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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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Wo ich ohne Wunsch und Klage
Lebte an der Unschuld Hand?
Wo ein Hänfling meine Freude,
Eine Blume meine Lust ...
Wenn nur, Herr Direktor ..."

"Nun?" -- frugen Helmersen's wasserblaue, stets
verwunderungsvoll blickende Augen.

"Ja, wenn nur unser dicker Barlow als Graf Bo¬
rotin sich nicht etwas Ungeheuerliches ausdenkt, besonders
während des Todeskampfes! ... Wahrhaftig, ich würde
ihn nicht wieder vom Ersticken retten, wie vor drei Jahren
in Romeo und Julie ... Ich habe zu furchtbare Angst
ausgestanden ..."

Barlow und ich hatten nämlich verabredet, nach dem
Vorgang von Mad. Stich und Alexander Wolff in Berlin,
im letzten Akt eine Gruppe nach einem berühmten Ge¬
mälde zu bilden. Julia ruht im Sarge, welcher auf
einer Erhöhung von sieben oder acht Stufen steht. Nach¬
dem Romeo die Geliebte zum letzten Male umarmt hat,
tritt er einige Stufen zurück, nimmt das Gift und stürzt,
unter Qualen seine Seele aushauchend, den letzten Blick
auf seine Gattin geheftet, am Sarge nieder, so daß der
sich anlehnende Körper von demselben gestützt wird. Die
erwachte Julia kniet dann nach der Flucht Lorenzo's bei
ihm hin, ersticht sich und stirbt, ihr Haupt an Romeo's
Brust geneigt. Die Väter ersteigen die Stufen und
reichen sich zur Versöhnung die Hände über der Gruppe
Romeo's und Julia's.

Wo ich ohne Wunſch und Klage
Lebte an der Unſchuld Hand?
Wo ein Hänfling meine Freude,
Eine Blume meine Luſt …
Wenn nur, Herr Direktor …«

»Nun?« — frugen Helmerſen's waſſerblaue, ſtets
verwunderungsvoll blickende Augen.

»Ja, wenn nur unſer dicker Barlow als Graf Bo¬
rotin ſich nicht etwas Ungeheuerliches ausdenkt, beſonders
während des Todeskampfes! … Wahrhaftig, ich würde
ihn nicht wieder vom Erſticken retten, wie vor drei Jahren
in Romeo und Julie … Ich habe zu furchtbare Angſt
ausgeſtanden …«

Barlow und ich hatten nämlich verabredet, nach dem
Vorgang von Mad. Stich und Alexander Wolff in Berlin,
im letzten Akt eine Gruppe nach einem berühmten Ge¬
mälde zu bilden. Julia ruht im Sarge, welcher auf
einer Erhöhung von ſieben oder acht Stufen ſteht. Nach¬
dem Romeo die Geliebte zum letzten Male umarmt hat,
tritt er einige Stufen zurück, nimmt das Gift und ſtürzt,
unter Qualen ſeine Seele aushauchend, den letzten Blick
auf ſeine Gattin geheftet, am Sarge nieder, ſo daß der
ſich anlehnende Körper von demſelben geſtützt wird. Die
erwachte Julia kniet dann nach der Flucht Lorenzo's bei
ihm hin, erſticht ſich und ſtirbt, ihr Haupt an Romeo's
Bruſt geneigt. Die Väter erſteigen die Stufen und
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[222/0250] Wo ich ohne Wunſch und Klage Lebte an der Unſchuld Hand? Wo ein Hänfling meine Freude, Eine Blume meine Luſt … Wenn nur, Herr Direktor …« »Nun?« — frugen Helmerſen's waſſerblaue, ſtets verwunderungsvoll blickende Augen. »Ja, wenn nur unſer dicker Barlow als Graf Bo¬ rotin ſich nicht etwas Ungeheuerliches ausdenkt, beſonders während des Todeskampfes! … Wahrhaftig, ich würde ihn nicht wieder vom Erſticken retten, wie vor drei Jahren in Romeo und Julie … Ich habe zu furchtbare Angſt ausgeſtanden …« Barlow und ich hatten nämlich verabredet, nach dem Vorgang von Mad. Stich und Alexander Wolff in Berlin, im letzten Akt eine Gruppe nach einem berühmten Ge¬ mälde zu bilden. Julia ruht im Sarge, welcher auf einer Erhöhung von ſieben oder acht Stufen ſteht. Nach¬ dem Romeo die Geliebte zum letzten Male umarmt hat, tritt er einige Stufen zurück, nimmt das Gift und ſtürzt, unter Qualen ſeine Seele aushauchend, den letzten Blick auf ſeine Gattin geheftet, am Sarge nieder, ſo daß der ſich anlehnende Körper von demſelben geſtützt wird. Die erwachte Julia kniet dann nach der Flucht Lorenzo's bei ihm hin, erſticht ſich und ſtirbt, ihr Haupt an Romeo's Bruſt geneigt. Die Väter erſteigen die Stufen und reichen ſich zur Verſöhnung die Hände über der Gruppe Romeo's und Julia's.

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/250>, abgerufen am 22.11.2024.