Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

mustert und -- beneidet gegenseitig die Toiletten. Die
Herren bewegen sich im Saal, die Damen sitzen meist
auf den rings herum angebrachten Estraden. Der König
promenirt unermüdet durch das Gedränge und spricht
leutselig mit Vielen. Dabei schaut er lächelnd umher,
wie ein Vater, der sich freut, die Kinder vergnügt
zu sehen.

Auf der vierten Estrade saß ich ganz bescheiden mit
der Mutter und einer befreundeten Familie und ergötzte mich
an dem glänzenden Gewirr im Saal ... als plötzlich mir
zugeflüstert wurde: "Der König will mit Ihnen sprechen,
steigen Sie herab" ... und ich stand vor Friedlich Wil¬
helm dem Gütigen.

Ich fühlte, daß sämmtliche Anwesende mich beobachte¬
ten, wie ich mich benehmen würde, es flimmerte mir
vor den Augen -- aber kaum begegnete ich den milden,
gütigen Augen des Königs, so war ich gefaßt. Der
König sagte in seiner bekannten, abgebrochenen Weise:
"Freue mich, Brühl Sie für meine Bühne gewonnen --
oft auf dem Königstädter Theater gesehen -- viel Ver¬
gnügen gemacht -- muntres Wesen lieben -- sehr
gefallen."

"Ew. Majestät beglücken mich ..."

"Wann auftreten?"

"Mitte Dezember!"

"Welchen Stücken?"

"Beschämte Eifersucht -- Jurist und Bauer --"

"Gut, liebe Lustspiele -- wünsche Glück!"

muſtert und — beneidet gegenſeitig die Toiletten. Die
Herren bewegen ſich im Saal, die Damen ſitzen meiſt
auf den rings herum angebrachten Eſtraden. Der König
promenirt unermüdet durch das Gedränge und ſpricht
leutſelig mit Vielen. Dabei ſchaut er lächelnd umher,
wie ein Vater, der ſich freut, die Kinder vergnügt
zu ſehen.

Auf der vierten Eſtrade ſaß ich ganz beſcheiden mit
der Mutter und einer befreundeten Familie und ergötzte mich
an dem glänzenden Gewirr im Saal … als plötzlich mir
zugeflüſtert wurde: »Der König will mit Ihnen ſprechen,
ſteigen Sie herab« … und ich ſtand vor Friedlich Wil¬
helm dem Gütigen.

Ich fühlte, daß ſämmtliche Anweſende mich beobachte¬
ten, wie ich mich benehmen würde, es flimmerte mir
vor den Augen — aber kaum begegnete ich den milden,
gütigen Augen des Königs, ſo war ich gefaßt. Der
König ſagte in ſeiner bekannten, abgebrochenen Weiſe:
»Freue mich, Brühl Sie für meine Bühne gewonnen —
oft auf dem Königſtädter Theater geſehen — viel Ver¬
gnügen gemacht — muntres Weſen lieben — ſehr
gefallen.«

»Ew. Majeſtät beglücken mich …«

»Wann auftreten?«

»Mitte Dezember!«

»Welchen Stücken?«

»Beſchämte Eiferſucht — Juriſt und Bauer —«

»Gut, liebe Luſtſpiele — wünſche Glück!«

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0132" n="104"/>
mu&#x017F;tert und &#x2014; beneidet gegen&#x017F;eitig die Toiletten. Die<lb/>
Herren bewegen &#x017F;ich im Saal, die Damen &#x017F;itzen mei&#x017F;t<lb/>
auf den rings herum angebrachten E&#x017F;traden. Der König<lb/>
promenirt unermüdet durch das Gedränge und &#x017F;pricht<lb/>
leut&#x017F;elig mit Vielen. Dabei &#x017F;chaut er lächelnd umher,<lb/>
wie ein Vater, der &#x017F;ich freut, die Kinder vergnügt<lb/>
zu &#x017F;ehen.</p><lb/>
        <p>Auf der vierten E&#x017F;trade &#x017F;aß ich ganz be&#x017F;cheiden mit<lb/>
der Mutter und einer befreundeten Familie und ergötzte mich<lb/>
an dem glänzenden Gewirr im Saal &#x2026; als plötzlich mir<lb/>
zugeflü&#x017F;tert wurde: »Der König will mit Ihnen &#x017F;prechen,<lb/>
&#x017F;teigen Sie herab« &#x2026; und ich &#x017F;tand vor Friedlich Wil¬<lb/>
helm dem Gütigen.</p><lb/>
        <p>Ich fühlte, daß &#x017F;ämmtliche Anwe&#x017F;ende mich beobachte¬<lb/>
ten, wie ich mich benehmen würde, es flimmerte mir<lb/>
vor den Augen &#x2014; aber kaum begegnete ich den milden,<lb/>
gütigen Augen des Königs, &#x017F;o war ich gefaßt. Der<lb/>
König &#x017F;agte in &#x017F;einer bekannten, abgebrochenen Wei&#x017F;e:<lb/>
»Freue mich, Brühl Sie für meine Bühne gewonnen &#x2014;<lb/>
oft auf dem König&#x017F;tädter Theater ge&#x017F;ehen &#x2014; viel Ver¬<lb/>
gnügen gemacht &#x2014; muntres We&#x017F;en lieben &#x2014; &#x017F;ehr<lb/>
gefallen.«</p><lb/>
        <p>»Ew. Maje&#x017F;tät beglücken mich &#x2026;«</p><lb/>
        <p>»Wann auftreten?«</p><lb/>
        <p>»Mitte Dezember!«</p><lb/>
        <p>»Welchen Stücken?«</p><lb/>
        <p>»Be&#x017F;chämte Eifer&#x017F;ucht &#x2014; Juri&#x017F;t und Bauer &#x2014;«</p><lb/>
        <p>»Gut, liebe Lu&#x017F;t&#x017F;piele &#x2014; wün&#x017F;che Glück!«<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0132] muſtert und — beneidet gegenſeitig die Toiletten. Die Herren bewegen ſich im Saal, die Damen ſitzen meiſt auf den rings herum angebrachten Eſtraden. Der König promenirt unermüdet durch das Gedränge und ſpricht leutſelig mit Vielen. Dabei ſchaut er lächelnd umher, wie ein Vater, der ſich freut, die Kinder vergnügt zu ſehen. Auf der vierten Eſtrade ſaß ich ganz beſcheiden mit der Mutter und einer befreundeten Familie und ergötzte mich an dem glänzenden Gewirr im Saal … als plötzlich mir zugeflüſtert wurde: »Der König will mit Ihnen ſprechen, ſteigen Sie herab« … und ich ſtand vor Friedlich Wil¬ helm dem Gütigen. Ich fühlte, daß ſämmtliche Anweſende mich beobachte¬ ten, wie ich mich benehmen würde, es flimmerte mir vor den Augen — aber kaum begegnete ich den milden, gütigen Augen des Königs, ſo war ich gefaßt. Der König ſagte in ſeiner bekannten, abgebrochenen Weiſe: »Freue mich, Brühl Sie für meine Bühne gewonnen — oft auf dem Königſtädter Theater geſehen — viel Ver¬ gnügen gemacht — muntres Weſen lieben — ſehr gefallen.« »Ew. Majeſtät beglücken mich …« »Wann auftreten?« »Mitte Dezember!« »Welchen Stücken?« »Beſchämte Eiferſucht — Juriſt und Bauer —« »Gut, liebe Luſtſpiele — wünſche Glück!«

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/132
Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/132>, abgerufen am 08.05.2024.