in der Spielart die Rede sein müssen. Und in die¬ ser Beziehung muß man an den Leistungen des Fräulein Bauer rühmlichst anerkennen, daß sie in einer Manier gehalten sind, die gar keine Manier ist. Bei Mad. Crelinger, Mad. Haizinger, Fräu¬ lein von Hagn kann man in der That von Ma¬ nieren reden, von großen, interessanten und liebens¬ würdigen, womit sie zu effektuiren im Stande sind, und mir fällt dabei das Wort der Catalani über die Sontag ein, von der sie sagte: sie sei groß in ihrer Manier, aber ihre Manier sei nicht groß. Fräulein Bauer hat in ihrem Spiel den eigenthüm¬ lichen Vorzug, keine effektuirenden Nebenrücksichten zu kennen, ihr Spiel geht wesentlich aus dem Ver¬ ständniß des Dichters hervor, und tritt niemals aus dem Rahmen heraus, der ein Kunstwerk zu einem Ganzen gestaltet. Künstlerische Persönlich¬ keiten dieser Art erhalten ihre wahre Stellung recht eigentlich nur in einem allseitig durchbildeten En¬ semble, dessen Zusammenspiel nur den Zweck hat, ein echtes Kunstwerk zur vollendeten Erscheinung zu bringen. Wolff mußte sich immer erst seine Mit¬ spieler erziehen, damit sie ihm so, wie es zu einem Totaleindruck nöthig war, in die Hand spielten.
in der Spielart die Rede ſein müſſen. Und in die¬ ſer Beziehung muß man an den Leiſtungen des Fräulein Bauer rühmlichſt anerkennen, daß ſie in einer Manier gehalten ſind, die gar keine Manier iſt. Bei Mad. Crelinger, Mad. Haizinger, Fräu¬ lein von Hagn kann man in der That von Ma¬ nieren reden, von großen, intereſſanten und liebens¬ würdigen, womit ſie zu effektuiren im Stande ſind, und mir fällt dabei das Wort der Catalani über die Sontag ein, von der ſie ſagte: ſie ſei groß in ihrer Manier, aber ihre Manier ſei nicht groß. Fräulein Bauer hat in ihrem Spiel den eigenthüm¬ lichen Vorzug, keine effektuirenden Nebenrückſichten zu kennen, ihr Spiel geht weſentlich aus dem Ver¬ ſtändniß des Dichters hervor, und tritt niemals aus dem Rahmen heraus, der ein Kunſtwerk zu einem Ganzen geſtaltet. Künſtleriſche Perſönlich¬ keiten dieſer Art erhalten ihre wahre Stellung recht eigentlich nur in einem allſeitig durchbildeten En¬ ſemble, deſſen Zuſammenſpiel nur den Zweck hat, ein echtes Kunſtwerk zur vollendeten Erſcheinung zu bringen. Wolff mußte ſich immer erſt ſeine Mit¬ ſpieler erziehen, damit ſie ihm ſo, wie es zu einem Totaleindruck nöthig war, in die Hand ſpielten.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0021"n="IX"/>
in der Spielart die Rede ſein müſſen. Und in die¬<lb/>ſer Beziehung muß man an den Leiſtungen des<lb/>
Fräulein Bauer rühmlichſt anerkennen, daß ſie in<lb/>
einer Manier gehalten ſind, die gar keine Manier<lb/>
iſt. Bei Mad. Crelinger, Mad. Haizinger, Fräu¬<lb/>
lein von Hagn kann man in der That von Ma¬<lb/>
nieren reden, von großen, intereſſanten und liebens¬<lb/>
würdigen, womit ſie zu effektuiren im Stande ſind,<lb/>
und mir fällt dabei das Wort der Catalani über<lb/>
die Sontag ein, von der ſie ſagte: ſie ſei groß in<lb/>
ihrer Manier, aber ihre Manier ſei nicht groß.<lb/>
Fräulein Bauer hat in ihrem Spiel den eigenthüm¬<lb/>
lichen Vorzug, keine effektuirenden Nebenrückſichten<lb/>
zu kennen, ihr Spiel geht weſentlich aus dem Ver¬<lb/>ſtändniß des Dichters hervor, und tritt niemals<lb/>
aus dem Rahmen heraus, der ein Kunſtwerk zu<lb/>
einem Ganzen geſtaltet. Künſtleriſche Perſönlich¬<lb/>
keiten dieſer Art erhalten ihre wahre Stellung recht<lb/>
eigentlich nur in einem allſeitig durchbildeten En¬<lb/>ſemble, deſſen Zuſammenſpiel nur den Zweck hat,<lb/>
ein echtes Kunſtwerk zur vollendeten Erſcheinung zu<lb/>
bringen. Wolff mußte ſich immer erſt ſeine Mit¬<lb/>ſpieler erziehen, damit ſie ihm ſo, wie es zu einem<lb/>
Totaleindruck nöthig war, in die Hand ſpielten.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[IX/0021]
in der Spielart die Rede ſein müſſen. Und in die¬
ſer Beziehung muß man an den Leiſtungen des
Fräulein Bauer rühmlichſt anerkennen, daß ſie in
einer Manier gehalten ſind, die gar keine Manier
iſt. Bei Mad. Crelinger, Mad. Haizinger, Fräu¬
lein von Hagn kann man in der That von Ma¬
nieren reden, von großen, intereſſanten und liebens¬
würdigen, womit ſie zu effektuiren im Stande ſind,
und mir fällt dabei das Wort der Catalani über
die Sontag ein, von der ſie ſagte: ſie ſei groß in
ihrer Manier, aber ihre Manier ſei nicht groß.
Fräulein Bauer hat in ihrem Spiel den eigenthüm¬
lichen Vorzug, keine effektuirenden Nebenrückſichten
zu kennen, ihr Spiel geht weſentlich aus dem Ver¬
ſtändniß des Dichters hervor, und tritt niemals
aus dem Rahmen heraus, der ein Kunſtwerk zu
einem Ganzen geſtaltet. Künſtleriſche Perſönlich¬
keiten dieſer Art erhalten ihre wahre Stellung recht
eigentlich nur in einem allſeitig durchbildeten En¬
ſemble, deſſen Zuſammenſpiel nur den Zweck hat,
ein echtes Kunſtwerk zur vollendeten Erſcheinung zu
bringen. Wolff mußte ſich immer erſt ſeine Mit¬
ſpieler erziehen, damit ſie ihm ſo, wie es zu einem
Totaleindruck nöthig war, in die Hand ſpielten.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. IX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/21>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.