbeit/ und dergleichen/)
und ſoll dem Fleiſch ſeine Ehre thun zu ſeiner Nothdurfft. Deßhalben ver-
bietet auch GOtt der HErꝛ/ daß keiner vor ſeinem Tod ſeine Guͤter andern

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[383/0453] von der Kargheit. er ſprechen/ nichts ſoll es ihm. Dann ein ſolcher karger Hund thut von ſei- nem Reichthum/ wann er gleich noch ſo viel haͤtte/ weder ihm ſelber noch an- dern etwas zu gut darvon. Er ſammlet nur viel/ und thut ihm doch ſelber keine Gutthat da von an/ er wird ſeines Gutes nimmer froh/ hat keine Freude noch Ergoͤtzligkeit darbey: Und weil er ihm ſelber nichts Gutes thut/ was ſolte man hoffen/ daß er andern Gutes thun ſolte? Er genieſſet es ſelber nicht/ darum ſammlet er es andern/ die werden einmal nach ſeinem Tod darein fal- len/ und werden ihnen ſelber laſſen eine gute Liebe darzu geſchehen/ daß ſie es verpraſſen und durchbringen. Zwar es iſt eine ſchoͤne/ nothwendige/ nuͤtz- liche Sache/ daß man in der Haußhaltung ein Ding raͤthlich zuſammen halte/ ſammle und ſpare/ und auf kuͤnfftige Noth ſich vorſehe: Aber kein ſchaͤnd- licher Ding iſt/ ſagt Syrach/ als wann einer etwas geſammlet hat/ und leidet darbey Mangel/ goͤnnet ihm ſelber nichts/ hat das Hertz nicht/ daß er etwas darvon angreiffe/ und zur Noth/ oder auch zur Ergoͤtzlichkeit fuͤr ſich ge- brauche: Sondern aͤngſtet und ſorget/ ſchaffet/ frettet und bemuͤhet ſich im- mer nur/ daß er mehr zuſammen bringe/ hat nie gnug/ und genieſſet deſſen nicht/ was er ſchon hat. Aber das iſt die rechte Plage/ fuͤr ſeine Boßheit/ es iſt GOttes gerechte Straffe uͤber ihn/ weil er bey ſeinem Geld und Gut ſo karg und filtzig/ ſo nuͤſſig und biſſig iſt/ ſo entziehet ihm auch GOTT ſeine Gnade/ daß er auch ihm ſelbſten von all ſeinem Gut nichts Gutes anthun mag/ gleich als ober gar nichts haͤtte und nichts vermoͤchte. thut nichts Gutes weder ihm ſelber/ noch andern. und das iſt eine Plage uͤber ſeine Boßheit. Lehr. BEy dieſen widerholten Worten Syrachs haben wir jetzo wieder von einem andern Laſter/ das eigentlich wider den laſterhafften Menſchen ſelbſten ſtreitet/ zu reden/ welches iſt Tenacitas, die Lauſerey und fil- tzige Kargheit/ da ein Menſch zwar von GOtt mit einer ziemlichen Nahrung geſegnet iſt/ aber ihm ſelber zur Noth und Ergoͤtzlichkeit nichts Gu- tes anthun mag/ ſondern immer karget und ſammlet/ und darbey Noth und Mangel leidet/ und ſeines Gutes nimmer froh wird. Darfuͤr ſoll ſich nun ein jeder Chriſt huͤten um nachfolgender fuͤnff Urſachen willen: Lehr. Vor der fil- tzigen Karg- heit ſoll ſich ein Chriſt huͤten/ weil ſie iſt ein I. Weil die filtzige Kargheit ein ungoͤttlich Laſter iſt. Ungoͤttlich/ dann es laufft wider GOttes Befehl und Willen/ Syrach in den folgenden Worten unſers Texts/ eben in dieſem 14. Cap. ſagt: Mein Kind/ thue dir ſelbſt Gutes von dem Deinen. Salomo ſagt: Es iſt beſſer das gegenwaͤr- tige Gut gebrauchen/ denn nach anderm gedencken/ Pred. 6. S. Paulus ſagt: Wartet deß Leibes/ Rom. 13. und Col. 2. ſagt er/ man ſoll deß Leibes verſchonen/ (verſtehe mit unertraͤglichen Faſten/ Arbeit/ und dergleichen/) und ſoll dem Fleiſch ſeine Ehre thun zu ſeiner Nothdurfft. Deßhalben ver- bietet auch GOtt der HErꝛ/ daß keiner vor ſeinem Tod ſeine Guͤter andern uͤber- I. Ungoͤttlich.

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/453>, abgerufen am 21.11.2024.