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Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881.

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hielt die Seele (Entelechie*) ihres Leibes) Vermögen (duna-
mis) als Materie.

Nach Kant muss man vor Allem, ehe man Metaphysik
als Wissenschaft der letzten Principien mache, untersuchen,
was Wissen selbst sei (s. Baumann). Die Psychologie**)
(welche die Naturgesetze des Denkens kennen lehrt) ist "als
die naturgemässe und nothwendige Basis der Erkenntniss-
theorie zu betrachten" (s. Göring).

Wenn Herbart die Metaphysik als Grundlage der Psy-
chologie ansieht (oder Lehren der rationalen Psychologie
aufzustellen, nur auf Grundlage der Metaphysik gestatten will),
so folgt dies aus dem Bestreben, die individuelle Psychologie
durch sich selbst zu verstehen, wogegen nach der Natur des
Menschen als Gesellschaftswesen das natürliche Gebiet der
Psychologie in dem Gesellschaftsgedanken (und dem Er-
kennen des Denkens darin) liegen muss, wodurch zugleich,
statt metaphysischer Abstractionen der normale Durchschnitts-
gedanken gewährt wird.

Im Uebrigen hat der gegen Kant's kritische Philosophie
(welche vorher das Erkenntnissvermögen selbst zu unter-
suchen fordert) von Hegel erhobene Einwurf (dass die Unter-
suchung des Erkennens nicht anders als "erkennend" ge-
schehen könne) seine Berechtigung in der dogmatischen

als Kunst, und das Urtheil der Ethik nach dem Handeln aus freier Ver-
nunftthätigkeit (s. Harms).
*) Dunamis indefinita, utpote materia, entelekheia certa et finita, utpote
formam offerens (bei Aristoteles), energeia magis ipsum rei actum, entele-
kheia statum ex actu exortum significat (s. Trendelenburg).
**) Als Socialwissenschaft hat die Socialpsychologie (oder politische
Psychologie) die Aufgabe, die Nationalökonomie oder Politik von der psy-
chologischen Seite zu ergänzen (s. Lindner). Bei richtiger Erkenntniss der
"socialpsychologischen Naturgesetze" lässt sich hoffen, "dass die Versuche,
die sociale Bewegung aufzuhalten oder naturwidrig zu lenken, einer er-
leuchteten Psychologie weichen, und dass sich alsdann auf dem Wege
ruhiger Reform und stetiger Bewegung jener Entwicklungsprocess vollziehen
werde, welcher gegenwärtig auf der Bahn der Revolutionen und Katastro-
phen verderbenbringend einhergeht."

hielt die Seele (Entelechie*) ihres Leibes) Vermögen (δυνα-
μις) als Materie.

Nach Kant muss man vor Allem, ehe man Metaphysik
als Wissenschaft der letzten Principien mache, untersuchen,
was Wissen selbst sei (s. Baumann). Die Psychologie**)
(welche die Naturgesetze des Denkens kennen lehrt) ist „als
die naturgemässe und nothwendige Basis der Erkenntniss-
theorie zu betrachten“ (s. Göring).

Wenn Herbart die Metaphysik als Grundlage der Psy-
chologie ansieht (oder Lehren der rationalen Psychologie
aufzustellen, nur auf Grundlage der Metaphysik gestatten will),
so folgt dies aus dem Bestreben, die individuelle Psychologie
durch sich selbst zu verstehen, wogegen nach der Natur des
Menschen als Gesellschaftswesen das natürliche Gebiet der
Psychologie in dem Gesellschaftsgedanken (und dem Er-
kennen des Denkens darin) liegen muss, wodurch zugleich,
statt metaphysischer Abstractionen der normale Durchschnitts-
gedanken gewährt wird.

Im Uebrigen hat der gegen Kant’s kritische Philosophie
(welche vorher das Erkenntnissvermögen selbst zu unter-
suchen fordert) von Hegel erhobene Einwurf (dass die Unter-
suchung des Erkennens nicht anders als „erkennend“ ge-
schehen könne) seine Berechtigung in der dogmatischen

als Kunst, und das Urtheil der Ethik nach dem Handeln aus freier Ver-
nunftthätigkeit (s. Harms).
*) Δύναμις indefinita, utpote materia, ἐντελέχεια certa et finita, utpote
formam offerens (bei Aristoteles), ἐνέργεια magis ipsum rei actum, ἐντελέ-
χεια statum ex actu exortum significat (s. Trendelenburg).
**) Als Socialwissenschaft hat die Socialpsychologie (oder politische
Psychologie) die Aufgabe, die Nationalökonomie oder Politik von der psy-
chologischen Seite zu ergänzen (s. Lindner). Bei richtiger Erkenntniss der
„socialpsychologischen Naturgesetze“ lässt sich hoffen, „dass die Versuche,
die sociale Bewegung aufzuhalten oder naturwidrig zu lenken, einer er-
leuchteten Psychologie weichen, und dass sich alsdann auf dem Wege
ruhiger Reform und stetiger Bewegung jener Entwicklungsprocess vollziehen
werde, welcher gegenwärtig auf der Bahn der Revolutionen und Katastro-
phen verderbenbringend einhergeht.“
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[80/0114] hielt die Seele (Entelechie *) ihres Leibes) Vermögen (δυνα- μις) als Materie. Nach Kant muss man vor Allem, ehe man Metaphysik als Wissenschaft der letzten Principien mache, untersuchen, was Wissen selbst sei (s. Baumann). Die Psychologie **) (welche die Naturgesetze des Denkens kennen lehrt) ist „als die naturgemässe und nothwendige Basis der Erkenntniss- theorie zu betrachten“ (s. Göring). Wenn Herbart die Metaphysik als Grundlage der Psy- chologie ansieht (oder Lehren der rationalen Psychologie aufzustellen, nur auf Grundlage der Metaphysik gestatten will), so folgt dies aus dem Bestreben, die individuelle Psychologie durch sich selbst zu verstehen, wogegen nach der Natur des Menschen als Gesellschaftswesen das natürliche Gebiet der Psychologie in dem Gesellschaftsgedanken (und dem Er- kennen des Denkens darin) liegen muss, wodurch zugleich, statt metaphysischer Abstractionen der normale Durchschnitts- gedanken gewährt wird. Im Uebrigen hat der gegen Kant’s kritische Philosophie (welche vorher das Erkenntnissvermögen selbst zu unter- suchen fordert) von Hegel erhobene Einwurf (dass die Unter- suchung des Erkennens nicht anders als „erkennend“ ge- schehen könne) seine Berechtigung in der dogmatischen ***) *) Δύναμις indefinita, utpote materia, ἐντελέχεια certa et finita, utpote formam offerens (bei Aristoteles), ἐνέργεια magis ipsum rei actum, ἐντελέ- χεια statum ex actu exortum significat (s. Trendelenburg). **) Als Socialwissenschaft hat die Socialpsychologie (oder politische Psychologie) die Aufgabe, die Nationalökonomie oder Politik von der psy- chologischen Seite zu ergänzen (s. Lindner). Bei richtiger Erkenntniss der „socialpsychologischen Naturgesetze“ lässt sich hoffen, „dass die Versuche, die sociale Bewegung aufzuhalten oder naturwidrig zu lenken, einer er- leuchteten Psychologie weichen, und dass sich alsdann auf dem Wege ruhiger Reform und stetiger Bewegung jener Entwicklungsprocess vollziehen werde, welcher gegenwärtig auf der Bahn der Revolutionen und Katastro- phen verderbenbringend einhergeht.“ ***) als Kunst, und das Urtheil der Ethik nach dem Handeln aus freier Ver- nunftthätigkeit (s. Harms).

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Zitationshilfe: Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/114>, abgerufen am 07.10.2024.