Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.stand und ihrer himmelstürmenden Begeisterung oft in Besonders ergriff die Schlußscene: als der Hirt Im Theater an der Wien sah ich zum ersten Mal Im "Alpenkönig" bildeten Direktor Karl, Raimund Ja, in Raimund als Dichter und Schauspieler ſtand und ihrer himmelſtürmenden Begeiſterung oft in Beſonders ergriff die Schlußſcene: als der Hirt Im Theater an der Wien ſah ich zum erſten Mal Im »Alpenkönig« bildeten Direktor Karl, Raimund Ja, in Raimund als Dichter und Schauſpieler <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0300" n="272"/> ſtand und ihrer himmelſtürmenden Begeiſterung oft in<lb/> draſtiſchſter Weiſe Luft machte.</p><lb/> <p>Beſonders ergriff die Schlußſcene: als der Hirt<lb/> (Ludwig Löwe) in ſeiner beſcheidenen Hütte erwacht —<lb/> ein reiner, gottvertrauender Menſch, arm und unbekannt<lb/> — — aber ſo froh und dankbar, daß er allen Glanz<lb/> und Reichthum … und den Verrath und Mord, durch<lb/> die er ſein Sehnen nach Macht und Glück geſtillt —<lb/> nur geträumt hatte. Daß der Zuſchauer erſt in dieſem<lb/> Augenblick erfährt: es war Alles nur ein Traum —<lb/> das bekundet die Meiſterſchaft des Dichters. —</p><lb/> <p>Im Theater an der Wien ſah ich zum erſten Mal<lb/> den bezaubernden Raimund und ſeine entzückenden Zauber¬<lb/> märchen. Eine neue Welt ging mir hier auf den Brettern<lb/> auf. Ich wurde wieder zum lachenden und weinenden<lb/> Kinde — — und gut und gläubig und hoffnungsſelig<lb/> wie ein Kind, das des Lebens Dornen und Giftblumen<lb/> noch nicht kennt.</p><lb/> <p>Im »Alpenkönig« bildeten Direktor Karl, Raimund<lb/> und der Komiker Scholz das köſtlichſte Enſemble, und<lb/> im »Verſchwender« war Raimund ein wundernärriſcher<lb/> lieber Valentin.</p><lb/> <p>Ja, in Raimund als Dichter und Schauſpieler<lb/> lebte den Wienern ein Stück deutſchen Shakeſpeare's:<lb/> ſo körnig, ſo urſprünglich und naturwüchſig iſt in ſeinen<lb/> gemüthvollen Dichtungen Alles. Wenn Shakeſpeare<lb/> aber in ſeinen finſterſten Tragödien oft heitere Bilder<lb/> aufblitzen läßt und durch dieſen jähen Kontraſt gerade<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [272/0300]
ſtand und ihrer himmelſtürmenden Begeiſterung oft in
draſtiſchſter Weiſe Luft machte.
Beſonders ergriff die Schlußſcene: als der Hirt
(Ludwig Löwe) in ſeiner beſcheidenen Hütte erwacht —
ein reiner, gottvertrauender Menſch, arm und unbekannt
— — aber ſo froh und dankbar, daß er allen Glanz
und Reichthum … und den Verrath und Mord, durch
die er ſein Sehnen nach Macht und Glück geſtillt —
nur geträumt hatte. Daß der Zuſchauer erſt in dieſem
Augenblick erfährt: es war Alles nur ein Traum —
das bekundet die Meiſterſchaft des Dichters. —
Im Theater an der Wien ſah ich zum erſten Mal
den bezaubernden Raimund und ſeine entzückenden Zauber¬
märchen. Eine neue Welt ging mir hier auf den Brettern
auf. Ich wurde wieder zum lachenden und weinenden
Kinde — — und gut und gläubig und hoffnungsſelig
wie ein Kind, das des Lebens Dornen und Giftblumen
noch nicht kennt.
Im »Alpenkönig« bildeten Direktor Karl, Raimund
und der Komiker Scholz das köſtlichſte Enſemble, und
im »Verſchwender« war Raimund ein wundernärriſcher
lieber Valentin.
Ja, in Raimund als Dichter und Schauſpieler
lebte den Wienern ein Stück deutſchen Shakeſpeare's:
ſo körnig, ſo urſprünglich und naturwüchſig iſt in ſeinen
gemüthvollen Dichtungen Alles. Wenn Shakeſpeare
aber in ſeinen finſterſten Tragödien oft heitere Bilder
aufblitzen läßt und durch dieſen jähen Kontraſt gerade
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Zitationshilfe: | Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/300>, abgerufen am 16.07.2024. |