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Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881.

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eine allgemein verständliche Auslegung gilt es, um in er-
gänzenden Zusammenwirken gemeinsam zu zehren vom
Gemeingut der Menschheit und dessen zu geniessen. Vor
dem Genuss freilich die Arbeit, und solche wächst, statt zu
mindern. Vacuna in Sabinis dea, quae sub incerta est specie
formata (Varro). Ungewiss! gewiss. Sobald wird es Musse
noch nicht geben. Nicht eher wenigstens, als bis in den
Sammlungen ein erstes Fundament gelegt ist, für den Ansatz-
punkt und die Stütze der inductiven Studien (um den Epi-
gonen ihre Erbschaft zu sichern).

Seitdem die verfliessenden Gradunterschiede früherer
Psychologie, (die für die Entwickelung von Aristoteles bis
zur Scholastik erklärende Parallelen im Abhidharma besitzt),
verneinend, Cartesius (im Wesen der Ausdehnung und des
Denkens) den "specifischen Unterschied 25) von Geist und
Materie" erkannt, sinkt im Animismus (und mit dem Suchen
bis zu einem punktuellen Sitz der Seele) die Vorstellungs-
weise wieder auf das Niveau niederen Grades in den Natur-
stämmen zurück, aber doch Gewinn bringend, weil jetzt in
schärfer abgrenzenden Umrissen eine Arbeitstheilung (ohne
frühzeitige Störungen zwischen einander) eintreten kann, und
das Primat der Res cogitans ("omnium prima et certissima"
im Ego, wogegen nach Lichtenberg: "cogitat ergo est") die
Ausbildung einer empirischen Psychologie (seit Locke) er-
leichterte. Jetzt, nachdem auf jedem der beiden Gebiete,
feste Anhalte für selbstständige Forschung gewonnen sind,
wird man es wagen dürfen, sich gegenseitig wieder zu nähern,
um (ohne allzu grosse Furcht vor bedenklichen Missver-
ständnissen) Vereinbarungen für einheitliche Auffassung zu
versuchen, ehe der beständig weiter klaffende Riss civilisa-
torischer Weltanschauung eine Ueberbrückung in Frage stellt.

In den unendlich-klein dunklen Vorstellungen, aus denen
das Bewusstsein erst hervorgeht, wird (nach Leibnitz) die
"Harmonie zwischen der materiellen und moralischen Welt"
(s. Erdmann) zu erklären sein, und dass nach solchen An-

Bastian, Völkergedanke. b

eine allgemein verständliche Auslegung gilt es, um in er-
gänzenden Zusammenwirken gemeinsam zu zehren vom
Gemeingut der Menschheit und dessen zu geniessen. Vor
dem Genuss freilich die Arbeit, und solche wächst, statt zu
mindern. Vacuna in Sabinis dea, quae sub incerta est specie
formata (Varro). Ungewiss! gewiss. Sobald wird es Musse
noch nicht geben. Nicht eher wenigstens, als bis in den
Sammlungen ein erstes Fundament gelegt ist, für den Ansatz-
punkt und die Stütze der inductiven Studien (um den Epi-
gonen ihre Erbschaft zu sichern).

Seitdem die verfliessenden Gradunterschiede früherer
Psychologie, (die für die Entwickelung von Aristoteles bis
zur Scholastik erklärende Parallelen im Abhidharma besitzt),
verneinend, Cartesius (im Wesen der Ausdehnung und des
Denkens) den „specifischen Unterschied 25) von Geist und
Materie“ erkannt, sinkt im Animismus (und mit dem Suchen
bis zu einem punktuellen Sitz der Seele) die Vorstellungs-
weise wieder auf das Niveau niederen Grades in den Natur-
stämmen zurück, aber doch Gewinn bringend, weil jetzt in
schärfer abgrenzenden Umrissen eine Arbeitstheilung (ohne
frühzeitige Störungen zwischen einander) eintreten kann, und
das Primat der Res cogitans („omnium prima et certissima“
im Ego, wogegen nach Lichtenberg: „cogitat ergo est“) die
Ausbildung einer empirischen Psychologie (seit Locke) er-
leichterte. Jetzt, nachdem auf jedem der beiden Gebiete,
feste Anhalte für selbstständige Forschung gewonnen sind,
wird man es wagen dürfen, sich gegenseitig wieder zu nähern,
um (ohne allzu grosse Furcht vor bedenklichen Missver-
ständnissen) Vereinbarungen für einheitliche Auffassung zu
versuchen, ehe der beständig weiter klaffende Riss civilisa-
torischer Weltanschauung eine Ueberbrückung in Frage stellt.

In den unendlich-klein dunklen Vorstellungen, aus denen
das Bewusstsein erst hervorgeht, wird (nach Leibnitz) die
„Harmonie zwischen der materiellen und moralischen Welt“
(s. Erdmann) zu erklären sein, und dass nach solchen An-

Bastian, Völkergedanke. b
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[XVII/0023] eine allgemein verständliche Auslegung gilt es, um in er- gänzenden Zusammenwirken gemeinsam zu zehren vom Gemeingut der Menschheit und dessen zu geniessen. Vor dem Genuss freilich die Arbeit, und solche wächst, statt zu mindern. Vacuna in Sabinis dea, quae sub incerta est specie formata (Varro). Ungewiss! gewiss. Sobald wird es Musse noch nicht geben. Nicht eher wenigstens, als bis in den Sammlungen ein erstes Fundament gelegt ist, für den Ansatz- punkt und die Stütze der inductiven Studien (um den Epi- gonen ihre Erbschaft zu sichern). Seitdem die verfliessenden Gradunterschiede früherer Psychologie, (die für die Entwickelung von Aristoteles bis zur Scholastik erklärende Parallelen im Abhidharma besitzt), verneinend, Cartesius (im Wesen der Ausdehnung und des Denkens) den „specifischen Unterschied ²⁵⁾ von Geist und Materie“ erkannt, sinkt im Animismus (und mit dem Suchen bis zu einem punktuellen Sitz der Seele) die Vorstellungs- weise wieder auf das Niveau niederen Grades in den Natur- stämmen zurück, aber doch Gewinn bringend, weil jetzt in schärfer abgrenzenden Umrissen eine Arbeitstheilung (ohne frühzeitige Störungen zwischen einander) eintreten kann, und das Primat der Res cogitans („omnium prima et certissima“ im Ego, wogegen nach Lichtenberg: „cogitat ergo est“) die Ausbildung einer empirischen Psychologie (seit Locke) er- leichterte. Jetzt, nachdem auf jedem der beiden Gebiete, feste Anhalte für selbstständige Forschung gewonnen sind, wird man es wagen dürfen, sich gegenseitig wieder zu nähern, um (ohne allzu grosse Furcht vor bedenklichen Missver- ständnissen) Vereinbarungen für einheitliche Auffassung zu versuchen, ehe der beständig weiter klaffende Riss civilisa- torischer Weltanschauung eine Ueberbrückung in Frage stellt. In den unendlich-klein dunklen Vorstellungen, aus denen das Bewusstsein erst hervorgeht, wird (nach Leibnitz) die „Harmonie zwischen der materiellen und moralischen Welt“ (s. Erdmann) zu erklären sein, und dass nach solchen An- Bastian, Völkergedanke. b

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Zitationshilfe: Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881, S. XVII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/23>, abgerufen am 21.11.2024.