Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

den Augen und das trostlose Wort bebte von seinen
erbleichenden Lippen: "Es ist mit mir vorbei -- für
immer -- Alles!"

Und es war vorbei!

Am 30. December 1832 in nachtdunkler Morgen¬
stunde weinte die Muse an der Leiche ihres edelsten
Priesters ...

Doch wer den Besten seiner Zeit genug gethan,
Der hat gelebt für alle Zeiten ...

Doch meine Erinnerungen fliegen voraus ...

Aber mein Herz trieb mich, an diesen wenigen
leuchtenden Künstlerbildern aus der alten, verschollenen
Zeit zu zeigen, wie beglückt ich war -- und sein mußte:
mit solchen edlen, begeisterten Künstlern spielen und --
von ihnen lernen zu dürfen!

Bald sollte ich auch die volle Bedeutung der so oft
gehörten Worte: "Alte Schule -- Traditionen Iffland's --
Pietät des Intendanten Grafen Brühl, im Iffland'schen
Sinne dem Institut vorzustehen," verstehen und würdigen
lernen.

In Karlsruhe hatte ich auch Ordnung, Fleiß, esprit
de corps
wahrgenommen, aber bei weitem nicht in dem
Maß, wie bei der königlichen Bühne. So vieler Be¬
scheidenheit bei eminentem Talent, -- liebenswürdigster
Bereitwilligkeit, dem Ganzen zu lieb die kleinsten Rollen

den Augen und das troſtloſe Wort bebte von ſeinen
erbleichenden Lippen: »Es iſt mit mir vorbei — für
immer — Alles!«

Und es war vorbei!

Am 30. December 1832 in nachtdunkler Morgen¬
ſtunde weinte die Muſe an der Leiche ihres edelſten
Prieſters …

Doch wer den Beſten ſeiner Zeit genug gethan,
Der hat gelebt für alle Zeiten …

Doch meine Erinnerungen fliegen voraus …

Aber mein Herz trieb mich, an dieſen wenigen
leuchtenden Künſtlerbildern aus der alten, verſchollenen
Zeit zu zeigen, wie beglückt ich war — und ſein mußte:
mit ſolchen edlen, begeiſterten Künſtlern ſpielen und —
von ihnen lernen zu dürfen!

Bald ſollte ich auch die volle Bedeutung der ſo oft
gehörten Worte: »Alte Schule — Traditionen Iffland's —
Pietät des Intendanten Grafen Brühl, im Iffland'ſchen
Sinne dem Inſtitut vorzuſtehen,« verſtehen und würdigen
lernen.

In Karlsruhe hatte ich auch Ordnung, Fleiß, esprit
de corps
wahrgenommen, aber bei weitem nicht in dem
Maß, wie bei der königlichen Bühne. So vieler Be¬
ſcheidenheit bei eminentem Talent, — liebenswürdigſter
Bereitwilligkeit, dem Ganzen zu lieb die kleinſten Rollen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0154" n="126"/>
den Augen und das tro&#x017F;tlo&#x017F;e Wort bebte von &#x017F;einen<lb/>
erbleichenden Lippen: »Es i&#x017F;t mit mir vorbei &#x2014; für<lb/>
immer &#x2014; Alles!«</p><lb/>
        <p>Und es war vorbei!</p><lb/>
        <p>Am 30. December 1832 in nachtdunkler Morgen¬<lb/>
&#x017F;tunde weinte die Mu&#x017F;e an der Leiche ihres edel&#x017F;ten<lb/>
Prie&#x017F;ters &#x2026;</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>Doch wer den Be&#x017F;ten &#x017F;einer Zeit genug gethan,</l><lb/>
          <l>Der hat gelebt für alle Zeiten &#x2026;</l><lb/>
        </lg>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Doch meine Erinnerungen fliegen voraus &#x2026;</p><lb/>
        <p>Aber mein Herz trieb mich, an die&#x017F;en wenigen<lb/>
leuchtenden Kün&#x017F;tlerbildern aus der alten, ver&#x017F;chollenen<lb/>
Zeit zu zeigen, wie beglückt ich war &#x2014; und &#x017F;ein mußte:<lb/>
mit &#x017F;olchen edlen, begei&#x017F;terten Kün&#x017F;tlern &#x017F;pielen und &#x2014;<lb/>
von ihnen lernen zu dürfen!</p><lb/>
        <p>Bald &#x017F;ollte ich auch die volle Bedeutung der &#x017F;o oft<lb/>
gehörten Worte: »Alte Schule &#x2014; Traditionen Iffland's &#x2014;<lb/>
Pietät des Intendanten Grafen Brühl, im Iffland'&#x017F;chen<lb/>
Sinne dem In&#x017F;titut vorzu&#x017F;tehen,« ver&#x017F;tehen und würdigen<lb/>
lernen.</p><lb/>
        <p>In Karlsruhe hatte ich auch Ordnung, Fleiß, <hi rendition="#aq">esprit<lb/>
de corps</hi> wahrgenommen, aber bei weitem nicht in dem<lb/>
Maß, wie bei der königlichen Bühne. So vieler Be¬<lb/>
&#x017F;cheidenheit bei eminentem Talent, &#x2014; liebenswürdig&#x017F;ter<lb/>
Bereitwilligkeit, dem Ganzen zu lieb die klein&#x017F;ten Rollen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0154] den Augen und das troſtloſe Wort bebte von ſeinen erbleichenden Lippen: »Es iſt mit mir vorbei — für immer — Alles!« Und es war vorbei! Am 30. December 1832 in nachtdunkler Morgen¬ ſtunde weinte die Muſe an der Leiche ihres edelſten Prieſters … Doch wer den Beſten ſeiner Zeit genug gethan, Der hat gelebt für alle Zeiten … Doch meine Erinnerungen fliegen voraus … Aber mein Herz trieb mich, an dieſen wenigen leuchtenden Künſtlerbildern aus der alten, verſchollenen Zeit zu zeigen, wie beglückt ich war — und ſein mußte: mit ſolchen edlen, begeiſterten Künſtlern ſpielen und — von ihnen lernen zu dürfen! Bald ſollte ich auch die volle Bedeutung der ſo oft gehörten Worte: »Alte Schule — Traditionen Iffland's — Pietät des Intendanten Grafen Brühl, im Iffland'ſchen Sinne dem Inſtitut vorzuſtehen,« verſtehen und würdigen lernen. In Karlsruhe hatte ich auch Ordnung, Fleiß, esprit de corps wahrgenommen, aber bei weitem nicht in dem Maß, wie bei der königlichen Bühne. So vieler Be¬ ſcheidenheit bei eminentem Talent, — liebenswürdigſter Bereitwilligkeit, dem Ganzen zu lieb die kleinſten Rollen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/154
Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/154>, abgerufen am 26.11.2024.