Beide Prinzessinnen waren lieblich erblüht. Amalie, zart, blaß, blondgelockt, mit tiefblauen, wehmüthigen Augen, war eine ätherische Erscheinung. Cäcilie dagegen glühte wie eine frische Rose; lange, braune Locken um¬ flossen glänzend das edelschöne Gesicht, und ihre wunder¬ vollen Augen leuchteten bald auf wie die eines fröhlichen Kindes, bald blickten sie sinnend mild wie bei Murillo's Madonnen. Und Beide waren gut und lieb zu der kleinen Komödiantin, wie einst zu ihrem kindlichen Tänzer. Sie versäumten auch nie eine Vorstellung, wenn ich in einer neuen Rolle auftrat, und nickten mir sogar oft aus ihrer Loge auf die Bühne ermuthigend zu. Und als ich im Mai 1824 Abschied von Karlsruhe und auch im schwedischen Palais nahm, um in mein neues Engagement nach Berlin zu gehen, da waren beide Prinzessinnen sichtbar betrübt.
"Wann werden wir Sie wiedersehen?" fragte Cäcilie.
"Wenn ich den Namen Künstlerin verdiene!"
"Und wenn wir Sie dann rufen?" sagte Cäcilie.
"So fliege ich herbei!" war meine thränenerstickte Antwort.
Die Königin von Schweden sollte ich nicht wieder¬ sehen. Sie schloß bald darauf die schönen Augen, die so viel geweint haben, wie wohl keine anderen Augen, über denen einst eine Königskrone strahlte. Aber nach vierzehn Jahren, als ich in Bremen gastirte, ließ Cäcilie, Großherzogin von Oldenburg, die "Künstlerin" zu einem Gastspiel nach Oldenburg einladen und mir schreiben: "Der Weg von Bremen hierher ist langweilig, die
Beide Prinzeſſinnen waren lieblich erblüht. Amalie, zart, blaß, blondgelockt, mit tiefblauen, wehmüthigen Augen, war eine ätheriſche Erſcheinung. Cäcilie dagegen glühte wie eine friſche Roſe; lange, braune Locken um¬ floſſen glänzend das edelſchöne Geſicht, und ihre wunder¬ vollen Augen leuchteten bald auf wie die eines fröhlichen Kindes, bald blickten ſie ſinnend mild wie bei Murillo's Madonnen. Und Beide waren gut und lieb zu der kleinen Komödiantin, wie einſt zu ihrem kindlichen Tänzer. Sie verſäumten auch nie eine Vorſtellung, wenn ich in einer neuen Rolle auftrat, und nickten mir ſogar oft aus ihrer Loge auf die Bühne ermuthigend zu. Und als ich im Mai 1824 Abſchied von Karlsruhe und auch im ſchwediſchen Palais nahm, um in mein neues Engagement nach Berlin zu gehen, da waren beide Prinzeſſinnen ſichtbar betrübt.
»Wann werden wir Sie wiederſehen?« fragte Cäcilie.
»Wenn ich den Namen Künſtlerin verdiene!«
»Und wenn wir Sie dann rufen?« ſagte Cäcilie.
»So fliege ich herbei!« war meine thränenerſtickte Antwort.
Die Königin von Schweden ſollte ich nicht wieder¬ ſehen. Sie ſchloß bald darauf die ſchönen Augen, die ſo viel geweint haben, wie wohl keine anderen Augen, über denen einſt eine Königskrone ſtrahlte. Aber nach vierzehn Jahren, als ich in Bremen gaſtirte, ließ Cäcilie, Großherzogin von Oldenburg, die »Künſtlerin« zu einem Gaſtſpiel nach Oldenburg einladen und mir ſchreiben: »Der Weg von Bremen hierher iſt langweilig, die
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0497"n="469"/><p>Beide Prinzeſſinnen waren lieblich erblüht. Amalie,<lb/>
zart, blaß, blondgelockt, mit tiefblauen, wehmüthigen<lb/>
Augen, war eine ätheriſche Erſcheinung. Cäcilie dagegen<lb/>
glühte wie eine friſche Roſe; lange, braune Locken um¬<lb/>
floſſen glänzend das edelſchöne Geſicht, und ihre wunder¬<lb/>
vollen Augen leuchteten bald auf wie die eines fröhlichen<lb/>
Kindes, bald blickten ſie ſinnend mild wie bei Murillo's<lb/>
Madonnen. Und Beide waren gut und lieb zu der kleinen<lb/>
Komödiantin, wie einſt zu ihrem kindlichen Tänzer. Sie<lb/>
verſäumten auch nie eine Vorſtellung, wenn ich in einer<lb/>
neuen Rolle auftrat, und nickten mir ſogar oft aus ihrer<lb/>
Loge auf die Bühne ermuthigend zu. Und als ich im<lb/>
Mai 1824 Abſchied von Karlsruhe und auch im ſchwediſchen<lb/>
Palais nahm, um in mein neues Engagement nach Berlin<lb/>
zu gehen, da waren beide Prinzeſſinnen ſichtbar betrübt.</p><lb/><p>»Wann werden wir Sie wiederſehen?« fragte Cäcilie.</p><lb/><p>»Wenn ich den Namen Künſtlerin verdiene!«</p><lb/><p>»Und wenn wir Sie dann rufen?« ſagte Cäcilie.</p><lb/><p>»So fliege ich herbei!« war meine thränenerſtickte<lb/>
Antwort.</p><lb/><p>Die Königin von Schweden ſollte ich nicht wieder¬<lb/>ſehen. Sie ſchloß bald darauf die ſchönen Augen, die<lb/>ſo viel geweint haben, wie wohl keine anderen Augen,<lb/>
über denen einſt eine Königskrone ſtrahlte. Aber nach<lb/>
vierzehn Jahren, als ich in Bremen gaſtirte, ließ Cäcilie,<lb/>
Großherzogin von Oldenburg, die »Künſtlerin« zu einem<lb/>
Gaſtſpiel nach Oldenburg einladen und mir ſchreiben:<lb/>
»Der Weg von Bremen hierher iſt langweilig, die<lb/></p></div></body></text></TEI>
[469/0497]
Beide Prinzeſſinnen waren lieblich erblüht. Amalie,
zart, blaß, blondgelockt, mit tiefblauen, wehmüthigen
Augen, war eine ätheriſche Erſcheinung. Cäcilie dagegen
glühte wie eine friſche Roſe; lange, braune Locken um¬
floſſen glänzend das edelſchöne Geſicht, und ihre wunder¬
vollen Augen leuchteten bald auf wie die eines fröhlichen
Kindes, bald blickten ſie ſinnend mild wie bei Murillo's
Madonnen. Und Beide waren gut und lieb zu der kleinen
Komödiantin, wie einſt zu ihrem kindlichen Tänzer. Sie
verſäumten auch nie eine Vorſtellung, wenn ich in einer
neuen Rolle auftrat, und nickten mir ſogar oft aus ihrer
Loge auf die Bühne ermuthigend zu. Und als ich im
Mai 1824 Abſchied von Karlsruhe und auch im ſchwediſchen
Palais nahm, um in mein neues Engagement nach Berlin
zu gehen, da waren beide Prinzeſſinnen ſichtbar betrübt.
»Wann werden wir Sie wiederſehen?« fragte Cäcilie.
»Wenn ich den Namen Künſtlerin verdiene!«
»Und wenn wir Sie dann rufen?« ſagte Cäcilie.
»So fliege ich herbei!« war meine thränenerſtickte
Antwort.
Die Königin von Schweden ſollte ich nicht wieder¬
ſehen. Sie ſchloß bald darauf die ſchönen Augen, die
ſo viel geweint haben, wie wohl keine anderen Augen,
über denen einſt eine Königskrone ſtrahlte. Aber nach
vierzehn Jahren, als ich in Bremen gaſtirte, ließ Cäcilie,
Großherzogin von Oldenburg, die »Künſtlerin« zu einem
Gaſtſpiel nach Oldenburg einladen und mir ſchreiben:
»Der Weg von Bremen hierher iſt langweilig, die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/497>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.