Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919.97) Nettlau in seiner Bakunin-Biographie (London, 1900 3 Bände), die leider Manuskript blieb. Guillaume durch Herausgabe der Werke (P. V. Stock, Paris, 1895-1913), und sein Geschichts- werk "L'Internationale. Documents et Souvenirs" (P. V. Stock, Paris, 1905-1910, 4 Bände). Bakunins Föderalismus freier Pro- duktivgenossenschaften ausserhalb des historischen Staates wäre zur Zeit Bismarcks eine stärkere Garantie der Freiheit und Wohl- fahrt gewesen, als Marxens Lehre von der Staats- und Wirt- schaftszentralisation, die zwar den Proletarier arrivieren liess, aber ihn dann durch den Krieg in doppeltes Elend stürzte. Der Zentralismus zerstört, der Dezentralismus fördert Moral und Freiheit. 98) Dr. Fritz Brupbacher, "Marx und Bakunin", Birk & Co, München, 1911. 99) Hermann Cohen, "Deutschtum und Judentum", Alfred Töpelmann, Giessen, 1915, S. 33. 100) "Schon in der römischen Zeit hatten bekanntlich Juden an den Ufern des Rheins sich angesiedelt. Unter Karl dem Grossen verbreiteten sie als Reisende überall hin die deutsche Sprache. Dabei pflegen sie zugleich eifrig die Wissenschaft ihrer Religion; die Schulen von Worms, Mainz, Speyer werden blühende jüdische Gelehrtenschulen. Solche gibt es zwar auch in Spanien und Frankreich, aber Südemann weist in seiner "Geschichte des Er- ziehungswesens und der Kultur der abendländischen Juden" darauf hin, dass sie dort ohne den inneren Einfluss bleiben, den die deutschen Juden gewinnen. Dieser Kontakt mit ihrer deut- schen Umgebung, diese Beeinflussung, der die deutschen Juden innerlicher als anderwärts zu ihrer Umgebung sich hingegeben (sic!), spricht eben wieder für die Urwüchsigkeit dieses Verhält- nisses (!). Hier waren sie seit den Vorzeiten Germaniens ansässig, hier bleiben sie bodenständig, hier werden sie niemals vollständig ausgetrieben wie anderwärts, wie in Frankreich und in England; hierher kehren auch solche wiederum zurück, die, wie nach Polen und Russland, von hier ausgewandert waren, als die schreck- lichen Verfolgungen beim schwarzen Tode in Deutschland überhandnahmen." (Cohen, S. 19). Heute aber nach Moses Men- delsohn, der das Deutschtum "zu einer Lebenskraft des Juden- tums herangezogen hat" (S. 25), nach Herder, mit dem ihnen "der Messias im deutschen Geiste wieder erstand" (S. 30), "fühlen wir uns als deutsche Juden in dem Bewusstsein einer zentralen Kulturkraft, welche die Völker im Sinne der messianischen Mensch- heit zu verbinden berufen ist. Wenn es wieder einmal zum 97) Nettlau in seiner Bakunin-Biographie (London, 1900 3 Bände), die leider Manuskript blieb. Guillaume durch Herausgabe der Werke (P. V. Stock, Paris, 1895-1913), und sein Geschichts- werk „L'Internationale. Documents et Souvenirs“ (P. V. Stock, Paris, 1905-1910, 4 Bände). Bakunins Föderalismus freier Pro- duktivgenossenschaften ausserhalb des historischen Staates wäre zur Zeit Bismarcks eine stärkere Garantie der Freiheit und Wohl- fahrt gewesen, als Marxens Lehre von der Staats- und Wirt- schaftszentralisation, die zwar den Proletarier arrivieren liess, aber ihn dann durch den Krieg in doppeltes Elend stürzte. Der Zentralismus zerstört, der Dezentralismus fördert Moral und Freiheit. 98) Dr. Fritz Brupbacher, „Marx und Bakunin“, Birk & Co, München, 1911. 99) Hermann Cohen, „Deutschtum und Judentum“, Alfred Töpelmann, Giessen, 1915, S. 33. 100) „Schon in der römischen Zeit hatten bekanntlich Juden an den Ufern des Rheins sich angesiedelt. Unter Karl dem Grossen verbreiteten sie als Reisende überall hin die deutsche Sprache. Dabei pflegen sie zugleich eifrig die Wissenschaft ihrer Religion; die Schulen von Worms, Mainz, Speyer werden blühende jüdische Gelehrtenschulen. Solche gibt es zwar auch in Spanien und Frankreich, aber Südemann weist in seiner „Geschichte des Er- ziehungswesens und der Kultur der abendländischen Juden“ darauf hin, dass sie dort ohne den inneren Einfluss bleiben, den die deutschen Juden gewinnen. Dieser Kontakt mit ihrer deut- schen Umgebung, diese Beeinflussung, der die deutschen Juden innerlicher als anderwärts zu ihrer Umgebung sich hingegeben (sic!), spricht eben wieder für die Urwüchsigkeit dieses Verhält- nisses (!). Hier waren sie seit den Vorzeiten Germaniens ansässig, hier bleiben sie bodenständig, hier werden sie niemals vollständig ausgetrieben wie anderwärts, wie in Frankreich und in England; hierher kehren auch solche wiederum zurück, die, wie nach Polen und Russland, von hier ausgewandert waren, als die schreck- lichen Verfolgungen beim schwarzen Tode in Deutschland überhandnahmen.“ (Cohen, S. 19). Heute aber nach Moses Men- delsohn, der das Deutschtum „zu einer Lebenskraft des Juden- tums herangezogen hat“ (S. 25), nach Herder, mit dem ihnen „der Messias im deutschen Geiste wieder erstand“ (S. 30), „fühlen wir uns als deutsche Juden in dem Bewusstsein einer zentralen Kulturkraft, welche die Völker im Sinne der messianischen Mensch- heit zu verbinden berufen ist. 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⁹⁷⁾ Nettlau in seiner Bakunin-Biographie (London, 1900
3 Bände), die leider Manuskript blieb. Guillaume durch Herausgabe
der Werke (P. V. Stock, Paris, 1895-1913), und sein Geschichts-
werk „L'Internationale. Documents et Souvenirs“ (P. V. Stock,
Paris, 1905-1910, 4 Bände). Bakunins Föderalismus freier Pro-
duktivgenossenschaften ausserhalb des historischen Staates wäre
zur Zeit Bismarcks eine stärkere Garantie der Freiheit und Wohl-
fahrt gewesen, als Marxens Lehre von der Staats- und Wirt-
schaftszentralisation, die zwar den Proletarier arrivieren liess,
aber ihn dann durch den Krieg in doppeltes Elend stürzte.
Der Zentralismus zerstört, der Dezentralismus fördert Moral und
Freiheit.
⁹⁸⁾ Dr. Fritz Brupbacher, „Marx und Bakunin“, Birk & Co,
München, 1911.
⁹⁹⁾ Hermann Cohen, „Deutschtum und Judentum“, Alfred
Töpelmann, Giessen, 1915, S. 33.
¹⁰⁰⁾ „Schon in der römischen Zeit hatten bekanntlich Juden
an den Ufern des Rheins sich angesiedelt. Unter Karl dem Grossen
verbreiteten sie als Reisende überall hin die deutsche Sprache.
Dabei pflegen sie zugleich eifrig die Wissenschaft ihrer Religion;
die Schulen von Worms, Mainz, Speyer werden blühende jüdische
Gelehrtenschulen. Solche gibt es zwar auch in Spanien und
Frankreich, aber Südemann weist in seiner „Geschichte des Er-
ziehungswesens und der Kultur der abendländischen Juden“
darauf hin, dass sie dort ohne den inneren Einfluss bleiben, den
die deutschen Juden gewinnen. Dieser Kontakt mit ihrer deut-
schen Umgebung, diese Beeinflussung, der die deutschen Juden
innerlicher als anderwärts zu ihrer Umgebung sich hingegeben
(sic!), spricht eben wieder für die Urwüchsigkeit dieses Verhält-
nisses (!). Hier waren sie seit den Vorzeiten Germaniens ansässig,
hier bleiben sie bodenständig, hier werden sie niemals vollständig
ausgetrieben wie anderwärts, wie in Frankreich und in England;
hierher kehren auch solche wiederum zurück, die, wie nach Polen
und Russland, von hier ausgewandert waren, als die schreck-
lichen Verfolgungen beim schwarzen Tode in Deutschland
überhandnahmen.“ (Cohen, S. 19). Heute aber nach Moses Men-
delsohn, der das Deutschtum „zu einer Lebenskraft des Juden-
tums herangezogen hat“ (S. 25), nach Herder, mit dem ihnen
„der Messias im deutschen Geiste wieder erstand“ (S. 30), „fühlen
wir uns als deutsche Juden in dem Bewusstsein einer zentralen
Kulturkraft, welche die Völker im Sinne der messianischen Mensch-
heit zu verbinden berufen ist. Wenn es wieder einmal zum
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