Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].

Bild:
<< vorherige Seite
Die Sittenlehre

Wer einiges Spiels gewohnt ist, hat vielleicht
nicht allemal Ursache gnug, sich desselben zu ent-
wöhnen. Aber weit besser wäre es, wenn sich
niemand gewöhnt hätte, um irgend etwas, als
nur um den Beytrag zu Allmosen, Wohlthaten
und dem gesellschaftlichen Aufwande zu spielen.
Bleibe, wenn du erst überhaupt spielen darfst, in
deinem ganzen Leben bey dieser Regel. Die Hoff-
nung auf den Gewinn in den Lotterien, ist thö-
rigt, und macht hundert Personen ärmer, ehe sie
eine etwas bereichert.

Die Freygebigkeit in Geldsachen, oder in
andern Dingen, welche einen Werth haben, ist
für die Jugend, welche kein Vermögen besitzt,
keine Tugend. Jn diesem Alter hat man nicht
Verstand gnug, zu urtheilen, was, und wie viel
von dieser Art geschehn müsse. Der Besitz eines
kleinen gesammleten Vermögens entscheidet in den
männlichen Jahren oft das ganze Schicksal. Er-
werben und Sparen ist vorzüglich der Jugend
nöthig. Doch ist Aufwand auf Wohlthaten besser,
als auf theure und öftere Ergötzlichkeiten.

Wie die Umstände eines jungen Menschen auch
beschaffen seyn mögen; so muß er mit demjenigen,
was ihm durch Recht zufällt, auskommen und
etwas übrig haben.
Ein Jüngling, welcher
die geringste Last der Schulden auf sich laden kann,

ist
Die Sittenlehre

Wer einiges Spiels gewohnt iſt, hat vielleicht
nicht allemal Urſache gnug, ſich deſſelben zu ent-
woͤhnen. Aber weit beſſer waͤre es, wenn ſich
niemand gewoͤhnt haͤtte, um irgend etwas, als
nur um den Beytrag zu Allmoſen, Wohlthaten
und dem geſellſchaftlichen Aufwande zu ſpielen.
Bleibe, wenn du erſt uͤberhaupt ſpielen darfſt, in
deinem ganzen Leben bey dieſer Regel. Die Hoff-
nung auf den Gewinn in den Lotterien, iſt thoͤ-
rigt, und macht hundert Perſonen aͤrmer, ehe ſie
eine etwas bereichert.

Die Freygebigkeit in Geldſachen, oder in
andern Dingen, welche einen Werth haben, iſt
fuͤr die Jugend, welche kein Vermoͤgen beſitzt,
keine Tugend. Jn dieſem Alter hat man nicht
Verſtand gnug, zu urtheilen, was, und wie viel
von dieſer Art geſchehn muͤſſe. Der Beſitz eines
kleinen geſammleten Vermoͤgens entſcheidet in den
maͤnnlichen Jahren oft das ganze Schickſal. Er-
werben und Sparen iſt vorzuͤglich der Jugend
noͤthig. Doch iſt Aufwand auf Wohlthaten beſſer,
als auf theure und oͤftere Ergoͤtzlichkeiten.

Wie die Umſtaͤnde eines jungen Menſchen auch
beſchaffen ſeyn moͤgen; ſo muß er mit demjenigen,
was ihm durch Recht zufaͤllt, auskommen und
etwas übrig haben.
Ein Juͤngling, welcher
die geringſte Laſt der Schulden auf ſich laden kann,

iſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0108" n="84"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Sittenlehre</hi> </fw><lb/>
          <p>Wer einiges Spiels gewohnt i&#x017F;t, hat vielleicht<lb/>
nicht allemal Ur&#x017F;ache gnug, &#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;elben zu ent-<lb/>
wo&#x0364;hnen. Aber weit be&#x017F;&#x017F;er wa&#x0364;re es, wenn &#x017F;ich<lb/>
niemand gewo&#x0364;hnt ha&#x0364;tte, um irgend etwas, als<lb/>
nur um den Beytrag zu Allmo&#x017F;en, Wohlthaten<lb/>
und dem ge&#x017F;ell&#x017F;chaftlichen Aufwande zu &#x017F;pielen.<lb/>
Bleibe, wenn du er&#x017F;t u&#x0364;berhaupt &#x017F;pielen darf&#x017F;t, in<lb/>
deinem ganzen Leben bey die&#x017F;er Regel. Die Hoff-<lb/>
nung auf den Gewinn in den <hi rendition="#fr">Lotterien,</hi> i&#x017F;t tho&#x0364;-<lb/>
rigt, und macht hundert Per&#x017F;onen a&#x0364;rmer, ehe &#x017F;ie<lb/>
eine etwas bereichert.</p><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#fr">Freygebigkeit</hi> in Geld&#x017F;achen, oder in<lb/>
andern Dingen, welche einen Werth haben, i&#x017F;t<lb/>
fu&#x0364;r die Jugend, welche kein Vermo&#x0364;gen be&#x017F;itzt,<lb/>
keine Tugend. Jn die&#x017F;em Alter hat man nicht<lb/>
Ver&#x017F;tand gnug, zu urtheilen, was, und wie viel<lb/>
von die&#x017F;er Art ge&#x017F;chehn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Der Be&#x017F;itz eines<lb/>
kleinen ge&#x017F;ammleten Vermo&#x0364;gens ent&#x017F;cheidet in den<lb/>
ma&#x0364;nnlichen Jahren oft das ganze Schick&#x017F;al. Er-<lb/>
werben und Sparen i&#x017F;t vorzu&#x0364;glich der Jugend<lb/>
no&#x0364;thig. Doch i&#x017F;t Aufwand auf Wohlthaten be&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
als auf theure und o&#x0364;ftere Ergo&#x0364;tzlichkeiten.</p><lb/>
          <p>Wie die Um&#x017F;ta&#x0364;nde eines jungen Men&#x017F;chen auch<lb/>
be&#x017F;chaffen &#x017F;eyn mo&#x0364;gen; &#x017F;o muß er mit demjenigen,<lb/>
was ihm durch Recht zufa&#x0364;llt, <hi rendition="#fr">auskommen und<lb/>
etwas übrig haben.</hi> Ein Ju&#x0364;ngling, welcher<lb/>
die gering&#x017F;te La&#x017F;t der Schulden auf &#x017F;ich laden kann,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">i&#x017F;t</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0108] Die Sittenlehre Wer einiges Spiels gewohnt iſt, hat vielleicht nicht allemal Urſache gnug, ſich deſſelben zu ent- woͤhnen. Aber weit beſſer waͤre es, wenn ſich niemand gewoͤhnt haͤtte, um irgend etwas, als nur um den Beytrag zu Allmoſen, Wohlthaten und dem geſellſchaftlichen Aufwande zu ſpielen. Bleibe, wenn du erſt uͤberhaupt ſpielen darfſt, in deinem ganzen Leben bey dieſer Regel. Die Hoff- nung auf den Gewinn in den Lotterien, iſt thoͤ- rigt, und macht hundert Perſonen aͤrmer, ehe ſie eine etwas bereichert. Die Freygebigkeit in Geldſachen, oder in andern Dingen, welche einen Werth haben, iſt fuͤr die Jugend, welche kein Vermoͤgen beſitzt, keine Tugend. Jn dieſem Alter hat man nicht Verſtand gnug, zu urtheilen, was, und wie viel von dieſer Art geſchehn muͤſſe. Der Beſitz eines kleinen geſammleten Vermoͤgens entſcheidet in den maͤnnlichen Jahren oft das ganze Schickſal. Er- werben und Sparen iſt vorzuͤglich der Jugend noͤthig. Doch iſt Aufwand auf Wohlthaten beſſer, als auf theure und oͤftere Ergoͤtzlichkeiten. Wie die Umſtaͤnde eines jungen Menſchen auch beſchaffen ſeyn moͤgen; ſo muß er mit demjenigen, was ihm durch Recht zufaͤllt, auskommen und etwas übrig haben. Ein Juͤngling, welcher die geringſte Laſt der Schulden auf ſich laden kann, iſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/108
Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/108>, abgerufen am 28.04.2024.