Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

damen engagirt -- und seufzte die Zeit herbei, wo ihr
Kontrakt zu Ende und sie nach Deutschland zurückkehren
könne. "Selbst nach Jahren fühlt der Deutsche sich hier
-- stets in der Fremde. Gemüthliche Geselligkeit ist in
Pest nicht zu finden, nur ein wildes Jagen nach Ver¬
gnügen."

"Aber schön ist diese Race" -- sagte ich. "Wie
imposant und feurig elastisch schreitet die Jugend einher,
die schlanken, graziösen Gestalten durch malerisch kleid¬
sames Kostüm noch gehoben -- dazu diese ideal schönen
Züge -- blitzenden Augen -- über dem zierlich gewölbten
Munde mit den lachenden Zähnen das keckste Bärtchen ..."

"Und wenn dieses reizende Mündchen sich öffnet
und der kostbare Schnauzer sich kräuselt ... dann ent¬
fliehen dem Gehege dieser lachenden Zähne die geistvollen
Worte: Pferde -- Frauen -- Hunde -- Pfeifen ... und:

"Rückwärts! rückwärts! Don Rodrigo,
Rückwärts! rückwärts! edler Eid!"
... Pfeifen -- Hunde -- Frauen -- Pferde ..."

Frau Dehni mußte traurige Erfahrungen mit diesen
schönen kühnen Schnurrbärten gemacht haben!

Mir gegenüber entkräuselten sie sich nur in liebens¬
würdigster, achtungsvollster Weise. Mein Gastspiel in
Pest gehört zu den beifallrauschendsten, die ich kennen
lernte. Vierzehn Mal spielte ich vor dichtbesetztem Hause
-- und doch war ich überfroh, als ich mich endlich
glücklich durch diese Herkulesaufgabe durchge--schrieen
hatte.

damen engagirt — und ſeufzte die Zeit herbei, wo ihr
Kontrakt zu Ende und ſie nach Deutſchland zurückkehren
könne. »Selbſt nach Jahren fühlt der Deutſche ſich hier
— ſtets in der Fremde. Gemüthliche Geſelligkeit iſt in
Peſt nicht zu finden, nur ein wildes Jagen nach Ver¬
gnügen.«

»Aber ſchön iſt dieſe Race« — ſagte ich. »Wie
impoſant und feurig elaſtiſch ſchreitet die Jugend einher,
die ſchlanken, graziöſen Geſtalten durch maleriſch kleid¬
ſames Koſtüm noch gehoben — dazu dieſe ideal ſchönen
Züge — blitzenden Augen — über dem zierlich gewölbten
Munde mit den lachenden Zähnen das keckſte Bärtchen …«

»Und wenn dieſes reizende Mündchen ſich öffnet
und der koſtbare Schnauzer ſich kräuſelt … dann ent¬
fliehen dem Gehege dieſer lachenden Zähne die geiſtvollen
Worte: Pferde — Frauen — Hunde — Pfeifen … und:

»Rückwärts! rückwärts! Don Rodrigo,
Rückwärts! rückwärts! edler Eid!«
… Pfeifen — Hunde — Frauen — Pferde …«

Frau Dehni mußte traurige Erfahrungen mit dieſen
ſchönen kühnen Schnurrbärten gemacht haben!

Mir gegenüber entkräuſelten ſie ſich nur in liebens¬
würdigſter, achtungsvollſter Weiſe. Mein Gaſtſpiel in
Peſt gehört zu den beifallrauſchendſten, die ich kennen
lernte. Vierzehn Mal ſpielte ich vor dichtbeſetztem Hauſe
— und doch war ich überfroh, als ich mich endlich
glücklich durch dieſe Herkulesaufgabe durchge—ſchrieen
hatte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0320" n="292"/>
damen engagirt &#x2014; und &#x017F;eufzte die Zeit herbei, wo ihr<lb/>
Kontrakt zu Ende und &#x017F;ie nach Deut&#x017F;chland zurückkehren<lb/>
könne. »Selb&#x017F;t nach Jahren fühlt der Deut&#x017F;che &#x017F;ich hier<lb/>
&#x2014; &#x017F;tets in der Fremde. Gemüthliche Ge&#x017F;elligkeit i&#x017F;t in<lb/>
Pe&#x017F;t nicht zu finden, nur ein wildes Jagen nach Ver¬<lb/>
gnügen.«</p><lb/>
        <p>»Aber &#x017F;chön i&#x017F;t die&#x017F;e Race« &#x2014; &#x017F;agte ich. »Wie<lb/>
impo&#x017F;ant und feurig ela&#x017F;ti&#x017F;ch &#x017F;chreitet die Jugend einher,<lb/>
die &#x017F;chlanken, graziö&#x017F;en Ge&#x017F;talten durch maleri&#x017F;ch kleid¬<lb/>
&#x017F;ames Ko&#x017F;tüm noch gehoben &#x2014; dazu die&#x017F;e ideal &#x017F;chönen<lb/>
Züge &#x2014; blitzenden Augen &#x2014; über dem zierlich gewölbten<lb/>
Munde mit den lachenden Zähnen das keck&#x017F;te Bärtchen &#x2026;«</p><lb/>
        <p>»Und wenn die&#x017F;es reizende Mündchen &#x017F;ich öffnet<lb/>
und der ko&#x017F;tbare Schnauzer &#x017F;ich kräu&#x017F;elt &#x2026; dann ent¬<lb/>
fliehen dem Gehege die&#x017F;er lachenden Zähne die gei&#x017F;tvollen<lb/>
Worte: Pferde &#x2014; Frauen &#x2014; Hunde &#x2014; Pfeifen &#x2026; und:<lb/><lg type="poem"><l>»Rückwärts! rückwärts! Don Rodrigo,</l><lb/><l>Rückwärts! rückwärts! edler Eid!«</l><lb/></lg>  &#x2026; Pfeifen &#x2014; Hunde &#x2014; Frauen &#x2014; Pferde &#x2026;«</p><lb/>
        <p>Frau Dehni mußte traurige Erfahrungen mit die&#x017F;en<lb/>
&#x017F;chönen kühnen Schnurrbärten gemacht haben!</p><lb/>
        <p>Mir gegenüber entkräu&#x017F;elten &#x017F;ie &#x017F;ich nur in liebens¬<lb/>
würdig&#x017F;ter, achtungsvoll&#x017F;ter Wei&#x017F;e. Mein Ga&#x017F;t&#x017F;piel in<lb/>
Pe&#x017F;t gehört zu den beifallrau&#x017F;chend&#x017F;ten, die ich kennen<lb/>
lernte. Vierzehn Mal &#x017F;pielte ich vor dichtbe&#x017F;etztem Hau&#x017F;e<lb/>
&#x2014; und doch war ich überfroh, als ich mich endlich<lb/>
glücklich durch die&#x017F;e Herkulesaufgabe durchge&#x2014;&#x017F;chrieen<lb/>
hatte.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[292/0320] damen engagirt — und ſeufzte die Zeit herbei, wo ihr Kontrakt zu Ende und ſie nach Deutſchland zurückkehren könne. »Selbſt nach Jahren fühlt der Deutſche ſich hier — ſtets in der Fremde. Gemüthliche Geſelligkeit iſt in Peſt nicht zu finden, nur ein wildes Jagen nach Ver¬ gnügen.« »Aber ſchön iſt dieſe Race« — ſagte ich. »Wie impoſant und feurig elaſtiſch ſchreitet die Jugend einher, die ſchlanken, graziöſen Geſtalten durch maleriſch kleid¬ ſames Koſtüm noch gehoben — dazu dieſe ideal ſchönen Züge — blitzenden Augen — über dem zierlich gewölbten Munde mit den lachenden Zähnen das keckſte Bärtchen …« »Und wenn dieſes reizende Mündchen ſich öffnet und der koſtbare Schnauzer ſich kräuſelt … dann ent¬ fliehen dem Gehege dieſer lachenden Zähne die geiſtvollen Worte: Pferde — Frauen — Hunde — Pfeifen … und: »Rückwärts! rückwärts! Don Rodrigo, Rückwärts! rückwärts! edler Eid!« … Pfeifen — Hunde — Frauen — Pferde …« Frau Dehni mußte traurige Erfahrungen mit dieſen ſchönen kühnen Schnurrbärten gemacht haben! Mir gegenüber entkräuſelten ſie ſich nur in liebens¬ würdigſter, achtungsvollſter Weiſe. Mein Gaſtſpiel in Peſt gehört zu den beifallrauſchendſten, die ich kennen lernte. Vierzehn Mal ſpielte ich vor dichtbeſetztem Hauſe — und doch war ich überfroh, als ich mich endlich glücklich durch dieſe Herkulesaufgabe durchge—ſchrieen hatte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/320
Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/320>, abgerufen am 18.05.2024.