Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Dritte Buch.
nis deß glücklichen Treffens allezeit fürstellete/
einnahm. Archombrotus war tieffer verwundet/
vnd erfuhr/ daß nichts grawsamers sey/ als das
jenige/ welches die Menschen die süsse Liebe heis-
sen. Er glaube auch nicht/ daß jhm das Glücke
so sehr schadete als sein Stillschweigen. Dann er
wurde für eine Priuatperson gehalten/ weil er sein
Geschlecht vnd Vermögen nicht melden wolte.
Es sey weiter nichts rahtsamers/ als daß er dem
Meleander offenbahrte/ was sein Standt vnd
bey jhm sein Begehren sey. In dem er aber v-
ber dieser Erklärung war/ kam jhm der Befehl
seiner Mutter ein/ vnd die Götter welchen er ge-
schworen hatte/ niemanden in Sicilien seinen
Standt zuoffenbahren. Ob es besser sey der Mut-
ter zuschreiben/ oder dahin zuverreisen/ Ansuchung
zu thun/ jhn seines Eydes zuerlassen? Es schiene
jhm beydes zulangsam seyn; doch mißfiel jhm der
Rhat zuschreiben am wenigsten. Dann er vermei-
nete/ daß ein Mensch/ die Argenis zulieben/ nicht
werth were/ der so lange köndte auß Sicilien blei-
ben. Als er in wehrender Vnruh seines Gemü-
tes/ sich im Bette hin vnd wieder warff/ wardt
er nicht gewar daß die Kranckheit deß Hertzens
auch dem Leibe zu Schaden gereichen wolte.

Argenis aber/ welche durch vielfaltiges Vbel
verwirret war/ hatte Selenissen bey sich/ sie zutrö-
sten; da sie dann sich beyde vber den Poliarchus vnd
Radirobanes beklagten. Warumb bliebe jener so

lange

Das Dritte Buch.
nis deß gluͤcklichen Treffens allezeit fuͤrſtellete/
einnahm. Archombrotus war tieffer verwundet/
vnd erfuhr/ daß nichts grawſamers ſey/ als das
jenige/ welches die Menſchen die ſuͤſſe Liebe heiſ-
ſen. Er glaube auch nicht/ daß jhm das Gluͤcke
ſo ſehr ſchadete als ſein Stillſchweigen. Dann er
wurde fuͤr eine Priuatperſon gehalten/ weil er ſein
Geſchlecht vnd Vermoͤgen nicht melden wolte.
Es ſey weiter nichts rahtſamers/ als daß er dem
Meleander offenbahrte/ was ſein Standt vnd
bey jhm ſein Begehren ſey. In dem er aber v-
ber dieſer Erklaͤrung war/ kam jhm der Befehl
ſeiner Mutter ein/ vnd die Goͤtter welchen er ge-
ſchworen hatte/ niemanden in Sicilien ſeinen
Standt zuoffenbahren. Ob es beſſer ſey der Mut-
ter zuſchreiben/ oder dahin zuverꝛeiſen/ Anſuchung
zu thun/ jhn ſeines Eydes zuerlaſſen? Es ſchiene
jhm beydes zulangſam ſeyn; doch mißfiel jhm der
Rhat zuſchreiben am wenigſten. Dann er vermei-
nete/ daß ein Menſch/ die Argenis zulieben/ nicht
werth were/ der ſo lange koͤndte auß Sicilien blei-
ben. Als er in wehrender Vnruh ſeines Gemuͤ-
tes/ ſich im Bette hin vnd wieder warff/ wardt
er nicht gewar daß die Kranckheit deß Hertzens
auch dem Leibe zu Schaden gereichen wolte.

Argenis aber/ welche durch vielfaltiges Vbel
verwirꝛet war/ hatte Seleniſſen bey ſich/ ſie zutroͤ-
ſten; da ſie dann ſich beyde vber den Poliarchus vnd
Radirobanes beklagten. Warumb bliebe jener ſo

lange
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0457" n="413"/><fw place="top" type="header">Das Dritte Buch.</fw><lb/>
nis deß glu&#x0364;cklichen Treffens allezeit fu&#x0364;r&#x017F;tellete/<lb/>
einnahm. Archombrotus war tieffer verwundet/<lb/>
vnd erfuhr/ daß nichts graw&#x017F;amers &#x017F;ey/ als das<lb/>
jenige/ welches die Men&#x017F;chen die &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Liebe hei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Er glaube auch nicht/ daß jhm das Glu&#x0364;cke<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr &#x017F;chadete als &#x017F;ein Still&#x017F;chweigen. Dann er<lb/>
wurde fu&#x0364;r eine Priuatper&#x017F;on gehalten/ weil er &#x017F;ein<lb/>
Ge&#x017F;chlecht vnd Vermo&#x0364;gen nicht melden wolte.<lb/>
Es &#x017F;ey weiter nichts raht&#x017F;amers/ als daß er dem<lb/>
Meleander offenbahrte/ was &#x017F;ein Standt vnd<lb/>
bey jhm &#x017F;ein Begehren &#x017F;ey. In dem er aber v-<lb/>
ber die&#x017F;er Erkla&#x0364;rung war/ kam jhm der Befehl<lb/>
&#x017F;einer Mutter ein/ vnd die Go&#x0364;tter welchen er ge-<lb/>
&#x017F;chworen hatte/ niemanden in Sicilien &#x017F;einen<lb/>
Standt zuoffenbahren. Ob es be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ey der Mut-<lb/>
ter zu&#x017F;chreiben/ oder dahin zuver&#xA75B;ei&#x017F;en/ An&#x017F;uchung<lb/>
zu thun/ jhn &#x017F;eines Eydes zuerla&#x017F;&#x017F;en? Es &#x017F;chiene<lb/>
jhm beydes zulang&#x017F;am &#x017F;eyn; doch mißfiel jhm der<lb/>
Rhat zu&#x017F;chreiben am wenig&#x017F;ten. Dann er vermei-<lb/>
nete/ daß ein Men&#x017F;ch/ die Argenis zulieben/ nicht<lb/>
werth were/ der &#x017F;o lange ko&#x0364;ndte auß Sicilien blei-<lb/>
ben. Als er in wehrender Vnruh &#x017F;eines Gemu&#x0364;-<lb/>
tes/ &#x017F;ich im Bette hin vnd wieder warff/ wardt<lb/>
er nicht gewar daß die Kranckheit deß Hertzens<lb/>
auch dem Leibe zu Schaden gereichen wolte.</p><lb/>
            <p>Argenis aber/ welche durch vielfaltiges Vbel<lb/>
verwir&#xA75B;et war/ hatte Seleni&#x017F;&#x017F;en bey &#x017F;ich/ &#x017F;ie zutro&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten; da &#x017F;ie dann &#x017F;ich beyde vber den Poliarchus vnd<lb/>
Radirobanes beklagten. Warumb bliebe jener &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lange</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[413/0457] Das Dritte Buch. nis deß gluͤcklichen Treffens allezeit fuͤrſtellete/ einnahm. Archombrotus war tieffer verwundet/ vnd erfuhr/ daß nichts grawſamers ſey/ als das jenige/ welches die Menſchen die ſuͤſſe Liebe heiſ- ſen. Er glaube auch nicht/ daß jhm das Gluͤcke ſo ſehr ſchadete als ſein Stillſchweigen. Dann er wurde fuͤr eine Priuatperſon gehalten/ weil er ſein Geſchlecht vnd Vermoͤgen nicht melden wolte. Es ſey weiter nichts rahtſamers/ als daß er dem Meleander offenbahrte/ was ſein Standt vnd bey jhm ſein Begehren ſey. In dem er aber v- ber dieſer Erklaͤrung war/ kam jhm der Befehl ſeiner Mutter ein/ vnd die Goͤtter welchen er ge- ſchworen hatte/ niemanden in Sicilien ſeinen Standt zuoffenbahren. Ob es beſſer ſey der Mut- ter zuſchreiben/ oder dahin zuverꝛeiſen/ Anſuchung zu thun/ jhn ſeines Eydes zuerlaſſen? Es ſchiene jhm beydes zulangſam ſeyn; doch mißfiel jhm der Rhat zuſchreiben am wenigſten. Dann er vermei- nete/ daß ein Menſch/ die Argenis zulieben/ nicht werth were/ der ſo lange koͤndte auß Sicilien blei- ben. Als er in wehrender Vnruh ſeines Gemuͤ- tes/ ſich im Bette hin vnd wieder warff/ wardt er nicht gewar daß die Kranckheit deß Hertzens auch dem Leibe zu Schaden gereichen wolte. Argenis aber/ welche durch vielfaltiges Vbel verwirꝛet war/ hatte Seleniſſen bey ſich/ ſie zutroͤ- ſten; da ſie dann ſich beyde vber den Poliarchus vnd Radirobanes beklagten. Warumb bliebe jener ſo lange

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/457
Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/457>, abgerufen am 24.11.2024.