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Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774.

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Von der lateinischen Sprache
schen (§. 9.) gleicht, und die lateinische Litteratur
vorzüglich liebt, auch in der Schriftstellerarbeit
der obgenannten Schulschriften gebraucht werden
kann. Wir werden bey der Wahl dem Zeugnisse des
Herrn D. Ernesti, oder des Herrn Prof. Morus
in Leipzig, des Herrn Oberconsistorial-R. Teller in

Berlin,
unsre Zeiten sich beziehenden Anmerkungen begleitet,
und zum Nutzen ungelehrter Leser gute Uebersetzun-
gen derselben veranstaltet habe. Denn aus den
Alten selber (ohne Auszug) genug Vernunft und
Wahrheit zu lernen, ist für die Menschen zu schwer
und kostet überflüssige Zeit. Sie schrieben nicht un-
serm, sondern ihrem Jahrhundert. Jndem ich die
Alten nenne, rechne ich einige Neuere mit, welche
wegen der Aehnlichkeit des Geistes auch alte Autores
zu heissen verdienen, und wegen des Jnhalts bey
uns classischer seyn müssen, als die Alten. Hier
denke ich vorzüglich an Ernesti initia doctrinae soli-
dioris.
Dies ist eins der wenigen Lehrbücher, wel-
ches jährlich durchzulesen, sowohl um des Vergnü-
gens als Nutzens willen, ein Freund der Wahrheit
und Wohlredenheit sich auch im 50sten Jahre zur
Regel machen kann. Dennoch glaube ich, daß eine
Chrestomathie aus diesem Buche für die Jugend nö-
thig sey. Denn (zugeschweigen, daß unbedeutende
und jetzund entschiedene Disputationen der Alten zu
oft vorkommen) hat der Herr Verfasser, den Neue-
ren zu Gefallen, zu oft den Satz vom Widerspruche
und vom zureichenden Grunde brauchen wollen.
Auch ist er in überflüssige Wiederholungen gefallen,
weil er einem jeden der besonders benamten Theile
der Philosophie (deren Anzahl zu groß ist) Form
und Umfang beybehalten wollte. Das ist meine
Meynung, welche jeder lehrhafte Freund der studi-
renden Jugend prüfen mag.

Von der lateiniſchen Sprache
ſchen (§. 9.) gleicht, und die lateiniſche Litteratur
vorzuͤglich liebt, auch in der Schriftſtellerarbeit
der obgenannten Schulſchriften gebraucht werden
kann. Wir werden bey der Wahl dem Zeugniſſe des
Herrn D. Erneſti, oder des Herrn Prof. Morus
in Leipzig, des Herrn Oberconſiſtorial-R. Teller in

Berlin,
unſre Zeiten ſich beziehenden Anmerkungen begleitet,
und zum Nutzen ungelehrter Leſer gute Ueberſetzun-
gen derſelben veranſtaltet habe. Denn aus den
Alten ſelber (ohne Auszug) genug Vernunft und
Wahrheit zu lernen, iſt fuͤr die Menſchen zu ſchwer
und koſtet uͤberfluͤſſige Zeit. Sie ſchrieben nicht un-
ſerm, ſondern ihrem Jahrhundert. Jndem ich die
Alten nenne, rechne ich einige Neuere mit, welche
wegen der Aehnlichkeit des Geiſtes auch alte Autores
zu heiſſen verdienen, und wegen des Jnhalts bey
uns claſſiſcher ſeyn muͤſſen, als die Alten. Hier
denke ich vorzuͤglich an Erneſti initia doctrinæ ſoli-
dioris.
Dies iſt eins der wenigen Lehrbuͤcher, wel-
ches jaͤhrlich durchzuleſen, ſowohl um des Vergnuͤ-
gens als Nutzens willen, ein Freund der Wahrheit
und Wohlredenheit ſich auch im 50ſten Jahre zur
Regel machen kann. Dennoch glaube ich, daß eine
Chreſtomathie aus dieſem Buche fuͤr die Jugend noͤ-
thig ſey. Denn (zugeſchweigen, daß unbedeutende
und jetzund entſchiedene Diſputationen der Alten zu
oft vorkommen) hat der Herr Verfaſſer, den Neue-
ren zu Gefallen, zu oft den Satz vom Widerſpruche
und vom zureichenden Grunde brauchen wollen.
Auch iſt er in uͤberfluͤſſige Wiederholungen gefallen,
weil er einem jeden der beſonders benamten Theile
der Philoſophie (deren Anzahl zu groß iſt) Form
und Umfang beybehalten wollte. Das iſt meine
Meynung, welche jeder lehrhafte Freund der ſtudi-
renden Jugend pruͤfen mag.
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[68/0104] Von der lateiniſchen Sprache ſchen (§. 9.) gleicht, und die lateiniſche Litteratur vorzuͤglich liebt, auch in der Schriftſtellerarbeit der obgenannten Schulſchriften gebraucht werden kann. Wir werden bey der Wahl dem Zeugniſſe des Herrn D. Erneſti, oder des Herrn Prof. Morus in Leipzig, des Herrn Oberconſiſtorial-R. Teller in Berlin, (*) (*) unſre Zeiten ſich beziehenden Anmerkungen begleitet, und zum Nutzen ungelehrter Leſer gute Ueberſetzun- gen derſelben veranſtaltet habe. Denn aus den Alten ſelber (ohne Auszug) genug Vernunft und Wahrheit zu lernen, iſt fuͤr die Menſchen zu ſchwer und koſtet uͤberfluͤſſige Zeit. Sie ſchrieben nicht un- ſerm, ſondern ihrem Jahrhundert. Jndem ich die Alten nenne, rechne ich einige Neuere mit, welche wegen der Aehnlichkeit des Geiſtes auch alte Autores zu heiſſen verdienen, und wegen des Jnhalts bey uns claſſiſcher ſeyn muͤſſen, als die Alten. Hier denke ich vorzuͤglich an Erneſti initia doctrinæ ſoli- dioris. Dies iſt eins der wenigen Lehrbuͤcher, wel- ches jaͤhrlich durchzuleſen, ſowohl um des Vergnuͤ- gens als Nutzens willen, ein Freund der Wahrheit und Wohlredenheit ſich auch im 50ſten Jahre zur Regel machen kann. Dennoch glaube ich, daß eine Chreſtomathie aus dieſem Buche fuͤr die Jugend noͤ- thig ſey. Denn (zugeſchweigen, daß unbedeutende und jetzund entſchiedene Diſputationen der Alten zu oft vorkommen) hat der Herr Verfaſſer, den Neue- ren zu Gefallen, zu oft den Satz vom Widerſpruche und vom zureichenden Grunde brauchen wollen. Auch iſt er in uͤberfluͤſſige Wiederholungen gefallen, weil er einem jeden der beſonders benamten Theile der Philoſophie (deren Anzahl zu groß iſt) Form und Umfang beybehalten wollte. Das iſt meine Meynung, welche jeder lehrhafte Freund der ſtudi- renden Jugend pruͤfen mag.

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Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_philanthropinum_1774/104>, abgerufen am 28.03.2024.