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Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881.

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thierische Form des Schutzgeistes (gleich den lappischen
Saivathieren) wird vorgezogen werden, ist psychologisch
begreiflich genug und nebenher thatsächlich überall con-
statirt*).

Nach Plinius sterben die Frösche im Winter, um im
Frühjahr wieder aufzuleben, und konnten so (gleich häutenden
Schlangen am Orinoco) zum Bild der Unsterblichkeit dienen,
wie der Mond (bei Hottentotten, Eskimo u. s. w.). Im
Rigveda wird Indu (der Mond) durch das Gequiek der
Frösche herabgezogen, um mit Indra über den Regen zu
verhandeln (s. Gubernatis). Unter Emblemen findet sich
(1591) der Frosch unter der Umschrift: spes alterae vitae
(s. Friedreich). In Lykien und Aegypten (mit der Lebens-
mutter als Hek) diente der Frosch als Sinnbild des Früh-
lings, wogegen (in der Altmark) giftige Pilze als Poggen-
stühle.

Die bei den Amakosa als Schlangen, kommen bei den
Maori die Seelen der Vorfahren (auch um Vergehen zu
strafen) als Eidechsen zurück. Als Verwandlung des Aska-
balos durch Demeter, war die Eidechse Göttern und Menschen
verhasst (memisetai).

Indem die heidnischen Priester in den Eingeweiden der
Bauchhöhle die Zeichen der Divination abgeprägt fanden,
so ergab sich daraus, in der Beziehung zur Astrologie
(s. Onosander) und als deren Ausdruck aufgefasst, der Mikro-
kosmus, den die Philosophen dann im Gehirn, dem Inhalt
des Schädels, suchten, unter späterer Zustimmung der Phy-
siologie. Nach Plato war vor Allem die Leber der Spiegel
göttlicher Betrachtung, und so sollte sie, so oft wieder-
wachsend, in Prometheus zerstört werden, ehe der ihm be-

*) Every native in Australia (at least in the south and west) adopts
some object in nature (an animal, a plant etc.), as his crest (Eyre),
wie im Totem (der Indianer), in Afrika (bei Bechuanen u. s. w.), bei den
Khasya u. A. m.

thierische Form des Schutzgeistes (gleich den lappischen
Saivathieren) wird vorgezogen werden, ist psychologisch
begreiflich genug und nebenher thatsächlich überall con-
statirt*).

Nach Plinius sterben die Frösche im Winter, um im
Frühjahr wieder aufzuleben, und konnten so (gleich häutenden
Schlangen am Orinoco) zum Bild der Unsterblichkeit dienen,
wie der Mond (bei Hottentotten, Eskimo u. s. w.). Im
Rigveda wird Indu (der Mond) durch das Gequiek der
Frösche herabgezogen, um mit Indra über den Regen zu
verhandeln (s. Gubernatis). Unter Emblemen findet sich
(1591) der Frosch unter der Umschrift: spes alterae vitae
(s. Friedreich). In Lykien und Aegypten (mit der Lebens-
mutter als Hek) diente der Frosch als Sinnbild des Früh-
lings, wogegen (in der Altmark) giftige Pilze als Poggen-
stühle.

Die bei den Amakosa als Schlangen, kommen bei den
Maori die Seelen der Vorfahren (auch um Vergehen zu
strafen) als Eidechsen zurück. Als Verwandlung des Aska-
balos durch Demeter, war die Eidechse Göttern und Menschen
verhasst (μεμίσηται).

Indem die heidnischen Priester in den Eingeweiden der
Bauchhöhle die Zeichen der Divination abgeprägt fanden,
so ergab sich daraus, in der Beziehung zur Astrologie
(s. Onosander) und als deren Ausdruck aufgefasst, der Mikro-
kosmus, den die Philosophen dann im Gehirn, dem Inhalt
des Schädels, suchten, unter späterer Zustimmung der Phy-
siologie. Nach Plato war vor Allem die Leber der Spiegel
göttlicher Betrachtung, und so sollte sie, so oft wieder-
wachsend, in Prometheus zerstört werden, ehe der ihm be-

*) Every native in Australia (at least in the south and west) adopts
some object in nature (an animal, a plant etc.), as his crest (Eyre),
wie im Totem (der Indianer), in Afrika (bei Bechuanen u. s. w.), bei den
Khasya u. A. m.
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[37/0071] thierische Form des Schutzgeistes (gleich den lappischen Saivathieren) wird vorgezogen werden, ist psychologisch begreiflich genug und nebenher thatsächlich überall con- statirt *). Nach Plinius sterben die Frösche im Winter, um im Frühjahr wieder aufzuleben, und konnten so (gleich häutenden Schlangen am Orinoco) zum Bild der Unsterblichkeit dienen, wie der Mond (bei Hottentotten, Eskimo u. s. w.). Im Rigveda wird Indu (der Mond) durch das Gequiek der Frösche herabgezogen, um mit Indra über den Regen zu verhandeln (s. Gubernatis). Unter Emblemen findet sich (1591) der Frosch unter der Umschrift: spes alterae vitae (s. Friedreich). In Lykien und Aegypten (mit der Lebens- mutter als Hek) diente der Frosch als Sinnbild des Früh- lings, wogegen (in der Altmark) giftige Pilze als Poggen- stühle. Die bei den Amakosa als Schlangen, kommen bei den Maori die Seelen der Vorfahren (auch um Vergehen zu strafen) als Eidechsen zurück. Als Verwandlung des Aska- balos durch Demeter, war die Eidechse Göttern und Menschen verhasst (μεμίσηται). Indem die heidnischen Priester in den Eingeweiden der Bauchhöhle die Zeichen der Divination abgeprägt fanden, so ergab sich daraus, in der Beziehung zur Astrologie (s. Onosander) und als deren Ausdruck aufgefasst, der Mikro- kosmus, den die Philosophen dann im Gehirn, dem Inhalt des Schädels, suchten, unter späterer Zustimmung der Phy- siologie. Nach Plato war vor Allem die Leber der Spiegel göttlicher Betrachtung, und so sollte sie, so oft wieder- wachsend, in Prometheus zerstört werden, ehe der ihm be- *) Every native in Australia (at least in the south and west) adopts some object in nature (an animal, a plant etc.), as his crest (Eyre), wie im Totem (der Indianer), in Afrika (bei Bechuanen u. s. w.), bei den Khasya u. A. m.

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Zitationshilfe: Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/71>, abgerufen am 22.11.2024.