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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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der Toilette ihre verschönende Hand und die bretterne
Welt hinter den Coulissen und die andere Welt vor den
selben uns immer neuen Heiterkeitsstoff liehen -- und
das heute so still und kahl und traurig aussah. Ich
nahm auch wehmüthigen, dankbaren Abschied von der
kleinen vergitterten Proßeniumsloge, aus der mich des
alten Dramaturgen herrliche Augen in der guten alten
Gnadenzeit so oft und so väterlich lieb angeleuchtet hatten.
Und auch später wirkte das Bewußtsein: Tieck blickt jetzt
auf dich! -- so wunderbar poetisch anregend, hebend auf
mich -- auf uns Alle in den Proben und Vorstellungen.

Aber auch mit beklommenem Herzen nahm ich Ab¬
schied von dem alten Hause. Ich konnte das Bangen
nicht los werden: mit dem alten Hause zerbröckelt auch
Dresdens einfach edle, gemüthvolle, ungekünstelte Schau¬
spielkunst! In diesem engen Rahmen war die herzlichste
Natürlichkeit zu Hause. In dem großen Prachtgebäude
wird -- muß ein brillantes Virtuosenthum sich mehr
und mehr an's Lampenlicht drängen, das bescheidene,
herzinnige Zusammenwirken um der Sache willen wird
einem Wetteifer der Personen: sich neben- und vor¬
einander geltend zu machen! weichen -- auf Kosten der
wahren Kunst!

Leider sollte ich nicht so ganz Unrecht mit diesen
Befürchtungen haben, obgleich ich die glänzenden Vor¬
züge des neuen Hauses für große klassische und handlungs¬
reiche Stücke, wie "Tell", "Jungfrau von Orleans",
"Maria Stuart" u. a. bald anerkennen lernte. Auch

der Toilette ihre verſchönende Hand und die bretterne
Welt hinter den Couliſſen und die andere Welt vor den
ſelben uns immer neuen Heiterkeitsſtoff liehen — und
das heute ſo ſtill und kahl und traurig ausſah. Ich
nahm auch wehmüthigen, dankbaren Abſchied von der
kleinen vergitterten Proſzeniumsloge, aus der mich des
alten Dramaturgen herrliche Augen in der guten alten
Gnadenzeit ſo oft und ſo väterlich lieb angeleuchtet hatten.
Und auch ſpäter wirkte das Bewußtſein: Tieck blickt jetzt
auf dich! — ſo wunderbar poetiſch anregend, hebend auf
mich — auf uns Alle in den Proben und Vorſtellungen.

Aber auch mit beklommenem Herzen nahm ich Ab¬
ſchied von dem alten Hauſe. Ich konnte das Bangen
nicht los werden: mit dem alten Hauſe zerbröckelt auch
Dresdens einfach edle, gemüthvolle, ungekünſtelte Schau¬
ſpielkunſt! In dieſem engen Rahmen war die herzlichſte
Natürlichkeit zu Hauſe. In dem großen Prachtgebäude
wird — muß ein brillantes Virtuoſenthum ſich mehr
und mehr an's Lampenlicht drängen, das beſcheidene,
herzinnige Zuſammenwirken um der Sache willen wird
einem Wetteifer der Perſonen: ſich neben- und vor¬
einander geltend zu machen! weichen — auf Koſten der
wahren Kunſt!

Leider ſollte ich nicht ſo ganz Unrecht mit dieſen
Befürchtungen haben, obgleich ich die glänzenden Vor¬
züge des neuen Hauſes für große klaſſiſche und handlungs¬
reiche Stücke, wie »Tell«, »Jungfrau von Orleans«,
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[443/0471] der Toilette ihre verſchönende Hand und die bretterne Welt hinter den Couliſſen und die andere Welt vor den ſelben uns immer neuen Heiterkeitsſtoff liehen — und das heute ſo ſtill und kahl und traurig ausſah. Ich nahm auch wehmüthigen, dankbaren Abſchied von der kleinen vergitterten Proſzeniumsloge, aus der mich des alten Dramaturgen herrliche Augen in der guten alten Gnadenzeit ſo oft und ſo väterlich lieb angeleuchtet hatten. Und auch ſpäter wirkte das Bewußtſein: Tieck blickt jetzt auf dich! — ſo wunderbar poetiſch anregend, hebend auf mich — auf uns Alle in den Proben und Vorſtellungen. Aber auch mit beklommenem Herzen nahm ich Ab¬ ſchied von dem alten Hauſe. Ich konnte das Bangen nicht los werden: mit dem alten Hauſe zerbröckelt auch Dresdens einfach edle, gemüthvolle, ungekünſtelte Schau¬ ſpielkunſt! In dieſem engen Rahmen war die herzlichſte Natürlichkeit zu Hauſe. In dem großen Prachtgebäude wird — muß ein brillantes Virtuoſenthum ſich mehr und mehr an's Lampenlicht drängen, das beſcheidene, herzinnige Zuſammenwirken um der Sache willen wird einem Wetteifer der Perſonen: ſich neben- und vor¬ einander geltend zu machen! weichen — auf Koſten der wahren Kunſt! Leider ſollte ich nicht ſo ganz Unrecht mit dieſen Befürchtungen haben, obgleich ich die glänzenden Vor¬ züge des neuen Hauſes für große klaſſiſche und handlungs¬ reiche Stücke, wie »Tell«, »Jungfrau von Orleans«, »Maria Stuart« u. a. bald anerkennen lernte. Auch

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/471>, abgerufen am 22.11.2024.