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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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So freundlich und gütig die Familie Eunike die zu¬
künftige Kollegin bei sich aufgenommen hatte, das Herz
stets auf der Zunge -- so kühl und ceremoniös empfingen
mich anfangs, bei meinem ersten Besuch, während meiner
Kunstpause, Herr und Madame Wolff: sie gleich einer
Oberhofmeisterin, er wie ein Minister. Bethmann wußte
aber bald die etwas affektirte Zurückhaltung zu beseitigen,
indem er unbefangen und gemüthlich in seiner unwider¬
stehlich herzlichen Weise sagte: "Ihr alter Freund bittet
Sie für diese Kunstjüngerin um Wohlwollen und gütigen
Rath. Ich habe sie in meiner eigenen Vertrauensseligkeit
aus dem friedlichen Karlsruhe an das heiße Königstädter
Theater hergelockt -- und nun kann ich leider meinem
Versprechen, sie in Allem zu unterstützen, nicht nach¬
kommen ... Bitte, machen Sie gut, was ich vielleicht
versehen habe -- mir zur Liebe ..."

Da thauten denn Beide zusehends auf und wurden
zutraulicher. Sie versprachen auch, mir ihren Beistand
zu leihen.

Später, als Amalie Wolff freundlichst mit mir ver¬
kehrte, gestand sie unverhohlen: sie und ihr Mann seien
gegen die Fremde eingenommen gewesen, denn Louise
v. Holtei, von ihnen gleich einer Tochter geliebt, hätte
kurz vor meinem Besuch ihr Leid geklagt und die Be¬
fürchtung ausgesprochen: von der neu Engagirten in
ihrem Rollenfach beeinträchtigt zu werden!

Wolff's waren aber viel zu klug und gerecht, um
nicht bald von der irrigen Ansicht ihres Lieblings über¬

So freundlich und gütig die Familie Eunike die zu¬
künftige Kollegin bei ſich aufgenommen hatte, das Herz
ſtets auf der Zunge — ſo kühl und ceremoniös empfingen
mich anfangs, bei meinem erſten Beſuch, während meiner
Kunſtpauſe, Herr und Madame Wolff: ſie gleich einer
Oberhofmeiſterin, er wie ein Miniſter. Bethmann wußte
aber bald die etwas affektirte Zurückhaltung zu beſeitigen,
indem er unbefangen und gemüthlich in ſeiner unwider¬
ſtehlich herzlichen Weiſe ſagte: »Ihr alter Freund bittet
Sie für dieſe Kunſtjüngerin um Wohlwollen und gütigen
Rath. Ich habe ſie in meiner eigenen Vertrauensſeligkeit
aus dem friedlichen Karlsruhe an das heiße Königſtädter
Theater hergelockt — und nun kann ich leider meinem
Verſprechen, ſie in Allem zu unterſtützen, nicht nach¬
kommen … Bitte, machen Sie gut, was ich vielleicht
verſehen habe — mir zur Liebe …«

Da thauten denn Beide zuſehends auf und wurden
zutraulicher. Sie verſprachen auch, mir ihren Beiſtand
zu leihen.

Später, als Amalie Wolff freundlichſt mit mir ver¬
kehrte, geſtand ſie unverhohlen: ſie und ihr Mann ſeien
gegen die Fremde eingenommen geweſen, denn Louiſe
v. Holtei, von ihnen gleich einer Tochter geliebt, hätte
kurz vor meinem Beſuch ihr Leid geklagt und die Be¬
fürchtung ausgeſprochen: von der neu Engagirten in
ihrem Rollenfach beeinträchtigt zu werden!

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[108/0136] So freundlich und gütig die Familie Eunike die zu¬ künftige Kollegin bei ſich aufgenommen hatte, das Herz ſtets auf der Zunge — ſo kühl und ceremoniös empfingen mich anfangs, bei meinem erſten Beſuch, während meiner Kunſtpauſe, Herr und Madame Wolff: ſie gleich einer Oberhofmeiſterin, er wie ein Miniſter. Bethmann wußte aber bald die etwas affektirte Zurückhaltung zu beſeitigen, indem er unbefangen und gemüthlich in ſeiner unwider¬ ſtehlich herzlichen Weiſe ſagte: »Ihr alter Freund bittet Sie für dieſe Kunſtjüngerin um Wohlwollen und gütigen Rath. Ich habe ſie in meiner eigenen Vertrauensſeligkeit aus dem friedlichen Karlsruhe an das heiße Königſtädter Theater hergelockt — und nun kann ich leider meinem Verſprechen, ſie in Allem zu unterſtützen, nicht nach¬ kommen … Bitte, machen Sie gut, was ich vielleicht verſehen habe — mir zur Liebe …« Da thauten denn Beide zuſehends auf und wurden zutraulicher. Sie verſprachen auch, mir ihren Beiſtand zu leihen. Später, als Amalie Wolff freundlichſt mit mir ver¬ kehrte, geſtand ſie unverhohlen: ſie und ihr Mann ſeien gegen die Fremde eingenommen geweſen, denn Louiſe v. Holtei, von ihnen gleich einer Tochter geliebt, hätte kurz vor meinem Beſuch ihr Leid geklagt und die Be¬ fürchtung ausgeſprochen: von der neu Engagirten in ihrem Rollenfach beeinträchtigt zu werden! Wolff's waren aber viel zu klug und gerecht, um nicht bald von der irrigen Anſicht ihres Lieblings über¬

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/136>, abgerufen am 25.11.2024.