Wer einiges Spiels gewohnt ist, hat vielleicht nicht allemal Ursache gnug, sich desselben zu ent- wöhnen. Aber weit besser wäre es, wenn sich niemand gewöhnt hätte, um irgend etwas, als nur um den Beytrag zu Allmosen, Wohlthaten und dem gesellschaftlichen Aufwande zu spielen. Bleibe, wenn du erst überhaupt spielen darfst, in deinem ganzen Leben bey dieser Regel. Die Hoff- nung auf den Gewinn in den Lotterien, ist thö- rigt, und macht hundert Personen ärmer, ehe sie eine etwas bereichert.
Die Freygebigkeit in Geldsachen, oder in andern Dingen, welche einen Werth haben, ist für die Jugend, welche kein Vermögen besitzt, keine Tugend. Jn diesem Alter hat man nicht Verstand gnug, zu urtheilen, was, und wie viel von dieser Art geschehn müsse. Der Besitz eines kleinen gesammleten Vermögens entscheidet in den männlichen Jahren oft das ganze Schicksal. Er- werben und Sparen ist vorzüglich der Jugend nöthig. Doch ist Aufwand auf Wohlthaten besser, als auf theure und öftere Ergötzlichkeiten.
Wie die Umstände eines jungen Menschen auch beschaffen seyn mögen; so muß er mit demjenigen, was ihm durch Recht zufällt, auskommen und etwas übrig haben. Ein Jüngling, welcher die geringste Last der Schulden auf sich laden kann,
ist
Die Sittenlehre
Wer einiges Spiels gewohnt iſt, hat vielleicht nicht allemal Urſache gnug, ſich deſſelben zu ent- woͤhnen. Aber weit beſſer waͤre es, wenn ſich niemand gewoͤhnt haͤtte, um irgend etwas, als nur um den Beytrag zu Allmoſen, Wohlthaten und dem geſellſchaftlichen Aufwande zu ſpielen. Bleibe, wenn du erſt uͤberhaupt ſpielen darfſt, in deinem ganzen Leben bey dieſer Regel. Die Hoff- nung auf den Gewinn in den Lotterien, iſt thoͤ- rigt, und macht hundert Perſonen aͤrmer, ehe ſie eine etwas bereichert.
Die Freygebigkeit in Geldſachen, oder in andern Dingen, welche einen Werth haben, iſt fuͤr die Jugend, welche kein Vermoͤgen beſitzt, keine Tugend. Jn dieſem Alter hat man nicht Verſtand gnug, zu urtheilen, was, und wie viel von dieſer Art geſchehn muͤſſe. Der Beſitz eines kleinen geſammleten Vermoͤgens entſcheidet in den maͤnnlichen Jahren oft das ganze Schickſal. Er- werben und Sparen iſt vorzuͤglich der Jugend noͤthig. Doch iſt Aufwand auf Wohlthaten beſſer, als auf theure und oͤftere Ergoͤtzlichkeiten.
Wie die Umſtaͤnde eines jungen Menſchen auch beſchaffen ſeyn moͤgen; ſo muß er mit demjenigen, was ihm durch Recht zufaͤllt, auskommen und etwas übrig haben. Ein Juͤngling, welcher die geringſte Laſt der Schulden auf ſich laden kann,
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Die Sittenlehre
Wer einiges Spiels gewohnt iſt, hat vielleicht
nicht allemal Urſache gnug, ſich deſſelben zu ent-
woͤhnen. Aber weit beſſer waͤre es, wenn ſich
niemand gewoͤhnt haͤtte, um irgend etwas, als
nur um den Beytrag zu Allmoſen, Wohlthaten
und dem geſellſchaftlichen Aufwande zu ſpielen.
Bleibe, wenn du erſt uͤberhaupt ſpielen darfſt, in
deinem ganzen Leben bey dieſer Regel. Die Hoff-
nung auf den Gewinn in den Lotterien, iſt thoͤ-
rigt, und macht hundert Perſonen aͤrmer, ehe ſie
eine etwas bereichert.
Die Freygebigkeit in Geldſachen, oder in
andern Dingen, welche einen Werth haben, iſt
fuͤr die Jugend, welche kein Vermoͤgen beſitzt,
keine Tugend. Jn dieſem Alter hat man nicht
Verſtand gnug, zu urtheilen, was, und wie viel
von dieſer Art geſchehn muͤſſe. Der Beſitz eines
kleinen geſammleten Vermoͤgens entſcheidet in den
maͤnnlichen Jahren oft das ganze Schickſal. Er-
werben und Sparen iſt vorzuͤglich der Jugend
noͤthig. Doch iſt Aufwand auf Wohlthaten beſſer,
als auf theure und oͤftere Ergoͤtzlichkeiten.
Wie die Umſtaͤnde eines jungen Menſchen auch
beſchaffen ſeyn moͤgen; ſo muß er mit demjenigen,
was ihm durch Recht zufaͤllt, auskommen und
etwas übrig haben. Ein Juͤngling, welcher
die geringſte Laſt der Schulden auf ſich laden kann,
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Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/108>, abgerufen am 23.07.2024.
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