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Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774.

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des Philanthropinums.
"Blumen zum Wachsthum befördert werden. Sie
"freuet sich über die Geschicklichkeit und menschliche
"Gestalt ihres Körpers, über die Vernunft ihrer
"Seele; auch über Regen, Wind, Schnee, nächt-
"liche Finsterniß und dergleichen Vorfälle, und
"zuweilen eben zu der Zeit, da sie selbst ein wenig
"leidet, und andre Menschen gewohnt sind, zu
"klagen. Der Anblick der Raupen, Spinnen,
"Mäuse, Schlangen und Eidexen ist ihr weder
"ekelhaft noch furchtbar. Wegen Hexen, Ge-
"spenster und Teufel hat sie noch nie Angst empfun-
"den, weil sie ihr nicht als Namen solcher Dinge,
"die den Menschen wirklich schaden, vorgesagt
"werden. Die albernen Teufelsgestalten sind ihr
"nur lächerlich und nicht schreckhaft. Von der
"christlichen Religion weis sie viele Umstände, aber
"nur solche, die in diesem ihren Alter ihr als eine
"Vorbereitung zur Tugend, zum Vertrauen auf
"Gott und zur Zufriedenheit nützen können. Jesus
"ist ihr (bis sie mehr von ihm lernen wird) der
"vollkommenste Lehrer der Menschen gewesen, wel-
"cher eine Menge von wohlthätigen Wundern durch
"Gottes Kraft verrichtet hat; ferner das vollkom-
"menste Muster, wie man, um Gutes zu thun,
"auch Leiden und Tod erdulden müsse, wenn es
"nöthig ist. Man hat ihr gesagt, er sey von den
"Todten auferstanden und hernach lebendig über die
"Wolken genommen; er habe dem menschlichen
"Geschlechte die Versicherung von der Unsterblich-
"keit der Seele und von der ewigen Vergeltung
"des Guten und Bösen gegeben; er sey und bleibe

"ein
D

des Philanthropinums.
„Blumen zum Wachsthum befoͤrdert werden. Sie
„freuet ſich uͤber die Geſchicklichkeit und menſchliche
„Geſtalt ihres Koͤrpers, uͤber die Vernunft ihrer
„Seele; auch uͤber Regen, Wind, Schnee, naͤcht-
„liche Finſterniß und dergleichen Vorfaͤlle, und
„zuweilen eben zu der Zeit, da ſie ſelbſt ein wenig
„leidet, und andre Menſchen gewohnt ſind, zu
„klagen. Der Anblick der Raupen, Spinnen,
„Maͤuſe, Schlangen und Eidexen iſt ihr weder
„ekelhaft noch furchtbar. Wegen Hexen, Ge-
„ſpenſter und Teufel hat ſie noch nie Angſt empfun-
„den, weil ſie ihr nicht als Namen ſolcher Dinge,
„die den Menſchen wirklich ſchaden, vorgeſagt
„werden. Die albernen Teufelsgeſtalten ſind ihr
„nur laͤcherlich und nicht ſchreckhaft. Von der
„chriſtlichen Religion weis ſie viele Umſtaͤnde, aber
„nur ſolche, die in dieſem ihren Alter ihr als eine
„Vorbereitung zur Tugend, zum Vertrauen auf
„Gott und zur Zufriedenheit nuͤtzen koͤnnen. Jeſus
„iſt ihr (bis ſie mehr von ihm lernen wird) der
„vollkommenſte Lehrer der Menſchen geweſen, wel-
„cher eine Menge von wohlthaͤtigen Wundern durch
„Gottes Kraft verrichtet hat; ferner das vollkom-
„menſte Muſter, wie man, um Gutes zu thun,
„auch Leiden und Tod erdulden muͤſſe, wenn es
„noͤthig iſt. Man hat ihr geſagt, er ſey von den
„Todten auferſtanden und hernach lebendig uͤber die
„Wolken genommen; er habe dem menſchlichen
„Geſchlechte die Verſicherung von der Unſterblich-
„keit der Seele und von der ewigen Vergeltung
„des Guten und Boͤſen gegeben; er ſey und bleibe

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[49/0085] des Philanthropinums. „Blumen zum Wachsthum befoͤrdert werden. Sie „freuet ſich uͤber die Geſchicklichkeit und menſchliche „Geſtalt ihres Koͤrpers, uͤber die Vernunft ihrer „Seele; auch uͤber Regen, Wind, Schnee, naͤcht- „liche Finſterniß und dergleichen Vorfaͤlle, und „zuweilen eben zu der Zeit, da ſie ſelbſt ein wenig „leidet, und andre Menſchen gewohnt ſind, zu „klagen. Der Anblick der Raupen, Spinnen, „Maͤuſe, Schlangen und Eidexen iſt ihr weder „ekelhaft noch furchtbar. Wegen Hexen, Ge- „ſpenſter und Teufel hat ſie noch nie Angſt empfun- „den, weil ſie ihr nicht als Namen ſolcher Dinge, „die den Menſchen wirklich ſchaden, vorgeſagt „werden. Die albernen Teufelsgeſtalten ſind ihr „nur laͤcherlich und nicht ſchreckhaft. Von der „chriſtlichen Religion weis ſie viele Umſtaͤnde, aber „nur ſolche, die in dieſem ihren Alter ihr als eine „Vorbereitung zur Tugend, zum Vertrauen auf „Gott und zur Zufriedenheit nuͤtzen koͤnnen. Jeſus „iſt ihr (bis ſie mehr von ihm lernen wird) der „vollkommenſte Lehrer der Menſchen geweſen, wel- „cher eine Menge von wohlthaͤtigen Wundern durch „Gottes Kraft verrichtet hat; ferner das vollkom- „menſte Muſter, wie man, um Gutes zu thun, „auch Leiden und Tod erdulden muͤſſe, wenn es „noͤthig iſt. Man hat ihr geſagt, er ſey von den „Todten auferſtanden und hernach lebendig uͤber die „Wolken genommen; er habe dem menſchlichen „Geſchlechte die Verſicherung von der Unſterblich- „keit der Seele und von der ewigen Vergeltung „des Guten und Boͤſen gegeben; er ſey und bleibe „ein D

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Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_philanthropinum_1774/85>, abgerufen am 25.04.2024.