wenn auch mit dem Opfer des einen apfelgrünen Frack¬ schoßes und der Hälfte der braunen Locken und des einen blauen Atlaßschuhes der holden Julie ... und wie sie beide doch so unendlich glücklich waren, der Eröffnung des neuen Königstädter Theaters beiwohnen zu können ...
In dies alte, theaterenthusiastische Berlin von anno 1824 -- wie es sich das junge Berlin von anno 1870 kaum noch denken kann -- fuhren die Mutter und ich am 26. Mai 1824 Nachts 11 Uhr ein, -- durch die nicht enden wollende Königsstraße dem Ochsenmarkt zu. Bethmann hatte versprochen, uns dort ein provisorisches Logis zu miethen.
Der große Ochsenmarkt war wie ausgestorben. In dem bezeichneten Hause links neben dem Theater schienen sämmtliche Bewohner zu schlafen. Der Postillon blies, rief, klopfte, zog die Glocke -- lange vergebens. Endlich wurde ein Fenster im ersten Stock geöffnet. Ein Licht und ein jugendliches Gesicht neigten sich hinaus, und in bayerischer Mundart hörten wir: "Kommen Sie etwa aus Karlsruhe? Dann bitte heraufzukommen! Direktor Bethmann hat uns ersucht, Sie zu bewillkommnen; bis morgen müssen Sie sich schon mit dem bestellten, leider sehr unwohnlichen Zimmer behelfen." Die artige Sprecherin, Fräulein Weidner aus München, begrüßte mich als Kol¬ legin sehr herzlich. Aber eine Hiobspost kam nach: Beth¬ mann hatte nach einer heftigen Scene mit den Aktionären seine Entlassung gefordert -- erhalten -- und tief ge¬ kränkt Berlin verlassen.
wenn auch mit dem Opfer des einen apfelgrünen Frack¬ ſchoßes und der Hälfte der braunen Locken und des einen blauen Atlaßſchuhes der holden Julie … und wie ſie beide doch ſo unendlich glücklich waren, der Eröffnung des neuen Königſtädter Theaters beiwohnen zu können …
In dies alte, theaterenthuſiaſtiſche Berlin von anno 1824 — wie es ſich das junge Berlin von anno 1870 kaum noch denken kann — fuhren die Mutter und ich am 26. Mai 1824 Nachts 11 Uhr ein, — durch die nicht enden wollende Königsſtraße dem Ochſenmarkt zu. Bethmann hatte verſprochen, uns dort ein proviſoriſches Logis zu miethen.
Der große Ochſenmarkt war wie ausgeſtorben. In dem bezeichneten Hauſe links neben dem Theater ſchienen ſämmtliche Bewohner zu ſchlafen. Der Poſtillon blies, rief, klopfte, zog die Glocke — lange vergebens. Endlich wurde ein Fenſter im erſten Stock geöffnet. Ein Licht und ein jugendliches Geſicht neigten ſich hinaus, und in bayeriſcher Mundart hörten wir: »Kommen Sie etwa aus Karlsruhe? Dann bitte heraufzukommen! Direktor Bethmann hat uns erſucht, Sie zu bewillkommnen; bis morgen müſſen Sie ſich ſchon mit dem beſtellten, leider ſehr unwohnlichen Zimmer behelfen.« Die artige Sprecherin, Fräulein Weidner aus München, begrüßte mich als Kol¬ legin ſehr herzlich. Aber eine Hiobspoſt kam nach: Beth¬ mann hatte nach einer heftigen Scene mit den Aktionären ſeine Entlaſſung gefordert — erhalten — und tief ge¬ kränkt Berlin verlaſſen.
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wenn auch mit dem Opfer des einen apfelgrünen Frack¬
ſchoßes und der Hälfte der braunen Locken und des einen
blauen Atlaßſchuhes der holden Julie … und wie ſie
beide doch ſo unendlich glücklich waren, der Eröffnung des
neuen Königſtädter Theaters beiwohnen zu können …
In dies alte, theaterenthuſiaſtiſche Berlin von anno
1824 — wie es ſich das junge Berlin von anno 1870
kaum noch denken kann — fuhren die Mutter und ich
am 26. Mai 1824 Nachts 11 Uhr ein, — durch die
nicht enden wollende Königsſtraße dem Ochſenmarkt zu.
Bethmann hatte verſprochen, uns dort ein proviſoriſches
Logis zu miethen.
Der große Ochſenmarkt war wie ausgeſtorben. In
dem bezeichneten Hauſe links neben dem Theater ſchienen
ſämmtliche Bewohner zu ſchlafen. Der Poſtillon blies,
rief, klopfte, zog die Glocke — lange vergebens. Endlich
wurde ein Fenſter im erſten Stock geöffnet. Ein Licht
und ein jugendliches Geſicht neigten ſich hinaus, und in
bayeriſcher Mundart hörten wir: »Kommen Sie etwa
aus Karlsruhe? Dann bitte heraufzukommen! Direktor
Bethmann hat uns erſucht, Sie zu bewillkommnen; bis
morgen müſſen Sie ſich ſchon mit dem beſtellten, leider ſehr
unwohnlichen Zimmer behelfen.« Die artige Sprecherin,
Fräulein Weidner aus München, begrüßte mich als Kol¬
legin ſehr herzlich. Aber eine Hiobspoſt kam nach: Beth¬
mann hatte nach einer heftigen Scene mit den Aktionären
ſeine Entlaſſung gefordert — erhalten — und tief ge¬
kränkt Berlin verlaſſen.
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/62>, abgerufen am 22.11.2024.
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