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Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774.

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Wenn das Gebot der Gewohnheit, und nicht das
empfindende Herz, mir sagt: sprich Wünsche,
oder schreibe sie!
so verwünsch ich erst dreymal
oder öfter die Gebieterinn, bis ich einen Schein
des Gehorsams ohn Unrecht erdenk.

Des Herzens wahres unschuldges Gefühl wär
oft dem Bewünschten ein Greul, dem, von dem
mans weis, er sey nicht des Guten Erforscher
und Thäter.

Denn welcher unter den Grossen hört wohl
gern: Deine Erhabenheit werd oder bleibe
bewahrt vor dem Zahne des Neides gegen
Mächtigere oder Erstgebohrne! -- vor lan-
ger Weil und Schlafsucht! -- vor Feuerscha-
den an dem Dir unentbehrlichsten Opern-
hause -- vor Theurung der Sängerinnen
und ihrer Krankheit! -- vor listiger und
gewaltsamer Behandlung des mit Dir ver-
mählten Goldkastens! -- vor grossem und
kleinem Schaden auf altteutschen oder neu-
fränkschen Jagden! -- vor Unbill, Zorn,
Gewalt und anderm Unfug gegen Stände
des Landes! -- und vor beschwerlichen
Todesgedanken, wenn Deine Erhabenheit
fest entschlossen ist, sich niemals zu bessern!

Nicht

Wenn das Gebot der Gewohnheit, und nicht das
empfindende Herz, mir ſagt: ſprich Wuͤnſche,
oder ſchreibe ſie!
ſo verwuͤnſch ich erſt dreymal
oder oͤfter die Gebieterinn, bis ich einen Schein
des Gehorſams ohn Unrecht erdenk.

Des Herzens wahres unſchuldges Gefuͤhl waͤr
oft dem Bewuͤnſchten ein Greul, dem, von dem
mans weis, er ſey nicht des Guten Erforſcher
und Thaͤter.

Denn welcher unter den Groſſen hoͤrt wohl
gern: Deine Erhabenheit werd oder bleibe
bewahrt vor dem Zahne des Neides gegen
Maͤchtigere oder Erſtgebohrne! — vor lan-
ger Weil und Schlafſucht! — vor Feuerſcha-
den an dem Dir unentbehrlichſten Opern-
hauſe — vor Theurung der Saͤngerinnen
und ihrer Krankheit! — vor liſtiger und
gewaltſamer Behandlung des mit Dir ver-
maͤhlten Goldkaſtens! — vor groſſem und
kleinem Schaden auf altteutſchen oder neu-
fraͤnkſchen Jagden! — vor Unbill, Zorn,
Gewalt und anderm Unfug gegen Staͤnde
des Landes! — und vor beſchwerlichen
Todesgedanken, wenn Deine Erhabenheit
feſt entſchloſſen iſt, ſich niemals zu beſſern!

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[VI/0010] Wenn das Gebot der Gewohnheit, und nicht das empfindende Herz, mir ſagt: ſprich Wuͤnſche, oder ſchreibe ſie! ſo verwuͤnſch ich erſt dreymal oder oͤfter die Gebieterinn, bis ich einen Schein des Gehorſams ohn Unrecht erdenk. Des Herzens wahres unſchuldges Gefuͤhl waͤr oft dem Bewuͤnſchten ein Greul, dem, von dem mans weis, er ſey nicht des Guten Erforſcher und Thaͤter. Denn welcher unter den Groſſen hoͤrt wohl gern: Deine Erhabenheit werd oder bleibe bewahrt vor dem Zahne des Neides gegen Maͤchtigere oder Erſtgebohrne! — vor lan- ger Weil und Schlafſucht! — vor Feuerſcha- den an dem Dir unentbehrlichſten Opern- hauſe — vor Theurung der Saͤngerinnen und ihrer Krankheit! — vor liſtiger und gewaltſamer Behandlung des mit Dir ver- maͤhlten Goldkaſtens! — vor groſſem und kleinem Schaden auf altteutſchen oder neu- fraͤnkſchen Jagden! — vor Unbill, Zorn, Gewalt und anderm Unfug gegen Staͤnde des Landes! — und vor beſchwerlichen Todesgedanken, wenn Deine Erhabenheit feſt entſchloſſen iſt, ſich niemals zu beſſern! Nicht

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Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774, S. VI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_philanthropinum_1774/10>, abgerufen am 24.11.2024.