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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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Aber der Geburtstag ist ja erst am 15. Oktober --
und jetzt haben wir Mai. Warum werden denn nicht
die vorhergehenden Stücke einstudirt?"

"Kleinigkeit, wird Alles zur Zeit geschehen ...
und nun folgte eine wahre Apotheose des neuen Insti¬
tutes, von dem Wohlwollen des Königs, der brennenden
Ungeduld des Publikums -- einer neuen, herrlichen
Kunstepoche ... und so unaufhaltsam weiter ...

Erst bei Biedenfeld's durfte ich freier athmen. Mit
Herzlichkeit wurden wir von den Wienerinnen bewill¬
kommnet. Die Baronin hatte dieselbe Ruhe und Milde
in ihrem Benehmen, wie meine Mutter. Sie war früher
an den Komiker Schüler in Dessau verheirathet gewesen
und hatte selbst als Sängerin geglänzt. Ihre Tochter
aus erster Ehe, Frau Spitzeder, war eine zierliche Er¬
scheinung: schwarze Prachtaugen schauten aus dem blassen,
lieblichen Gesicht unendlich wehmüthig, als suchten sie
vergebens das geliebte Wien, wo Henriette Spitzeder als
erste Sängerin der Liebling der Wiener war. Oder
ahnten diese schönen, traurigen Augen, daß sie sich schon
nach vier Jahren auf immer schließen sollten? -- Spitz¬
eder, der berühmte Wiener Baßbuffo, dagegen sah fröh¬
lich und zuversichtlich aus. Ein großer, blondlockiger,
schöner junger Mann, dessen lächeln und blitzende tief¬
blaue Augen den humoristischen Schalk verriethen.

Plötzlich sagte Kunowsky Adieu! -- und fort war er.
Wir sahen uns eine Weile beobachtend -- lächelnd an
-- aber der köstliche Spitzeder gab in seiner derb gemüth¬

Aber der Geburtstag iſt ja erſt am 15. Oktober —
und jetzt haben wir Mai. Warum werden denn nicht
die vorhergehenden Stücke einſtudirt?«

»Kleinigkeit, wird Alles zur Zeit geſchehen …
und nun folgte eine wahre Apotheoſe des neuen Inſti¬
tutes, von dem Wohlwollen des Königs, der brennenden
Ungeduld des Publikums — einer neuen, herrlichen
Kunſtepoche … und ſo unaufhaltſam weiter …

Erſt bei Biedenfeld's durfte ich freier athmen. Mit
Herzlichkeit wurden wir von den Wienerinnen bewill¬
kommnet. Die Baronin hatte dieſelbe Ruhe und Milde
in ihrem Benehmen, wie meine Mutter. Sie war früher
an den Komiker Schüler in Deſſau verheirathet geweſen
und hatte ſelbſt als Sängerin geglänzt. Ihre Tochter
aus erſter Ehe, Frau Spitzeder, war eine zierliche Er¬
ſcheinung: ſchwarze Prachtaugen ſchauten aus dem blaſſen,
lieblichen Geſicht unendlich wehmüthig, als ſuchten ſie
vergebens das geliebte Wien, wo Henriette Spitzeder als
erſte Sängerin der Liebling der Wiener war. Oder
ahnten dieſe ſchönen, traurigen Augen, daß ſie ſich ſchon
nach vier Jahren auf immer ſchließen ſollten? — Spitz¬
eder, der berühmte Wiener Baßbuffo, dagegen ſah fröh¬
lich und zuverſichtlich aus. Ein großer, blondlockiger,
ſchöner junger Mann, deſſen lächeln und blitzende tief¬
blaue Augen den humoriſtiſchen Schalk verriethen.

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— aber der köſtliche Spitzeder gab in ſeiner derb gemüth¬

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[42/0070] Aber der Geburtstag iſt ja erſt am 15. Oktober — und jetzt haben wir Mai. Warum werden denn nicht die vorhergehenden Stücke einſtudirt?« »Kleinigkeit, wird Alles zur Zeit geſchehen … und nun folgte eine wahre Apotheoſe des neuen Inſti¬ tutes, von dem Wohlwollen des Königs, der brennenden Ungeduld des Publikums — einer neuen, herrlichen Kunſtepoche … und ſo unaufhaltſam weiter … Erſt bei Biedenfeld's durfte ich freier athmen. Mit Herzlichkeit wurden wir von den Wienerinnen bewill¬ kommnet. Die Baronin hatte dieſelbe Ruhe und Milde in ihrem Benehmen, wie meine Mutter. Sie war früher an den Komiker Schüler in Deſſau verheirathet geweſen und hatte ſelbſt als Sängerin geglänzt. Ihre Tochter aus erſter Ehe, Frau Spitzeder, war eine zierliche Er¬ ſcheinung: ſchwarze Prachtaugen ſchauten aus dem blaſſen, lieblichen Geſicht unendlich wehmüthig, als ſuchten ſie vergebens das geliebte Wien, wo Henriette Spitzeder als erſte Sängerin der Liebling der Wiener war. Oder ahnten dieſe ſchönen, traurigen Augen, daß ſie ſich ſchon nach vier Jahren auf immer ſchließen ſollten? — Spitz¬ eder, der berühmte Wiener Baßbuffo, dagegen ſah fröh¬ lich und zuverſichtlich aus. Ein großer, blondlockiger, ſchöner junger Mann, deſſen lächeln und blitzende tief¬ blaue Augen den humoriſtiſchen Schalk verriethen. Plötzlich ſagte Kunowsky Adieu! — und fort war er. Wir ſahen uns eine Weile beobachtend — lächelnd an — aber der köſtliche Spitzeder gab in ſeiner derb gemüth¬

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/70>, abgerufen am 22.11.2024.