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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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Konzertmeister Lipinski und Reissiger, zwei sehr bekannte
Hofräthe und noch ein halb Dutzend anderer glühender
Kunstenthusiasten, während Lola bei ihrer Gymnastik
fortwährend schrillte! "Non! ce ne dance plus! on
n'a pas applaudi quand ce faicais ca
-- (Pantomime
des Kußhandwerfens) -- ce ne dance plus devant un
tel publique.."

Ich hatte Mühe, nicht hell in diese Szene hinein¬
zulachen, besonders als die Verehrer mich mit verlegenen
Gesichtern pantomimisch baten, ihnen zu Hülfe zu kommen,
Ich trat in die Garderobe. Kaum hatte Lola mich und
meine Hündchen gesehen, so stellte sie ihre tollen Sprünge
ein, machte einen kühnen Salto mortale auf mich zu
und jubelte: "Oh, ma bella Donna! Oh! ces colis
petits ciens! oh! ces bijoux ... mais, ce ne dance
plus devant un tel publique meconnaissant
--"
und das Aufstemmen, Hüpfen, Hintenausschlagen sollte
wieder lustig losgehen.

"Und was soll mit den vielen schönen Blumen werden,
die schon durch das Haus duften?" sagte ich französisch.

"Blumen? -- Blumen im Theater? Ich hab' keine
gesehen, mir hat man keine geworfen, obgleich ich meine
schönste Kußhand warf ..."

"Die Blumen sollen Ihnen ja auch erst nach dem
zweiten Tanze huldigen. So ist es in Dresden Sitte."

"Pas possible!"

"Und es sind Kränze darunter mit langflatternden
Altlasbändern und darauf gedruckten Gedichten ..."

Konzertmeiſter Lipinski und Reiſſiger, zwei ſehr bekannte
Hofräthe und noch ein halb Dutzend anderer glühender
Kunſtenthuſiaſten, während Lola bei ihrer Gymnaſtik
fortwährend ſchrillte! »Non! çe ne dance plus! on
n'a pas applaudi quand çe faiçais ça
— (Pantomime
des Kußhandwerfens) — çe ne dance plus devant un
tel publique..«

Ich hatte Mühe, nicht hell in dieſe Szene hinein¬
zulachen, beſonders als die Verehrer mich mit verlegenen
Geſichtern pantomimiſch baten, ihnen zu Hülfe zu kommen,
Ich trat in die Garderobe. Kaum hatte Lola mich und
meine Hündchen geſehen, ſo ſtellte ſie ihre tollen Sprünge
ein, machte einen kühnen Salto mortale auf mich zu
und jubelte: »Oh, ma bella Donna! Oh! çes çolis
petits çiens! oh! çes bijoux … mais, çe ne dance
plus devant un tel publique méconnaissant
—«
und das Aufſtemmen, Hüpfen, Hintenausſchlagen ſollte
wieder luſtig losgehen.

»Und was ſoll mit den vielen ſchönen Blumen werden,
die ſchon durch das Haus duften?« ſagte ich franzöſiſch.

»Blumen? — Blumen im Theater? Ich hab' keine
geſehen, mir hat man keine geworfen, obgleich ich meine
ſchönſte Kußhand warf …«

»Die Blumen ſollen Ihnen ja auch erſt nach dem
zweiten Tanze huldigen. So iſt es in Dresden Sitte.«

»Pas possible!«

»Und es ſind Kränze darunter mit langflatternden
Altlasbändern und darauf gedruckten Gedichten …«

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[455/0483] Konzertmeiſter Lipinski und Reiſſiger, zwei ſehr bekannte Hofräthe und noch ein halb Dutzend anderer glühender Kunſtenthuſiaſten, während Lola bei ihrer Gymnaſtik fortwährend ſchrillte! »Non! çe ne dance plus! on n'a pas applaudi quand çe faiçais ça — (Pantomime des Kußhandwerfens) — çe ne dance plus devant un tel publique..« Ich hatte Mühe, nicht hell in dieſe Szene hinein¬ zulachen, beſonders als die Verehrer mich mit verlegenen Geſichtern pantomimiſch baten, ihnen zu Hülfe zu kommen, Ich trat in die Garderobe. Kaum hatte Lola mich und meine Hündchen geſehen, ſo ſtellte ſie ihre tollen Sprünge ein, machte einen kühnen Salto mortale auf mich zu und jubelte: »Oh, ma bella Donna! Oh! çes çolis petits çiens! oh! çes bijoux … mais, çe ne dance plus devant un tel publique méconnaissant —« und das Aufſtemmen, Hüpfen, Hintenausſchlagen ſollte wieder luſtig losgehen. »Und was ſoll mit den vielen ſchönen Blumen werden, die ſchon durch das Haus duften?« ſagte ich franzöſiſch. »Blumen? — Blumen im Theater? Ich hab' keine geſehen, mir hat man keine geworfen, obgleich ich meine ſchönſte Kußhand warf …« »Die Blumen ſollen Ihnen ja auch erſt nach dem zweiten Tanze huldigen. So iſt es in Dresden Sitte.« »Pas possible!« »Und es ſind Kränze darunter mit langflatternden Altlasbändern und darauf gedruckten Gedichten …«

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/483>, abgerufen am 18.05.2024.