Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.Joh. Barclayens Argenis/ ler Helden Nachkömmling were. Die andern lieffenentweder auß bäwrischem vnd kindischem Schre- cken darvon/ oder wendeten mir furchtsam den Rücken/ vnd sahen mich vber Achsel an. Er aber blieb stehen/ vnd ließ sich nichts jrren/ daß einer so anders außsahe als die Leute mit denen er sonst vmbgieng/ zu jhm tratt. Er trug einen Bogen der jhm zur Hand war; denselben stellete er an die Erden vnnd lehnete sich darauff/ erwartete also meiner freymütig/ vnd mit anmutigen Geber- den deß gantzen Leibes. Er hatte gelbicht Haar/ vnd das darumb destoschöner außsahe/ weil es nachlässig durch einander hieng. Dann es lag nicht allein auff der Achsel zerstrewet/ sondern war jhm auch vnter dem Eyfer zum Spiel vber die Stirne gefallen. Die Augen erzeigeten ein Mittel zwischen dem Ernste vnd Freundtligkeit; seine Lippen vnd Wangen wie man sie dem Cupido zumahlen pfleget. Ich ward bestürtzt wegen sei- ner Hoheit/ vnd bate die Götter kürtzlich/ daß sie solcher jhrer Gabe wolten günstig bleiben. Ich schewete mich jhn als einen andern Knaben anzure- den; damit ich aber das Spiel nicht verderbete/ so stieg ich nur vom Pferde/ vnd fragte was seine Eltern machten/ vnd wie es jhm gienge. Er gab zur Antwort der Vatter were mit dem Gesinde zu Felde an der Arbeit/ die Mutter aber zu Hause; wann es mir ge- fiele/ so wolte er sie ruffen. Thut es/ sagte ich/ mein schöner Knabe/ vnd wo jhr es gut heisset/ so wil ich mit
Joh. Barclayens Argenis/ ler Helden Nachkoͤmmling were. Die andern lieffenentweder auß baͤwriſchem vnd kindiſchem Schre- cken darvon/ oder wendeten mir furchtſam den Ruͤcken/ vnd ſahen mich vber Achſel an. Er aber blieb ſtehen/ vnd ließ ſich nichts jrꝛen/ daß einer ſo anders außſahe als die Leute mit denen er ſonſt vmbgieng/ zu jhm tratt. Er trug einen Bogen der jhm zur Hand war; denſelben ſtellete er an die Erden vnnd lehnete ſich darauff/ erwartete alſo meiner freymuͤtig/ vnd mit anmutigen Geber- den deß gantzen Leibes. Er hatte gelbicht Haar/ vnd das darumb deſtoſchoͤner außſahe/ weil es nachlaͤſſig durch einander hieng. Dann es lag nicht allein auff der Achſel zerſtrewet/ ſondern war jhm auch vnter dem Eyfer zum Spiel vber die Stirne gefallen. Die Augen erzeigeten ein Mittel zwiſchen dem Ernſte vnd Freundtligkeit; ſeine Lippen vnd Wangen wie man ſie dem Cupido zumahlen pfleget. Ich ward beſtuͤrtzt wegen ſei- ner Hoheit/ vnd bate die Goͤtter kuͤrtzlich/ daß ſie ſolcher jhrer Gabe wolten guͤnſtig bleiben. Ich ſchewete mich jhn als einen andern Knaben anzure- den; damit ich aber das Spiel nicht verderbete/ ſo ſtieg ich nur vom Pferde/ vñ fragte was ſeine Eltern machtẽ/ vñ wie es jhm gienge. Er gab zur Antwort der Vatter were mit dem Geſinde zu Felde an der Arbeit/ die Mutter aber zu Hauſe; wann es mir ge- fiele/ ſo wolte er ſie ruffen. Thut es/ ſagte ich/ mein ſchoͤner Knabe/ vnd wo jhr es gut heiſſet/ ſo wil ich mit
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Joh. Barclayens Argenis/
ler Helden Nachkoͤmmling were. Die andern lieffen
entweder auß baͤwriſchem vnd kindiſchem Schre-
cken darvon/ oder wendeten mir furchtſam den
Ruͤcken/ vnd ſahen mich vber Achſel an. Er aber
blieb ſtehen/ vnd ließ ſich nichts jrꝛen/ daß einer
ſo anders außſahe als die Leute mit denen er ſonſt
vmbgieng/ zu jhm tratt. Er trug einen Bogen
der jhm zur Hand war; denſelben ſtellete er an die
Erden vnnd lehnete ſich darauff/ erwartete alſo
meiner freymuͤtig/ vnd mit anmutigen Geber-
den deß gantzen Leibes. Er hatte gelbicht Haar/
vnd das darumb deſtoſchoͤner außſahe/ weil es
nachlaͤſſig durch einander hieng. Dann es lag
nicht allein auff der Achſel zerſtrewet/ ſondern
war jhm auch vnter dem Eyfer zum Spiel vber
die Stirne gefallen. Die Augen erzeigeten ein
Mittel zwiſchen dem Ernſte vnd Freundtligkeit;
ſeine Lippen vnd Wangen wie man ſie dem Cupido
zumahlen pfleget. Ich ward beſtuͤrtzt wegen ſei-
ner Hoheit/ vnd bate die Goͤtter kuͤrtzlich/ daß ſie
ſolcher jhrer Gabe wolten guͤnſtig bleiben. Ich
ſchewete mich jhn als einen andern Knaben anzure-
den; damit ich aber das Spiel nicht verderbete/ ſo
ſtieg ich nur vom Pferde/ vñ fragte was ſeine Eltern
machtẽ/ vñ wie es jhm gienge. Er gab zur Antwort
der Vatter were mit dem Geſinde zu Felde an der
Arbeit/ die Mutter aber zu Hauſe; wann es mir ge-
fiele/ ſo wolte er ſie ruffen. Thut es/ ſagte ich/ mein
ſchoͤner Knabe/ vnd wo jhr es gut heiſſet/ ſo wil ich
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