Auch sie "ist gern gestorben". Eine rührende Szene von ihrem Sterbebette schilderte mir Theodor Hell. Ihre junge Schwester Agnes sank in der letzten Stunde schluch¬ zend an ihrem Bett nieder: "Dorothea, Du darfst mich nicht verlassen, wie soll ich ohne Dich leben?" -- und Dorothea flüsterte sanft, mit mildem, verklärten Lächeln: "Kind, lerne von mir sterben!"
Unter diesem Schlage wollte Tieck doch fast zusammen¬ brechen. Daß auch Dorothea gern gestorben, hat ihn diesmal wenig zu beruhigen vermocht. Er verschloß sich in seine Bibliothek und wollte Niemanden sehen. Dort saß er sinnend, stumm, thränenlos ...
Und auch des Lebens Sorgen drohten an ihn heran¬ zu treten. Der Gräfin Vermögen war zerronnen und der alte Romantiker war müde: zu schreiben, zu arbeiten, zu erwerben. In dem Eckhause am Altmarkt ward es immer stiller, düsterer, trauriger. Die Gräfin klagte über ihre Gesundheit und war fast ganz erblindet. Der Kreis der Verehrer war in den letzten Jahren bedenklich dünn geworden, und vor dem geliebten Lesepulte gab es schon mehr leere, als besetzte Stühle. Auch Agnes dachte an's Scheiden, um einem geliebten Manne als Gattin nach Schlesien zu folgen. Immer stiller wurde es um die beiden alten Bewohner der romantischen Zauberburg.
Da fiel es wie ein Sonnenstrahl in die düsteren Schatten des verödeten traurigen Eckhauses hinein, -- der Ruf Friedrich Wilhelm IV. von Preußen an den alten Romantiker: mit einem Jahrgehalt von 3000 Thalern
Auch ſie »iſt gern geſtorben«. Eine rührende Szene von ihrem Sterbebette ſchilderte mir Theodor Hell. Ihre junge Schweſter Agnes ſank in der letzten Stunde ſchluch¬ zend an ihrem Bett nieder: »Dorothea, Du darfſt mich nicht verlaſſen, wie ſoll ich ohne Dich leben?« — und Dorothea flüſterte ſanft, mit mildem, verklärten Lächeln: »Kind, lerne von mir ſterben!«
Unter dieſem Schlage wollte Tieck doch faſt zuſammen¬ brechen. Daß auch Dorothea gern geſtorben, hat ihn diesmal wenig zu beruhigen vermocht. Er verſchloß ſich in ſeine Bibliothek und wollte Niemanden ſehen. Dort ſaß er ſinnend, ſtumm, thränenlos …
Und auch des Lebens Sorgen drohten an ihn heran¬ zu treten. Der Gräfin Vermögen war zerronnen und der alte Romantiker war müde: zu ſchreiben, zu arbeiten, zu erwerben. In dem Eckhauſe am Altmarkt ward es immer ſtiller, düſterer, trauriger. Die Gräfin klagte über ihre Geſundheit und war faſt ganz erblindet. Der Kreis der Verehrer war in den letzten Jahren bedenklich dünn geworden, und vor dem geliebten Leſepulte gab es ſchon mehr leere, als beſetzte Stühle. Auch Agnes dachte an's Scheiden, um einem geliebten Manne als Gattin nach Schleſien zu folgen. Immer ſtiller wurde es um die beiden alten Bewohner der romantiſchen Zauberburg.
Da fiel es wie ein Sonnenſtrahl in die düſteren Schatten des verödeten traurigen Eckhauſes hinein, — der Ruf Friedrich Wilhelm IV. von Preußen an den alten Romantiker: mit einem Jahrgehalt von 3000 Thalern
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Auch ſie »iſt gern geſtorben«. Eine rührende Szene von
ihrem Sterbebette ſchilderte mir Theodor Hell. Ihre
junge Schweſter Agnes ſank in der letzten Stunde ſchluch¬
zend an ihrem Bett nieder: »Dorothea, Du darfſt mich
nicht verlaſſen, wie ſoll ich ohne Dich leben?« — und
Dorothea flüſterte ſanft, mit mildem, verklärten Lächeln:
»Kind, lerne von mir ſterben!«
Unter dieſem Schlage wollte Tieck doch faſt zuſammen¬
brechen. Daß auch Dorothea gern geſtorben, hat ihn
diesmal wenig zu beruhigen vermocht. Er verſchloß ſich
in ſeine Bibliothek und wollte Niemanden ſehen. Dort
ſaß er ſinnend, ſtumm, thränenlos …
Und auch des Lebens Sorgen drohten an ihn heran¬
zu treten. Der Gräfin Vermögen war zerronnen und der
alte Romantiker war müde: zu ſchreiben, zu arbeiten,
zu erwerben. In dem Eckhauſe am Altmarkt ward es
immer ſtiller, düſterer, trauriger. Die Gräfin klagte
über ihre Geſundheit und war faſt ganz erblindet. Der
Kreis der Verehrer war in den letzten Jahren bedenklich
dünn geworden, und vor dem geliebten Leſepulte gab es
ſchon mehr leere, als beſetzte Stühle. Auch Agnes dachte
an's Scheiden, um einem geliebten Manne als Gattin
nach Schleſien zu folgen. Immer ſtiller wurde es um
die beiden alten Bewohner der romantiſchen Zauberburg.
Da fiel es wie ein Sonnenſtrahl in die düſteren
Schatten des verödeten traurigen Eckhauſes hinein, — der
Ruf Friedrich Wilhelm IV. von Preußen an den alten
Romantiker: mit einem Jahrgehalt von 3000 Thalern
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/456>, abgerufen am 25.11.2024.
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