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Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881.

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wenn wir sie etwa nicht selbst ausnutzen wollen oder
können.

Halbe Erdtheile, ganze Thesauren, angefüllt mit den
in tausendjähriger Geistesarbeit aufgehäuften Schätzen, sie
mag jetzt oft ein Tag mehr oder weniger zerstören*), versenken
für immer in das Reich des Nichts.

Das sind keine Uebertreibungen, meine Herren. Die
Erfahrungen neuerer Reisende, durch die eigenen letztlich
wieder bestätigt, die Jammerberichte, die von allen Seiten
einlaufen, sie machen schaudern, wer sich hineinzudenken
die Mühe nicht scheut. Man fühlt, als ob ein schweres Ver-
gehen auf Jedem laste, der wenn zum Bewusstsein dessen
gelangt, was hier auf dem Spiele steht, unthätig zurückbleibt.

Jedem freilich steht es frei, sich Verantwortlichkeiten zu
entziehen, die unbequem werden könnten. Aber genügt das

*) Eine brennendste Zeitfrage allerdings! Es brennt in allen Ecken
und Enden der ethnologischen Welt, brennt hell, lichterloh, in vollster
Brunst, es brennt ringsum, Gross Feuer! und Niemand regt eine Hand.
Die Autopsien der von 1850--1880 periodisch wiederholten Reisen liefern
die gewaltsam zwingendsten Ueberzeugungen des in schreckbar steigenden
Progressionen fortschreitenden Verderbens. Wenn indess ihnen, als sub-
jectiven Eindrücken nicht zu trauen, so sei auf die Acten des ältesten der
ethnologischen Museen verwiesen, mit ihren Belegen in Zahlen und That-
sachen, die prophetische Rechenkunst erleichtern, auch dem nüchternsten
Kopf, (ohne oratorische Ueberredungskünste). Wer hier zu widerlegen ver-
mag, mich eines Besseren zu belehren, der ist willkommen, und um so
freudiger sei ihm ein Dank, wenn befreiend von folternder Angst, über
unausbleiblich verlorenen Documentenschätzen, die Heiligthümer der Mensch-
heitsgeschichte, -- verloren unwiederbringlich, auf immer, so lange der
Erdplanet sich drehen wird (in diesmaliger Schöpfungskalpe wenigstens).
An Ungläubigen oder Altersgläubigen wird es, wie immer, nicht fehlen,
aber: "sie dreht sich doch", e pure si muove (auch nach meiner unmaass-
geblichen Meinung) und: es brennt überall (für die Ethnologie und ihre
Völkergedanken). Wunderbar überraschendste Entdeckungen ruhen im
Schosse der Zukunft. Sie sind uns gewiss, wenn wir uns darum mühen
wollen, sie sind verloren für immer, wenn jetzt im kritischen Moment des
Wendepunktes die Gleichgültigkeit fortdauert.

wenn wir sie etwa nicht selbst ausnutzen wollen oder
können.

Halbe Erdtheile, ganze Thesauren, angefüllt mit den
in tausendjähriger Geistesarbeit aufgehäuften Schätzen, sie
mag jetzt oft ein Tag mehr oder weniger zerstören*), versenken
für immer in das Reich des Nichts.

Das sind keine Uebertreibungen, meine Herren. Die
Erfahrungen neuerer Reisende, durch die eigenen letztlich
wieder bestätigt, die Jammerberichte, die von allen Seiten
einlaufen, sie machen schaudern, wer sich hineinzudenken
die Mühe nicht scheut. Man fühlt, als ob ein schweres Ver-
gehen auf Jedem laste, der wenn zum Bewusstsein dessen
gelangt, was hier auf dem Spiele steht, unthätig zurückbleibt.

Jedem freilich steht es frei, sich Verantwortlichkeiten zu
entziehen, die unbequem werden könnten. Aber genügt das

*) Eine brennendste Zeitfrage allerdings! Es brennt in allen Ecken
und Enden der ethnologischen Welt, brennt hell, lichterloh, in vollster
Brunst, es brennt ringsum, Gross Feuer! und Niemand regt eine Hand.
Die Autopsien der von 1850—1880 periodisch wiederholten Reisen liefern
die gewaltsam zwingendsten Ueberzeugungen des in schreckbar steigenden
Progressionen fortschreitenden Verderbens. Wenn indess ihnen, als sub-
jectiven Eindrücken nicht zu trauen, so sei auf die Acten des ältesten der
ethnologischen Museen verwiesen, mit ihren Belegen in Zahlen und That-
sachen, die prophetische Rechenkunst erleichtern, auch dem nüchternsten
Kopf, (ohne oratorische Ueberredungskünste). Wer hier zu widerlegen ver-
mag, mich eines Besseren zu belehren, der ist willkommen, und um so
freudiger sei ihm ein Dank, wenn befreiend von folternder Angst, über
unausbleiblich verlorenen Documentenschätzen, die Heiligthümer der Mensch-
heitsgeschichte, — verloren unwiederbringlich, auf immer, so lange der
Erdplanet sich drehen wird (in diesmaliger Schöpfungskalpe wenigstens).
An Ungläubigen oder Altersgläubigen wird es, wie immer, nicht fehlen,
aber: „sie dreht sich doch“, e pure si muove (auch nach meiner unmaass-
geblichen Meinung) und: es brennt überall (für die Ethnologie und ihre
Völkergedanken). Wunderbar überraschendste Entdeckungen ruhen im
Schosse der Zukunft. Sie sind uns gewiss, wenn wir uns darum mühen
wollen, sie sind verloren für immer, wenn jetzt im kritischen Moment des
Wendepunktes die Gleichgültigkeit fortdauert.
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[180/0214] wenn wir sie etwa nicht selbst ausnutzen wollen oder können. Halbe Erdtheile, ganze Thesauren, angefüllt mit den in tausendjähriger Geistesarbeit aufgehäuften Schätzen, sie mag jetzt oft ein Tag mehr oder weniger zerstören *), versenken für immer in das Reich des Nichts. Das sind keine Uebertreibungen, meine Herren. Die Erfahrungen neuerer Reisende, durch die eigenen letztlich wieder bestätigt, die Jammerberichte, die von allen Seiten einlaufen, sie machen schaudern, wer sich hineinzudenken die Mühe nicht scheut. Man fühlt, als ob ein schweres Ver- gehen auf Jedem laste, der wenn zum Bewusstsein dessen gelangt, was hier auf dem Spiele steht, unthätig zurückbleibt. Jedem freilich steht es frei, sich Verantwortlichkeiten zu entziehen, die unbequem werden könnten. Aber genügt das *) Eine brennendste Zeitfrage allerdings! Es brennt in allen Ecken und Enden der ethnologischen Welt, brennt hell, lichterloh, in vollster Brunst, es brennt ringsum, Gross Feuer! und Niemand regt eine Hand. Die Autopsien der von 1850—1880 periodisch wiederholten Reisen liefern die gewaltsam zwingendsten Ueberzeugungen des in schreckbar steigenden Progressionen fortschreitenden Verderbens. Wenn indess ihnen, als sub- jectiven Eindrücken nicht zu trauen, so sei auf die Acten des ältesten der ethnologischen Museen verwiesen, mit ihren Belegen in Zahlen und That- sachen, die prophetische Rechenkunst erleichtern, auch dem nüchternsten Kopf, (ohne oratorische Ueberredungskünste). Wer hier zu widerlegen ver- mag, mich eines Besseren zu belehren, der ist willkommen, und um so freudiger sei ihm ein Dank, wenn befreiend von folternder Angst, über unausbleiblich verlorenen Documentenschätzen, die Heiligthümer der Mensch- heitsgeschichte, — verloren unwiederbringlich, auf immer, so lange der Erdplanet sich drehen wird (in diesmaliger Schöpfungskalpe wenigstens). An Ungläubigen oder Altersgläubigen wird es, wie immer, nicht fehlen, aber: „sie dreht sich doch“, e pure si muove (auch nach meiner unmaass- geblichen Meinung) und: es brennt überall (für die Ethnologie und ihre Völkergedanken). Wunderbar überraschendste Entdeckungen ruhen im Schosse der Zukunft. Sie sind uns gewiss, wenn wir uns darum mühen wollen, sie sind verloren für immer, wenn jetzt im kritischen Moment des Wendepunktes die Gleichgültigkeit fortdauert.

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Zitationshilfe: Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/214>, abgerufen am 24.11.2024.