Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

war tiefbraun, von einem kurzen schwarzen Bart umrahmt,
und seine dunklen Augen blitzten in Lebenslust und neckischem
Muthwillen. Das Ganze -- Pferd und Reiter -- boten
das Bild übermüthigen Jugendfeuers, Grazie mit Kraft
verschmolzen. Seine Feueraugen huschten zu uns herüber,
-- und dann ließ er sich uns vorstellen. Er plauderte
gewandt, sprudelnd, -- aber für meine Gewohnheiten
doch etwas zu -- -- Wienerisch cavalierement. Kaum
hatten wir zwei Minuten mit einander geplaudert, so
bat er, uns morgen im Prater spazieren fahren zu
dürfen. Als ich etwas kühl für diese Ehre dankte, sahen
mich die brennenden Augen schier verwundert an, als
wollten sie sagen: "Graf Sandor bietet seine prachtvolle
Equipage und seine noch prachtvollere Person als Kutscher
einer -- Schauspielerin an -- -- und diese lehnt Alles
ab ... das ist wirklich neu in Wien ..." Aber, sein
ganzes Benehmen -- sein Ton, sein Blick, sein Gruß
nahmen doch gleich eine andere Färbung an -- und so oft
wir uns auch wieder in Wien begegneten, stets bezeugte
er mir seinen Respekt -- im besten Sinne des Worts.

Im Prater konnte man den Grafen täglich sehen.
Ja, der Wiener konnte sich seinen Prater gar nicht mehr
ohne den lustigen, übermüthigen, wilden und so überaus
erfindungsreichen Grafen Sandor denken, der so prächtig
für das Amüsement der guten Wiener sorgte. Wo er
sich zeigte, wurde er von der Menge mit Jubel und
Händeklatschen begrüßt, und auf allen Gesichtern zuckte
die größte Spannung: ob der Graf denn nicht heute

war tiefbraun, von einem kurzen ſchwarzen Bart umrahmt,
und ſeine dunklen Augen blitzten in Lebensluſt und neckiſchem
Muthwillen. Das Ganze — Pferd und Reiter — boten
das Bild übermüthigen Jugendfeuers, Grazie mit Kraft
verſchmolzen. Seine Feueraugen huſchten zu uns herüber,
— und dann ließ er ſich uns vorſtellen. Er plauderte
gewandt, ſprudelnd, — aber für meine Gewohnheiten
doch etwas zu — — Wieneriſch cavalièrement. Kaum
hatten wir zwei Minuten mit einander geplaudert, ſo
bat er, uns morgen im Prater ſpazieren fahren zu
dürfen. Als ich etwas kühl für dieſe Ehre dankte, ſahen
mich die brennenden Augen ſchier verwundert an, als
wollten ſie ſagen: »Graf Sandor bietet ſeine prachtvolle
Equipage und ſeine noch prachtvollere Perſon als Kutſcher
einer — Schauſpielerin an — — und dieſe lehnt Alles
ab … das iſt wirklich neu in Wien …« Aber, ſein
ganzes Benehmen — ſein Ton, ſein Blick, ſein Gruß
nahmen doch gleich eine andere Färbung an — und ſo oft
wir uns auch wieder in Wien begegneten, ſtets bezeugte
er mir ſeinen Reſpekt — im beſten Sinne des Worts.

Im Prater konnte man den Grafen täglich ſehen.
Ja, der Wiener konnte ſich ſeinen Prater gar nicht mehr
ohne den luſtigen, übermüthigen, wilden und ſo überaus
erfindungsreichen Grafen Sandor denken, der ſo prächtig
für das Amüſement der guten Wiener ſorgte. Wo er
ſich zeigte, wurde er von der Menge mit Jubel und
Händeklatſchen begrüßt, und auf allen Geſichtern zuckte
die größte Spannung: ob der Graf denn nicht heute

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0292" n="264"/>
war tiefbraun, von einem kurzen &#x017F;chwarzen Bart umrahmt,<lb/>
und &#x017F;eine dunklen Augen blitzten in Lebenslu&#x017F;t und necki&#x017F;chem<lb/>
Muthwillen. Das Ganze &#x2014; Pferd und Reiter &#x2014; boten<lb/>
das Bild übermüthigen Jugendfeuers, Grazie mit Kraft<lb/>
ver&#x017F;chmolzen. Seine Feueraugen hu&#x017F;chten zu uns herüber,<lb/>
&#x2014; und dann ließ er &#x017F;ich uns vor&#x017F;tellen. Er plauderte<lb/>
gewandt, &#x017F;prudelnd, &#x2014; aber für meine Gewohnheiten<lb/>
doch etwas zu &#x2014; &#x2014; Wieneri&#x017F;ch <hi rendition="#aq">cavalièrement</hi>. Kaum<lb/>
hatten wir zwei Minuten mit einander geplaudert, &#x017F;o<lb/>
bat er, uns morgen im Prater &#x017F;pazieren fahren zu<lb/>
dürfen. Als ich etwas kühl für die&#x017F;e Ehre dankte, &#x017F;ahen<lb/>
mich die brennenden Augen &#x017F;chier verwundert an, als<lb/>
wollten &#x017F;ie &#x017F;agen: »Graf Sandor bietet &#x017F;eine prachtvolle<lb/>
Equipage und &#x017F;eine noch prachtvollere Per&#x017F;on als Kut&#x017F;cher<lb/>
einer &#x2014; Schau&#x017F;pielerin an &#x2014; &#x2014; und die&#x017F;e lehnt Alles<lb/>
ab &#x2026; das i&#x017F;t wirklich neu in Wien &#x2026;« Aber, &#x017F;ein<lb/>
ganzes Benehmen &#x2014; &#x017F;ein Ton, &#x017F;ein Blick, &#x017F;ein Gruß<lb/>
nahmen doch gleich eine andere Färbung an &#x2014; und &#x017F;o oft<lb/>
wir uns auch wieder in Wien begegneten, &#x017F;tets bezeugte<lb/>
er mir &#x017F;einen Re&#x017F;pekt &#x2014; im be&#x017F;ten Sinne des Worts.</p><lb/>
        <p>Im Prater konnte man den Grafen täglich &#x017F;ehen.<lb/>
Ja, der Wiener konnte &#x017F;ich &#x017F;einen Prater gar nicht mehr<lb/>
ohne den lu&#x017F;tigen, übermüthigen, wilden und &#x017F;o überaus<lb/>
erfindungsreichen Grafen Sandor denken, der &#x017F;o prächtig<lb/>
für das Amü&#x017F;ement der guten Wiener &#x017F;orgte. Wo er<lb/>
&#x017F;ich zeigte, wurde er von der Menge mit Jubel und<lb/>
Händeklat&#x017F;chen begrüßt, und auf allen Ge&#x017F;ichtern zuckte<lb/>
die größte Spannung: ob der Graf denn nicht heute<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[264/0292] war tiefbraun, von einem kurzen ſchwarzen Bart umrahmt, und ſeine dunklen Augen blitzten in Lebensluſt und neckiſchem Muthwillen. Das Ganze — Pferd und Reiter — boten das Bild übermüthigen Jugendfeuers, Grazie mit Kraft verſchmolzen. Seine Feueraugen huſchten zu uns herüber, — und dann ließ er ſich uns vorſtellen. Er plauderte gewandt, ſprudelnd, — aber für meine Gewohnheiten doch etwas zu — — Wieneriſch cavalièrement. Kaum hatten wir zwei Minuten mit einander geplaudert, ſo bat er, uns morgen im Prater ſpazieren fahren zu dürfen. Als ich etwas kühl für dieſe Ehre dankte, ſahen mich die brennenden Augen ſchier verwundert an, als wollten ſie ſagen: »Graf Sandor bietet ſeine prachtvolle Equipage und ſeine noch prachtvollere Perſon als Kutſcher einer — Schauſpielerin an — — und dieſe lehnt Alles ab … das iſt wirklich neu in Wien …« Aber, ſein ganzes Benehmen — ſein Ton, ſein Blick, ſein Gruß nahmen doch gleich eine andere Färbung an — und ſo oft wir uns auch wieder in Wien begegneten, ſtets bezeugte er mir ſeinen Reſpekt — im beſten Sinne des Worts. Im Prater konnte man den Grafen täglich ſehen. Ja, der Wiener konnte ſich ſeinen Prater gar nicht mehr ohne den luſtigen, übermüthigen, wilden und ſo überaus erfindungsreichen Grafen Sandor denken, der ſo prächtig für das Amüſement der guten Wiener ſorgte. Wo er ſich zeigte, wurde er von der Menge mit Jubel und Händeklatſchen begrüßt, und auf allen Geſichtern zuckte die größte Spannung: ob der Graf denn nicht heute

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/292
Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/292>, abgerufen am 17.05.2024.